Studenten wecken den Eifer junger Forscher

Im Mentorenprogramm der Bonner Universität fördern angehende Lehrer interessierte Schülergruppen - Naturwissenschaften stehen im Mittelpunkt

  Schutzbrille auf der Nase:  Die zehn Jahre alte Fabienne von der Liebfrauenschule züchtet Kristalle aus Kupfersulfat.

Schutzbrille auf der Nase: Die zehn Jahre alte Fabienne von der Liebfrauenschule züchtet Kristalle aus Kupfersulfat.

Foto: Lannert

Bonn. Ein Magnetrührer surrt leise vor sich hin. In seinem Glas dreht sich eine blaue Flüssigkeit: eine Kupfersulfat-Lösung, die Rebecca Roggendorf vorbereitet hat. Sie leitet im Schülerlabor der Bonner Liebfrauenschule, dem Erzbischöflichen Gymnasium für Mädchen an der Königstraße, die Naturforscher AG der Fünftklässlerinnen.

Ein gutes Dutzend Mädchen im Alter von zehn und elf Jahren, nimmt daran teil. Roggendorf studiert im fünften Semester Chemie und katholische Theologie auf Lehramt an der Bonner Universität. Seit November vergangenen Jahres ist sie im Mentorenprogramm der Bonner Chemiedidaktik.

Dabei betreuen Lehramtsstudenten Arbeitsgemeinschaften an Schulen, um dort Schüler außerhalb des Unterrichts für die Naturwissenschaften zu begeistern und Begabungen auf diesen Feldern zu fördern.

Entwickelt hat das Programm Michael Funke, Lehrbeauftragter für die Didaktik der Chemie. Es handelt sich um ein Drei-Stufen-Modell für die Schulen in der Region. Bei den Naturforscher AG''s für die fünften und sechsten Klassen geht es um Breitenförderung. Funke: "Wenn wir die Spitzen fördern wollen, dann müssen wir bei den Kleinen anfangen, das Interesse für die Naturwissenschaften zu wecken. In den Naturforscher AG''s lernen sie, selbstständig zu experimentieren."

Wer sein Herz für die Chemie entdeckt, ist reif für die zweite Stufe: die Jugend forscht AG. Dort lernen die Schüler, wissenschaftlich zu arbeiten. "Für die Wettbewerbe Jugend forscht und Schüler experimentieren müssen sich die Jugendlichen selbst ein Thema suchen und es bearbeiten", erklärt Funke.

Die Mentoren aus der Bonner Chemie betreuen sie dabei. Bei der dritten Stufe geht es um Spitzenförderung von Hochbegabten: Für Schüler, die bei der Chemieolympiade mitmachen wollen, bietet die Fachgruppe Chemie gemeinsam mit der Chemiedidaktik ein Einstiegsseminar an der Universität an.

Die Stärkung der Naturwissenschaften unter den jungen Mädchen hat sich die Liebfrauenschule besonders auf die Fahne geschrieben: "Bei uns gibt es in der siebten und achten Klasse eine Jugend forscht AG", sagt der stellvertretende Schulleiter Wolfgang Schmitz. "Eine Gruppe daraus hat erfolgreich am Bundeswettbewerb teilgenommen." In den Naturforscher AG''s war der Andrang so groß, dass dafür zwei Kurse eingerichtet werden mussten, die nun im Wechsel stattfinden.

Diesmal züchten die Nachwuchschemikerinnen Kristalle. Roggendorf zeigt eine Petri-Schale mit Salzkristallen. Heute interessiert besonders deren Form. Damit das im wahrsten Sinne des Wortes "begreifbar" wird, hat Roggendorf Bastelbogen entworfen. Aus denen schneiden und kleben die Schülerinnen Würfel, Tetraeder und Oktaeder.

Dann sollen sie die Seitenflächen, Kanten und Ecken der Figuren zählen. Schließlich klärt sich im Gespräch auch der Unterschied zwischen einem Tetraeder und einer Pyramide.

Mindestens eine halbe Stunde lang geht es auf diese Weise um Mathematik, ohne das die angehende Chemielehrerin das Fach beim Namen nennt. Aber Geometrie passt gerade so schön zum Experiment.

Ist fachübergreifender Unterricht vielleicht doch das simple Geheimnis von Lernerfolgen? Roggendorf: "Klar, auf jeden Fall." Das zeigt auch der Feuereifer, mit dem die Mädchen dabei sind. "Na ja, es ist auch ein bisschen anders als sonst: Wir überprüfen keine Leistungen, alle sitzen freiwillig hier und die spielerische Komponente ist halt sehr groß."

Eine Weile lassen die Schülerinnen die Zucht-Kristalle in der Kupfersulfat-Lösung baumeln, dann fragt Roggendorf die Mädchen nach ihren Beobachtungen: "Ich glaub'' der Kristall wird größer", sagt eine Schülerin. "Da klammert sich was daran fest", antwortet eine zweite. "Das ist ein sehr guter Ausdruck", lobt Roggendorf und erklärt den Aufbau der Kristalle. Anschließend schreiben die Mädchen das Versuchsprotokoll.

Ihre Zucht-Kristalle können jetzt noch zwei Wochen lang wachsen. Dann trifft sich die Naturforscher AG wieder. Nicht nur die Schulen profitieren von dem Mentorenprogramm. Die Lehramtsstudenten sammeln Erfahrungen für das spätere Berufsleben. Roggendorf: "Denn das ist es doch, was man will - an die Schule gehen." Diese Praxis komme bei einem sehr auf die fachliche Ausbildung angelegten Studium sonst eher zu kurz.

So kann sie jetzt schon konkrete Unterrichtseinheiten vorbereiten und durchführen. Die selbstverständlich auch von der Fachdidaktik betreut und überprüft werden. Nachahmer hat das Bonner Projekt bereits gefunden, erzählt Funke: "Die deutschen Auslandsschulen in Spanien und Portugal interessieren sich sehr für unser Programm und wollen das jetzt auch machen."

Informationen zum Mentorenprogramm: www.chemiedidaktik.uni-bonn.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort