Organspende Freda von Mirbach lebt mit zwei fremden Organen

Königswinter · Freda von Mirbach sitzt auf der Terrasse in ihrem Garten in Königswinter und freut sich. Sie freut sich über das Sommerwetter. Sie freut sich darüber, dass sie mit ihrem E-Bike jetzt wieder die steilsten Berge heraufradeln kann. Die 68-jährige sprüht vor Optimismus.

 Freda von Mirbach in ihrem Garten in einem Ortsteil von Königswinter: Sie lebt mit fremder Leber und Niere.

Freda von Mirbach in ihrem Garten in einem Ortsteil von Königswinter: Sie lebt mit fremder Leber und Niere.

Foto: Frank Homann

Das ist nicht selbstverständlich. Mirbachs Krankengeschichte hört sich an, als ginge es um gleich mehrere Patienten. Zu verschiedenen Zeiten ist die vierfache Mutter dem Tod nur knapp entgangen. Mirbach lebt nicht nur mit einer Spenderniere und einer Spenderleber. Noch im diesen Jahr steht eine Herzklappen-Operation an - es ist bereits die zweite.

Vor allem die Lebertransplantation war dringend notwendig. Sie hat Mirbach das Leben gerettet. Zwei Monate lag sie im Jahr 2006 mit schweren Krankheitssymptomen auf der Überwachungsstation der Bonner Uniklinik. Eines Nachts um zwei Uhr kam die erlösende Nachricht: "Meine Lieblings-Krankenschwester trat zu mir ans Bett und sagte: Ihre Leber ist da", erinnert sich von Mirbach. Pure Euphorie habe sie verspürt. Keine Angst vor der achtstündigen Operation, keine Angst vor der anstrengenden Reha, vor möglichen Komplikationen. "Ich war völlig ruhig, denn es konnte ja nur besser werden", sagt sie.

Und es wurde besser. Nach der Operation verschwinden die Beschwerden von Mirbachs seltener Leberkrankheit, unter der sie seit ihrem 28. Lebensjahr leidet. "Ich konnte regelrecht beobachten, wie meine Haut ihre quittengelbe Verfärbung verliert und wieder normal aussieht", erinnert sich von Mirbach.

Für die Spenderleber sei sie "unendlich dankbar", sagt Freda von Mirbach. Sie sei ein kostbares Geschenk. Ein Geschenk allerdings, das auch für die Kranke nicht leicht anzunehmen war. Ärzte haben ihr gesagt, die Leber stammte von einem jungen Mann. "Ich habe mir viele Gedanken über die Familie des Spenders gemacht, die einen geliebten Menschen verloren hat", sagt sie. Anfangs habe sie jeden Tag für den unbekannten Organspender eine Kerze angezündet. Erst eine Bemerkung ihres Sohnes habe ihr geholfen, die Spende ganz zu akzeptieren: "Mami, der Mann ist nicht für dich gestorben" habe er gesagt.

Von Mirbach sieht ihren Mann und ihre vier erwachsenen Kinder als wichtigste Stütze während ihrer Krankheit. "Sie haben stundenlang an meinem Bett gesessen, vorgelesen, geschwiegen oder auch nur meine Hand gehalten, sagt sie. Von Mirbach selber zweifelte nie daran, dass sie die Operation übersteht. "Da war ich aber wohl die einzige, die das glaubte", sagt sie.

Die Lebertransplantation war für die inzwischen frühpensionierte Redaktionsassistentin der Beginn eines neuen Lebens. "Ich bin als ein anderer Mensch aus dem Krankenhaus gekommen", sagt sie. "Ich habe viel gelernt." Auch über den Umgang mit anderen Menschen. "Einige Freunde konnten die Situation einfach nicht ertragen und haben sich nicht gemeldet", sagt sie. Andere Freunde hätten ihr durch viele Besuche im Krankenhaus den Rücken gestärkt, selbst entfernte Bekannte hätten sie in dieser schweren Zeit mit großem Einsatz unterstützt.

Mirbachs Krankheit war mit der neuen Leber noch nicht ausgestanden. Die jahrzehntelangen Beschwerden hatten auch ihre Nieren angegriffen. Vier Jahre ging die Königswintererin zur Dialyse: drei Mal pro Woche je fünf Stunden im Krankenhaus. Auch hier wieder die Diagnose: Abhilfe schafft nur ein Spenderorgan. Wieder wird von Mirbach in der Uniklinik Bonn operiert. "Gegen die acht Stunden Operation bei der Leber war das ja ein vergleichsweise kleiner Eingriff", sagt sie. Es treten Komplikationen auf. Erst erkrankt sie an einer Lungenentzündung. Danach will der Körper das fremde Organ abstoßen. "Es war, glaube ich, ziemlich eng", sagt Mirbach, ohne ein Miene zu verziehen.

Heute nennen die Ärzte ihren Gesundheitszustand "eingeschränkt stabil". Von Mirbach verträgt keine großen körperlichen Anstrengungen mehr. Sie wird schnell erschöpft. Den Haushalt erledigt ihr Mann. Doch Freda von Mirbach ist schmerzfrei, genießt jeden Tag. "Leben zu dürfen, ist ein wunderbares Geschenk", sagt sie. Die anstehende zweite Herzklappenoperation nimmt die Frau, die sich als geborene Optimistin bezeichnet, als notwendiges Übel in Kauf. Trotz ihrer Krankheitsgeschichte, die ganze Reihen von Aktenordnern füllen würde, ist Freda von Mirbach überzeugt: "Ich hatte einfach viel Glück."

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