Tiergeschichte aus Sankt Augustin Hund CJ hat eine eigene "Blindenhündin"

Sankt Augustin · Als der Vizsla-Rüde CJ vollständig erblindete, war das noch nicht sein Ende: Dank seiner "Blindenhündin" Dorka ist er aktiver als je zuvor. Der kleine Assistenzhund unterstützt den elfjährigen Rüden im täglichen Leben.

 Die ungarischen Vizsla-Hunde CJ (links) und Dorka ergänzen sich hervorragend, sagt ihr Frauchen Nicole Thoemmes.

Die ungarischen Vizsla-Hunde CJ (links) und Dorka ergänzen sich hervorragend, sagt ihr Frauchen Nicole Thoemmes.

Foto: Inga Sprünken

Die Geschichte ging durch die sozialen Medien und allen Tierfreunden schmolz das Herz: dem blinden Golden Retriever Charlie im US-Bundesstaat North Carolina haben seine Besitzer den vier Monate alten Maverick an die Seite gestellt. Der kleine Assistenzhund unterstützt den elfjährigen Rüden im täglichen Leben, wie man auf den veröffentlichten Videos sehen kann. Doch solche Tiergeschichten gibt es nicht nur im Internet, sondern ganz nah auch in Niederpleis: Dort wohnt der achteinhalbjährige Vizsla-Rüde CJ, der von der neunjährigen Dorka unterstützt wird.

„Ich habe CJ im Internet bei 'Vizsla in Not' entdeckt und direkt gesagt: Der ist es“, erzählt sein Frauchen Nicole Thoemmes. Sie störte sich nicht daran, dass der damals einjährige Rüde, der in einer Tötungsstation in Ungarn saß, nur ein Auge hatte. „Der Hund war wohl geschlagen worden und hatte dabei eine Augenverletzung erlitten, die nicht behandelt wurde“, sagt die Hundeliebhaberin, die zuvor mit ihrem verstorbenen Labrador in einer Rettungshundestaffel aktiv war.

Gerne wollte sie wieder einen kurzhaarigen sportlichen Hund haben, den sie ausbilden konnte. Nachdem sie ihre Familie von dem einäugigen Hund überzeugt hatte, durfte der Hund einziehen. „Meine Tochter meinte sofort, dann müsse er CJ heißen, was für Captain Jack steht“, sagt Thoemmes.

Schwere Schäden durch Misshandlung

Doch nicht nur sein Auge hatte unter den Misshandlungen gelitten, sondern auch das Gehirn, was sich an epileptischen Anfällen zeigte. „Er hat vor vier Jahren seinen letzten Anfall gehabt“, freut sich die Hundemutter darüber, dass die Medikamente gegriffen haben. Sie müssen aber zweimal täglich immer genau zur gleichen Zeit verabreicht werden, wonach sich der komplette Tagesablauf richtet.

Dann kam der nächste Schock. Auf der Pupille des gesunden Auges zeigten sich Schatten. „CJs Sehnerv war geschädigt, sodass ihm auch keine neue Linse geholfen hätte“, erzählt Thoemmes. Doch der Tierarzt meinte: „Geben Sie ihm drei Monate, dann findet er sich zurecht.“ Tatsächlich aber dauerte es nur sechs Wochen bis er sich zurechtfand, wie die Hundemutter erzählt.

Das Tier verlässt sich seither auf Nase und Ohren, was soweit reicht, dass er an der Luftzirkulation erkennt, wo eine Wand ist. Selbst den Umzug vom Westerwald hat er problemlos weggesteckt. Das Treppensteigen, etwa auch im Urlaub, lernt CJ, indem seine Familie einfach kräftiger auftritt, erzählt Thoemmes. Und wie zur Bestätigung hebt CJ seine Pfoten, als er hört, wie sein Frauchen eine Treppe hochsteigt.

Und dann kam Dorka - ganz zufällig

„Wir waren Pflegestelle für einen Verein, der Hunde aus Ungarn vermittelt“, erzählt die 47-Jährige. Nachdem CJ vollständig erblindet war, sollten eigentlich keine Pflegehunde mehr in der Familie aufgenommen werden. Die Pflegehündin Dorka, die Ausbrecher-Königin, wie sie in Ungarn genannt wurde, sollte deswegen nicht bleiben. „Doch Dorka hat sofort die Führung übernommen“, berichtet Thoemmes.

Und so fand die anfangs wilde und schwierige Jagdhündin, die ebenfalls mehrere Narben am Bauch hat, ihre Aufgabe. „Nach drei Wochen war klar, dass sie bleibt“, erinnert sich ihr Frauchen. Das sei nun fünf Jahre her und das Hundeteam arbeite perfekt zusammen. „Wenn ich CJ an der Leine habe, ist Dorka nicht zuständig“, erzählt die Besitzerin. Auf der Hundewiese aber, wenn fremde Hunde auf den blinden CJ zulaufen, blockt die Hündin jeden ab und beschützt ihn.

Zwar behandelt die Familie CJ wie einen ganz normalen Hund, aber er fühlt sich sicherer, wenn Dorka an seiner Seite ist, wie die Hundemutter sagt. „Sie zeigt ihm den Weg, aber sie maßregelt ihn auch, wenn er etwas falsch macht“, sagt Thoemmes, die besonders die unterschiedlichen Charaktereigenschaften der beiden hervorhebt. Dorka ist die Ernste und CJ der Alberne. „Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht über ihn lachen“, erzählt sie schmunzelnd.

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