Kommentar zum Abzug von US-Soldaten aus Deutschland Trumps Abrissbirne

Meinung | Washington · US-Präsident Donald Trump droht wieder einmal – in Richtung Deutschland. Und angesichts der für die Nato destabilisierenden Wirkung des geplanten Truppenabzugs aus Deutschland reibt sich Wladimir Putin die Hände.

 Wie ein Schuljunge vorgeführt: Donald Trump (r.) und Polens Präsident Andrzej Duda.

Wie ein Schuljunge vorgeführt: Donald Trump (r.) und Polens Präsident Andrzej Duda.

Foto: dpa/Evan Vucci

Der Großmeister im Zertrümmern von politischem Porzellan hat sich für diese nächste Drohung gegen die Bündnispartner in Berlin einen Hilfssheriff aus Europa zum Besuch ins Weiße Haus geholt: Polens Präsident Andrzej Duda. Also steht Duda, der sich von seinem Washington-Besuch schöne Bilder für die Präsidentenwahl in Polen am  Sonntag erhofft, stramm, als Weltanzünder Donald Trump laut darüber nachdenkt, „wahrscheinlich“ einen Teil der derzeit in Deutschland stationierten US-Soldaten nach Polen zu verlegen.

Was dieses „wahrscheinlich“ aus dem Munde von Trump wirklich bedeutet, ist wegen des Ausgangs der US-Präsidentschaftswahl im November völlig offen. Duda hat sich von Trump wie ein Schuljunge vorführen lassen. Bitte, bitte, keinen Truppenabzug aus Europa! Wenn Abzug, dann bitte von Deutschland nach Polen! So handelt man sich Ärger unter Nachbarn ein.

Russlands Präsident Wladimir Putin wird sich die Hände reiben. Er könnte den Job, den Trump gerade erledigt, nicht besser machen. Der Präsident der Nato-Führungsmacht USA schwächt die Allianz nach Kräften, er droht Bündnispartnern, stellt die transatlantische Solidarität zur Disposition, wie er überhaupt alle multilateralen Organisationen auf die Strafbank setzen möchte. Und immer wieder ist für Trump Deutschland der Bösewicht: Wegen des nicht erfüllten Zwei-Prozent-Zieles in der Nato, wegen des Gasgeschäfts mit Nord Stream 2, wegen des deutschen Eintretens für eine multilaterale Weltordnung.

Sollte Trump im November wiedergewählt werden, wird er mit seiner Abrissbirne weiter Fundament und Mauern des Bündnisses erschüttern. Die Allianz hält viel aus, aber sie braucht ein grundsätzliches Bekenntnis, dass sie der unersetzliche Eckpfeiler transatlantischer Sicherheit ist – für Europa wie für die USA. Mittlerweile schwant auch vielen Republikanern im Repräsentantenhaus, dass Präsident Nummer 45 US-Sicherheitsinteressen schwächt, wenn er das Drehkreuz in Deutschland für US-Militäroperationen in Nahost und in Afrika verkleinert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel schweigt zur jüngsten Spitze  des US-Präsidenten beredt. Die Kanzlerin wird sich auch das Verhalten des polnischen Präsidenten genau angeschaut haben. Sie weiß: Duda kann bei diesem miesen Handel mit Trump nicht gewinnen, aber Europa kann viel verlieren.

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