Schulen im Rhein-Sieg-Kreis Wie lief der Schulstart nach der Corona-Pause?

Rhein-Sieg-Kreis · An den Schulen gelten nun Hygiene- und Wegepläne, statt Abi-Freude gibt es für die Abiturienten aufgrund der Corona-Pandemie nur den Abi-Stress. Ein Stimmungsbericht zur Wiedereröffnung der Schulen im Rhein-Sieg-Kreis.

 Symbolfoto.

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Foto: dpa/Jonas Güttler

Hygiene- und Wegepläne, der Einsatz von Reinigungskräften und die Beschaffung von Desinfektionsmitteln, Seife und Papierhandtüchern beschäftigen die Schulleitungen der Gymnasien derzeit. Die Abiturienten selbst sehen einer stillen Zeit entgegen – kein Abi-Gag, keine Lern-Partys, keine Feier zur Zeugnisverleihung und auch kein Abi-Ball.

„Wir haben zwar den Abi-Stress, aber nicht die Abi-Freude“, bedauert Theresa Jansen, Abiturientin am Rhein-Sieg-Gymnasium (RSG) in Sankt Augustin. Abitur zu machen und gleichzeitig die Einschränkungen durch die Corona-Krise auszuhalten, sieht sie als Belastung. „Es ist schwierig, mich unter den Umständen auf das Lernen zu konzentrieren“, sagt sie.

Das Angebot, in den nächsten Wochen noch letzte Fragen im persönlichen Kontakt mit den Lehrern zu klären, will sie dennoch nur teilweise annehmen. Was sie per E-Mail oder online fragen könne, werde sie auch weiterhin auf diesem Weg tun. „Aber in Mathe zum Beispiel geht das nicht.“ In den vergangenen fünf Wochen hat sie vor allem Facetime und Videochats genutzt, um mit ihren Freunden Kontakt zu halten. Sie freut sich zwar darauf, ihre Freunde in der Schule wiederzusehen, „aber ich weiß nicht, ob es nach fünf Wochen wirklich funktioniert, zwei Meter Abstand zu halten“, sagt sie.

RSG-Schulleiterin Birgit Fels hat wie die meisten ihrer Kollegen nicht erst mit den Vorbereitungen auf den Tag X begonnen, als aus dem nordrhein-westfälischen Schulministerium die Anweisungen kamen. Schon vorher sei ja klar gewesen, dass bei einem Neustart die inzwischen bekannten Hygieneregeln eingehalten werden müssen: zwei Meter Abstand zwischen den Schülern, Möglichkeiten zum Händewaschen und für die Desinfektion. Fels lobt die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Sankt Augustin, die als Schulträger zuständig ist für die Reinigung der Schule ebenso wie für die Ausstattung mit Seife, Papierhandtüchern und Desinfektionsmittel – und prompt geliefert hat. Die Schule ist grundgereinigt, alle genutzten Räume werden nun jeden Tag komplett gesäubert.

Den Abiturienten als ersten Rückkehrern bietet sich deshalb ein ungewohntes Bild: Schilder weisen ihnen den Weg durch ein Einbahnstraßensystem im Schulgebäude. „Wir haben dafür gesorgt, dass sich so wenig Schüler und Lehrer wie möglich begegnen“, erläutert Fels. An verschiedenen Stationen des Systems sind Spender mit Desinfektionsmittel aufgestellt. Die Schüler wurden darüber vorab mit einer Art Straßenkarte für ihre Schule informiert. In den umgeräumten Klassenzimmern sind die überflüssigen Tische und Stühle gestapelt. „In jeden Raum passen jetzt höchstens 15 Schüler“, sagt Fels. Die Lernangebote beschränken sich auf die Abitur-Fächer. Zwei Zeitschienen von jeweils anderthalb Stunden gebe es, Kurse, die geteilt werden müssen, haben nacheinander und in verschiedenen Räumen Unterricht. Nur so lasse sich eine Reinigung nach jeder Lerngruppe realisieren. Nicht alle Abiturienten nahmen das Angebot an – etwa die Hälfte bereitet sich weiter zu Hause auf die Prüfungen vor.

Im Gymnasium Siegburg Alleestraße (GSA) wurden ebenfalls schon in den Osterferien die ersten Vorbereitungen für die Rückkehr der Schüler getroffen. Auch hier wurde ein Einbahnstraßensystem geschaffen, damit sich die Schüler nicht entgegenkommen, berichtet Schulleiterin Sabine Trautwein. In enger Absprache mit der Siegburger Stadtverwaltung seien die Landesvorgaben umgesetzt worden. Das Unterrichtsangebot ähnelt dem im RSG.

Trautwein ist der Ansicht, dass ihre Abiturienten auch jetzt schon gut auf die Prüfungen vorbereitet sind. „Aber ich finde es wichtig, dass wir noch mal Kontakt zu den Schülern haben“, sagt sie. „Es geht jetzt nicht nur darum, Fachkenntnisse zu vertiefen, sondern auch darum, die Schüler noch einmal zu bestärken.“

Einen Unterschied zwischen den Vorgaben im RSG und im GSA gibt es dennoch. Während den Siegburger Schülern auch das Selbstlernzentrum zur Verfügung steht, heißt es in Sankt Augustin „schnell rein, schnell raus“. So fasst Birgit Fels die städtische Vorgabe zusammen, dass die Schüler sich nur so lange wie unbedingt nötig in der Schule aufhalten sollen.

„Solange nur die Abiturienten in die Schule kommen, haben wir noch kein Problem“, resümiert Fels. Die Probleme sieht sie, wenn der normale Schulalltag unter Corona-Bedingungen gestartet werden solle. Das fange bei den von der Stadt gestellten Reinigungskräften an, die dann in jeder Schule vor Ort sein müssten, um zwischen den wechselnden Lerngruppen die Räume zu säubern. Die Lehrer müssten bei einer Teilung der Klassen und Kurse doppelt arbeiten und zugleich Schüler online betreuen. „Von zu Hause aus geht das“, sagt Birgit Fels, „aber in der Schule fehlen dazu schon die technischen Voraussetzungen.“

Situation im Siebengebirge

Auch wenn sie nun die Möglichkeit haben, Freunde und Lehrer wiederzusehen und letzte Fragen für die Prüfungen zu klären: Die Abiturienten beklagen das abrupte Ende ihrer Schulzeit. Er sei deshalb froh, wieder in die Schule gehen zu können, sagt Lionello Penoni, der am Bad Honnefer Siebengebirgsgymnasium Abitur macht, auch wenn er den Schulbesuch als Risiko sieht. Für ihn geht es am Montag wieder los, am Sibi wurden am Donnerstag und am Freitag die letzten Vorabi-Klausuren geschrieben. Lionello freut sich auf seine Freunde. „Mit einzelnen habe ich mich zwischendurch getroffen“, sagt er, „immer mit Abstand“.

An die anstehenden Prüfungen denkt er mit gemischten Gefühlen. Sie seien mit dem Stoff zwar durch, „aber in der unsicheren Situation jetzt fehlt mir die Motivation zum Lernen“. Wie viele Abiturienten hatte auch Lionello gehofft, dass statt der Prüfungen die letzten Durchschnittsnoten angerechnet würden. Für ihn ist das eine Sache der Chancengerechtigkeit. „So sind die Bedingungen nicht für alle gleich“, sagt er und weist darauf hin, dass sich nicht jeder zu Hause in Ruhe vorbereiten könne.

Diese Ansicht teilt Anton Rosenau, der am Hagerhof Abitur macht. Er war am Donnerstag bereits wieder in der Schule. „So eine leere Schule ist ganz ungewohnt“, beschreibt er seine Eindrücke, auch das Einbahnstraßensystem, das dort ebenso wie in anderen Schulen eingeführt ist, sei ungewohnt. Im Hagerhof herrscht Maskenpflicht im Gebäude und auf dem Schulgelände. Anton hat seine Maske mitgebracht, denjenigen, die keine haben, stellt die Schule Masken zur Verfügung. Erst wenn sich in den Klassenräumen alle mit zwei Meter Abstand zueinander hingesetzt haben, werden die Masken abgenommen.

Nur in dringenden Fällen sollen die Abiturienten des Königswinterer CJD in die Schule kommen. Emma Erdmann will am Dienstag dennoch in ihren Mathe-Kurs gehen. „Mir fehlt einfach der Halt aus dem normalen Unterricht“, sagt sie. „Dass ich auch mal einfach meine Mitschüler was fragen kann.“ Sie freut sich aufs Wiedersehen, denkt aber, dass es sicher ungewohnt wird, die vielen neuen Regeln einzuhalten.

„Ich freue mich auf die Schüler“, sagt Stefanie Lamsfuß-Schenk, stellvertretende Leiterin des Siebengebirgsgymnasiums in Bad Honnef. Die Rückmeldungen von ihren Abiturienten bestärken sie darin, dass sich die Mühe der vergangenen Woche gelohnt hat, die Schule nach den vorgegebenen Hygienestandards vorzubereiten. Etwa zwei Drittel der Abiturienten nehmen das Angebot der Schule wahr, nahezu alle nutzen die Möglichkeit, die Kenntnisse in Leistungskursen zu vertiefen. „Die Schüler brauchen einfach noch mal den Kontakt zu ihren Lehrern und Mitschülern“, so Lamsfuß-Schenk.

Erst am vergangenen Wochenende ging im Sibi die Mail mit den Vorgaben der Landesregierung ein. „Nur mit den Abiturienten ist das machbar“, sagt sie und betont die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Bad Honnef. Neben Unterricht in Schichten und einem Einbahnstraßensystem für die Schüler kann sie so auch pünktlich die geforderten Desinfektionsmittelstände bereitstellen. „Aber weiter als eine Woche plane ich zur Zeit auch nicht“, so Lamsfuß-Schenk.

Auch für die Schulträger ist der Wiedereinstieg in den Unterricht eine Herausforderung. Erst im Laufe der Woche erreichte die Kommunen die Vorgabe, dass in den Schulen ausreichend Desinfektionsmittel vorhanden sein müsse. Sie sind aber nicht nur dafür zuständig, sondern auch für die regelmäßige Beschaffung des weiteren Materials, das gebraucht wird: Seife, Papierhandtücher, ausreichend Abfalleimer. Und sie müssen dafür sorgen, dass die Schulen nach den Hygienevorschriften gereinigt werden: Nach jeder Lerngruppe müssen nicht nur Boden und Tische gewischt werden, sondern alle Kontaktflächen wie Lichtschalter, Türen und Türklinken.

Bei der Rückkehr der Abiturienten ist das sowohl in Königswinter als auch in Bad Honnef gesichert. Die städtischen Schulen sind ausreichend mit allem ausgestattet, was gebraucht wird, die beauftragten Reinigungsfirmen haben ausreichend Kapazitäten, um die Schulen virusfrei zu halten. Bis zum 4. Mai sei der Bedarf gedeckt, teilt die Stadt Bad Honnef auf Anfrage mit. In der kommenden Woche gebe es außerdem Gespräche mit Reinigungsfirmen, damit die Umsetzung der Hygienerichtlinien auch noch gewährleistet werden kann, wenn mehr Schüler zur Schule zurückkehren.

Auch die Stadt Königswinter werde dazu Gespräche mit den Reinigungsfirmen führen, hieß es dort. Sie gehe davon aus, dass die Firmen durch derzeit ausfallende Aufträge noch einen Puffer hätten, um die steigenden Anforderungen auch bei einer größeren Zahl von Schülern zu erfüllen, sagte Elvi von Lovenberg aus der Schul- und Sportverwaltung der Stadt.

Schulen im Vorgebirge

Auch in Meckenheim, Rheinbach und Bornheim ging der „Unterricht unter besonderen Umständen“ an den Start. Wie ist der erste Tag nach der Corona-Pause dort verlaufen? „Es ist alles ruhig und wie geplant gelaufen“, berichtet der Schulleiter des Konrad-Adenauer-Gymnasiums Meckenheim, Dirk Bahrouz. Von den insgesamt 95 Abiturienten sind am Donnerstag und Freitag rund 60 in die Schule gekommen. Ab nächster Woche erwartet der Schulleiter etwa 85 Prozent des Abschlussjahrgangs, denn dann besteht – kurz vor dem Beginn der Prüfungen am 12. Mai – in den Abiturfächern noch einmal die Möglichkeit, Themen in den Abiturfächern zu besprechen und Fragen zu stellen. „Schüler und Lehrer sind sehr froh, vor den Prüfungen noch einmal in persönlichen Kontakt treten zu können“, so Bahrouz. Seife und Desinfektionsmittel seien in ausreichender Menge vorrätig und in den Gängen wurden „Einbahnstraßenregelungen“ getroffen.

„Wir haben uns frühzeitig mit den Schulen abgestimmt und auch was die weitere Entwicklung betrifft sind wir eng im Gespräch“, so der erste Beigeordnete der Stadt Meckenheim, Holger Jung. Auf mehrheitlichen Wunsch von Eltern und Lehrern wurde auf dem gesamten Schulcampus in Meckenheim eine Maskenpflicht eingeführt. „In dieser Hinsicht hat uns das Land ein bisschen im Regen stehen lassen. Daher haben wir unsere eigene Entscheidung getroffen“, erklärt der Schulleiter der Geschwister-Scholl-Hauptschule, Peter Hauck.

Die Schüler seien am Donnerstag alle mit Masken erschienen, die Schule habe aber auch Ersatzmasken vorrätig. Von den insgesamt 42 Zehntklässlern waren 38 vor Ort und wurden in Achtergruppen unterrichtet. Anders als an anderen Schulen verläuft die Aufgabenvermittlung an der Hauptschule für alle Schüler, die weiterhin von zu Hause lernen müssen, überwiegend analog. „Es sind bei Weitem nicht alle Eltern per E-Mail erreichbar. Deshalb setzen sich die Kollegen zum Teil ins Auto und bringen den Schülern die Aufgaben nach Hause“, berichtet Hauck. Seit Dienstag nach Ostern wurde auch an der Glasfachschule Rheinbach in zwölf- bis 14-Stundentagen daran gearbeitet, um alle Vorbereitungen für die Rückkehr von etwa 200 Schülern zu treffen, berichtet Schulleiter Jochen Roebers. Maskenpflicht gilt erst ab Montag. Am Eingang der Schule werden die Schüler in Empfang genommen und das Händewaschen wird kontrolliert. In den Unterrichtsräumen wird ein Abstand von zwei Metern eingehalten, Tische und Toiletten werden mehrmals täglich gereinigt. „Die Stimmung ist erstaunlich gut und die Schüler sind froh, ihre Prüfungen ablegen zu können“, erklärt Roebers. An den übrigen Rheinbacher Schulen war die Stadt als Schulträger in vollem Umfang an den Vorbereitungen zum Schulstart beteiligt. Hierzu zählten insbesondere die Nutzung der Räume, deren Kennzeichnung, die Wegeführung sowie die Reinigung hinsichtlich der Intervalle und der Intensität. „Reinigungskapazitäten sind aus heutiger Sicht ausreichend vorhanden. Die Räume, Tische und Toiletten werden täglich von der beauftragten Firma gereinigt“, erklärt Norbert Sauren für die Stadtverwaltung Rheinbach.

Gleiches gilt auch für die Bornheimer Schulen. Dort ging an der Europaschule, dem Alexander-von-Humboldt-Gymnasium und der Sekundarschule der Unterricht für die Abschlussklassen wieder los. Eine Maskenpflicht in den Schulen besteht nicht, wird aber von den Schulleitungen empfohlen. An der Europaschule wurden ab Donnerstag rund 270 Schüler unterrichtet. „Die Schüler haben sich diszipliniert an die Abstandsregeln gehalten, auch wenn das bei der Wiedersehensfreude natürlich schwer fiel“, berichtet Schulleiter Eike Brandt. Der Unterricht erfolgt in verschiedenen Schichten mit nicht mehr als zehn Schülern pro Raum. „Mit knapp 300 Schülern hat der Start gut geklappt“, resümiert Brandt. Sollten in den nächsten Wochen weitere Jahrgänge hinzu kommen, werde es allerdings sowohl räumlich als auch personell schwierig werden.

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