Die Propaganda reichte bis in den Weltraum

Sankt Augustiner FH-Studenten untersuchten "Das Bild der russischen Raumfahrt im Westen"

  Filmszenen  aus der Ära von Sputnik und Mir flimmerten in der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin über die PC-Bildschirme.

Filmszenen aus der Ära von Sputnik und Mir flimmerten in der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin über die PC-Bildschirme.

Foto: Axel Vogel

Sankt Augustin. (piw) In der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober 1957 piepste es im dunklen Himmel. Zwischen den Sternen erschien der russische Satellit "Sputnik", das erste erfolgreich in den Weltraum geschossene Objekt von Menschenhand.

Mitten im Kalten Krieg sah sich der Westen im Weltraum-Wettlauf gegen die UdSSR hoffnungslos im technischen Hintertreffen. Doch dann eroberten die USA den Mond. Die Sowjetunion zerfiel, und am 23. März 2001 schien das Rennen endgültig entschieden: Flammensprühend stürzte die Raumstation "Mir" in den Pazifik. Symbol für die Kapitulation Russlands?

"Das Bild der russischen Raumfahrt im Westen" haben jetzt zehn Studenten der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg im Studiengang Technikjournalismus untersucht. Ein Semester lang haben sie sich in Medienarchiven umgetan und ihre Funde zu einer knapp 45-minütigen Computerpräsentation mit vielen interessanten Filmausschnitten verarbeitet.

Geholfen haben ihnen Fachbereichsleiter Professor Michael Krzeminski und der russische Professor Gennadij Lukjanow: Er lehrt an der "Staatsuniversität für Informationstechnologien, Mechanik und Optik" in Sankt Petersburg und verstärkt derzeit als Gastdozent das FH-Team. Die Bilanz der Jung-Journalisten: Vieles am westlichen Bild über die östliche Raumfahrt war der Propaganda des Kalten Krieges entsprungen.

"Die russische Raumfahrt wird meist als primitive Bastelei, die amerikanische als überlegene Technik dargestellt", berichtet Heiko Janssen, Technikjournalismus-Student im siebten Semester. "Wenn man die Wirklichkeit betrachtet, sieht man, dass das nicht so war - etwa, wenn man die langjährigen Leistungen der ''Mir'' und die Misserfolge des Shuttle-Programms vergleicht."

Als Beispiel enthält die Präsentation einen Ausschnitt aus dem James-Bond-Thriller "Man lebt nur zweimal" von 1967, worin der Erzbösewicht ein paar verblüfften Sowjet-Offizieren mal eben eine Raumkapsel während des Fluges klaut.

Oder das Film-"Armageddon" von 1998: Es zeigt wackere US-Astronauten, die auf strahlender Space-Shuttle-Mission zur Rettung der Menschheit leider zum Auftanken an der "Mir" Halt machen müssen. Die ist laut Drehbuch ein fliegender Schrotthaufen, gelenkt von einem chaotischen Halb-Irren - und explodiert nach wenigen Minuten denn auch spektakulär im Äther.

Gennadij Lukjanow nimmt''s gelassen. "Wir sehen so etwas als heitere Komödie - als Film für Leute, die keine Ahnung vom Weltraum haben." Beispiel Armageddon: Da rennen die Helden durch die marode Raumstation, als ob es im Weltall keine Schwerelosigkeit gäbe. Beispiel James Bond: "Was die ''Sowjet-Armisten'' da reden, ist nicht mal richtiges Russisch. Und wenn ihre Raumkapsel tatsächlich eine Metall-Hülle hätte, würde sie bei der Rückkehr zur Erde einfach verglühen."

Der Experte sieht die Raumfahrt seines Heimatlandes noch lange nicht am Ende. Im Gegenteil: "Viele europäische Satelliten starten mit russischen Raketen - auch die Raumsonde ''Mars-Express''." Mit russischer Beteiligung werde eines Tages auch der bemannte Flug zum Mars stattfinden, prophezeit er. "Kein Land könnte aber so etwas allein auf die Beine stellen."

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