Salzburg trifft in Bonn auf Istanbul

Konzert- und Opernsängerin Nihan Devecioglu bestritt interkulturelles Konzert in Schlosskirche der Universität mit Komponisten aus Österreich

Bonn. Das Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs 2008 will den einzigartigen Vorteil, den Europas kulturelle Vielfalt bedeutet, würdigen. Davon konnten sich die Besucher des interkulturellen Konzertes "Verklärte Zeit // ZamanDönü?üm" im Rahmen des Bonner Sommers in der Schlosskirche der Universität überzeugen. Die Idee zu dem Konzertprojekt, das auch in Istanbul, Salzburg und Bayreuth erklang, hatte Nihan Devecioglu.

Die Konzert- und Opernsängerin studierte auch Musikmanagement und bestritt den größten Teil des Programms mit mehr und weniger bekannten, in Salzburg tätigen Komponisten. Perlende Verzierungen entlockte Christian Rott der Kirchenorgel in Georg Muffats (1653-1704) Passacaglia in g aus dem "Apparatus musico - organisticus" (Salzburg 1690). Auch die ruhigen Sequenzen in Johann Ernst Eberlins (1702-1762) Toccata Quinta in C aus den "IX. Toccate e Fughe per lòrgano? (Augsburg 1747) verfehlten ihre Wirkung nicht.

Devecioglus warmer und gradlinig geführter Mezzosopran kam in Stefano Bernardis (1577-1638) "O dulcissima dilecta mea", Alessandro Grandis (um 1586-1630) "O quam tu pulchra es" und Claudio Monteverdis (1567-1643) "Exulta filia Sion" sehr gut zur Geltung. Mit der anmutigen Melodie in Johann Michael Haydns (1737-1806) Arie "Gott, ich falle dir zu Füßen" für Sopran und Orgel aus der "Ölberg-Andacht" schuf sie eine feierliche Atmosphäre.

Atmosphärisch sehr dicht erwies sich auch Haydns "Ave Regina caelorum" Marienantiphon für zwei vierstimmige Chöre, das hier von den drei Istanbuler Komponisten Ahmet Altinel, Barkin Engin und Burak Tamer neu für "Live Electronics", Mezzosopran und Orgel bearbeitet wurde: Raffiniert verschmelzen sie die menschliche Stimme mit elektronischen Klängen, die mittels der quadrophonischen Verstärkeranlage einen wahrhaft "verklärten" Raumklang erzeugen.

In ihrem "Musikstück für Orgel und Electronics in fünf Sätzen" (2008) lösen die drei Künstler die Orgel aus dem historischen Kontext heraus und schonen ihr Publikum nicht, wenn beispielsweise im "Gran finale" in der Lautstärke eines Rockkonzertes Geräusche wie verzerrte Klänge einer E-Gitarre zu den vollen Akkorden der Orgel erklingen. Wie um die Zuhörer zu besänftigen wiederholen sie "Ave Regina caelorum" als Zugabe und ernten kräftigen Applaus.

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