Ein Thema zum Zähneausbeißen

RHEIN-SIEG-KREIS · Beim Quarzkiesabbau liegen die Bürgermeister und Ilka von Boeselager mit Regierungspräsident Hans Peter Lindlar über Kreuz. "Die Gerichte werden entscheiden müssen"

"So kann man die Themen nach vorne bringen, und das schneller, als wenn jeder einzeln nach Köln reist", lobte Ilka von Boeselager die Vorzüge der Gesprächsrunden, zu denen Regierungspräsident (RP) Hans Peter Lindlar regelmäßig mit den Bürgermeistern im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis zusammenkommt.

Ein Lob, das die Landtagsabgeordnete (CDU) beim gestrigen Gipfeltreffen im Meckenheimer Rathaus ein wenig relativierte - zumindest was einen Punkt auf der Tagesordnung anging: Stichwort Quarzabbau. "Du bist ja nun schon der dritte Regierungspräsident, den ich erlebe", sagte sie, an Lindlar gewandt, "aber die anderen waren einsichtiger. An Dir beiße ich mir die Zähne aus."

"Uneinsichtig" nach ihrer Auffassung und der der sechs Bürgermeister Bärbel Steinkemper (Alfter), Wolfgang Henseler (Bornheim), Bert Spilles (Meckenheim), Stefan Raetz (Rheinbach) und Eckhard Maack (Swisttal) zeigte sich der RP bei der Ausweisung von neuen Kiesabbauflächen im linksrheinischen Kreisgebiet: Trotz aller Proteste und der entschiedenen Gegenwehr auf kommunalpolitischer Ebene plädiert Lindlar für die Genehmigung von Kiesabbau am Sonnenhof bei Bornheim-Rösberg.

Es sei sein "Ziel, dass alle anderen Abbauvorhaben eingestellt werden", erklärte der Regierungspräsident bei der Pressekonferenz im Anschluss an das Gespräch mit den Bürgermeistern, das hinter verschlossenen Türen stattfand. Den "Ausgleichsvorschlag" seiner Behörde an den Regionalrat, der im Juni tagt, erklärte Lindlar, der bei diesem Punkt schon zuvor in der Runde Gegenwind gespürt hatte: Er wolle den Anspruch der Wirtschaft auf den Rohstoff Quarz befriedigen "und gleichzeitig verhindern, dass an anderer Stelle noch gebuddelt wird".

Zudem sei sein Vorschlag mit der Beschränkung des Abbaus auf 15 Jahre verbunden. Die Landschaft sei hier "so strukturiert, dass man den Abbau in relativ kurzen Zeitabständen überprüfen" müsse. Dazu müsse sich der Regionalrat stellen, das letzte Wort werde aber auf Landesebene gesprochen.

Dass es im von Lindlar ansonsten als "intensiv und angenehm" bezeichneten Austausch an dieser Stelle "keine gemeinsame Linie" gab, machte Ilka von Boeselager deutlich. Sie könne die Haltung des RP nicht verstehen, ihrer Meinung nach sei Weilerswist-Nord, ein FFH-Schutzgebiet, das "in Wirklichkeit nur einfacher Fichtenwald" sei, eher für eine Erweiterung der Kiesabbauflächen geeignet - eine Meinung, die die Landtagsabgeordnete bekanntlich mit den Kiesabbaugegnern in den Landschaftsschutzvereinen teilt. Sie bedauere, so von Boeselager, "dass nun offensichtlich wieder die Gerichte entscheiden müssen". "Ich gehe davon aus, dass wir alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen werden", kündigte denn auch Bornheims Bürgermeister Wolfgang Henseler erbitterten Widerstand an. Er wurde in der Kollegenrunde in der Meinung bestätigt, dass der Eingriff in die unberührte Landschaft am Sonnenhof inakzeptabel ist. Lindlar wies die Spekulation auf Kiesabbau im FFH-Gebiet Weilerswist-Nord zurück: Sobald eine Alternative zum Eingriff in ein solches Schutzgebiet bestehe, sei dieses tabu. Eine Befreiung von diesem Grundsatz sei nur durch die EU möglich. Darauf von Boeselager: "Ich gehe auch nach Brüssel."

Thema der Runde mit Lindlar war auch die Schullandschaft, speziell der Aspekt der Schülerströme über kommunale Grenzen hinweg. Hier seien die Städte und Gemeinden in der Pflicht, über ihre abgestimmte Schulentwicklungsplanung für ein möglichst breites attraktives Schulangebot und gleichzeitig untereinander für einen Lastenausgleich zu sorgen, so der RP.

Wenn es nach Lindlar geht, muss man sich in Swisttal nun ernsthaft mit dem Gedanken befassen, eine eigene Realschule zu gründen. Die Verbundschule aus Haupt- und Realschule in Heimerzheim sei durch den großen Schülerzustrom, auch aus der Nachbarstadt Bornheim, an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt, zum kommenden Schuljahr 2008/2009 habe er die Bildung einer zweiten Eingangsklasse genehmigt. "Aber das widerspricht dem Sinn einer Verbundschule, die ursprünglich nur hilfsweise einen Realschulzweig angeboten hat."

Bekanntlich war die Verbundschule eingerichtet worden, weil es zunehmend Probleme gab, die Swisttaler Kinder mit Realschulempfehlung in den Nachbarkommunen unterzubringen, etwa in Rheinbach. Dort aber hat man nun selbst Schwierigkeiten: Inzwischen drängen laut Bürgermeister Stefan Raetz immer mehr Schüler aus Euskirchen in die Rheinbacher Schulen.

Das führe sogar dazu, dass Rheinbacher Kinder keinen Platz fänden - was auch an der Auswahl durch die Schulleitungen liege. "Da werden dann die Schüler mit dem besseren Notendurchschnitt genommen", so Raetz.

Der "problemloseste Punkt" war gestern laut Lindlar das Thema Landesstraße 183 n. Hierzu kündigte der RP an, das Planfeststellungsverfahren werde im Mai abgeschlossen. Wie bereits berichtet, hat das Land von den voraussichtlichen Gesamtkosten für den Bau dieser Umgehung um Bornheim-Roisdorf in Höhe von rund 8,7 Millionen Euro für dieses Jahr 100 000 Euro zur Verfügung gestellt.

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