Landespolitik So wenige Geburten wie noch nie in NRW

Bonn · Das Jahr 2011 war für Nordrhein-Westfalen ein schwarzes - jedenfalls was die Anzahl der Geburten im Land angeht. 143.097 Kinder sind im vorigen Jahr auf die Welt gekommen. Das teilte das Statistische Landesamt Nordrhein-Westfalen am Donnerstag mit.

Damit sank die Anzahl der neuen Erdenbürger zwischen Niederrhein und Ostwestfalen-Lippe auf den niedrigsten Stand überhaupt in der Geschichte des Landes. Den Geburtenrekord gab es im Jahr 1964, als gut 300.000 Kinder zur Welt kamen. Somit setzt sich der Negativtrend seit 1990 fort, von dem es nur in wenigen Jahren Ausreißer nach oben gab.

Regional betrachtet ist die Geburtenzahl im vergangenen Jahr in fast allen Städten und Kreisen Nordrhein-Westfalens gesunken. Ein Plus gab es lediglich in den Kreisen Kleve, Paderborn und Soest sowie in den Städten Leverkusen, Mülheim und Herne. Dabei war die Entwicklung im Ruhrgebiet sehr unterschiedlich.

Unter dem Landesschnitt von minus 2,9 Prozent lagen auch große Städte wie Essen, Duisburg oder Bochum. Einen großen Aderlass hingegen verzeichneten Oberhausen (minus 10,5), Gelsenkirchen (minus 8,8) oder Hamm (minus 7,3 Prozent). Im südlichen Rheinland mussten der Kreis Euskirchen (minus 5,5), und der Oberbergische Kreis (minus 4,9 Prozent) die größten Verluste hinnehmen.

Auch der Rheinisch-Bergische (minus vier) und der Rhein-Erft-Kreis (minus 3,9 Prozent) lagen noch über dem Landesschnitt. Eine moderate Tendenz nach unten wiesen der Rhein-Sieg-Kreis (minus 1,6 Prozent) sowie die Städte Köln (minus 1,6) und Bonn (minus 0,8 Prozent) auf. Wie die Statistiker mitteilten, wird bei der Erhebung nicht der Geburtsort des Kindes herangezogen, sondern der Wohnort der Mutter.

Weil es immer weniger Frauen im gebärfähigen Alter gibt, erwarten die Statistiker in den nächsten Jahren tendenziell eine weitere Abnahme der Geburtenzahl. Angesichts dieser Entwicklung fordert NRW-Familienministerin Ute Schäfer (SPD), "dass wir alles dafür tun müssen, um eine familien- und kinderfreundlichere Zukunft zu schaffen". Dabei komme es wesentlich darauf an, "sich konsequent an der Lebensrealität von Familien zu orientieren", sagte sie unserer Zeitung.

In dem Zusammenhang kritisierte die Ministerin die geplante Einführung "eines völlig sinnlosen Betreuungsgeldes". Würde das Land die für das Betreuungsgeld vorgesehenen Mittel erhalten, könnten Zehntausende Plätze zur Betreuung unter Dreijähriger eingerichtet werden, fügte sie hinzu. Familien- und kinderfreundlichere Zukunft? Da mache auch Nordrhein-Westfalen selbst einiges, so Schäfer.

Das Land finanziere etwa das sogenannte Informations- und Qualifizierungszentrum, das von der Uni Bochum getragen wird. Es hatte im Jahr 2007, also noch zu Regierungszeiten von CDU und FDP, seine Arbeit aufgenommen und unterstützt die Kommunen dabei, "familienpolitische Bedarfe zu erkennen und passgenaue Familienpolitik vor Ort zu entwickeln", wie das Zentrum selbst seinen Tätigkeitsbereich beschreibt.

Es habe den Anstoß gegeben für rund 150 familienpolitische Projekte in NRW, erklärte Ministerin Schäfer am Donnerstag. Eines davon: Familienmanager. Laut Ministerium sind derzeit rund 130 von ihnen in gut 100 Städten, Gemeinden und Kreisen Nordrhein-Westfalens aktiv, die meisten von ihnen in der kommunalen Verwaltung. Einige sind aber auch in Institutionen und Verbänden tätig. Ein Tätigkeitsfeld: die Beratung von Familien, etwa bei Hausbesuchen, um ihnen zu zeigen, wo sie Unterstützung bei bestimmten Fragen bekommen. Ob all diese Maßnahmen dazu beitragen, dass die Geburtenzahl nur moderat sinkt, das wird die Zukunft zeigen.

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