Retrospektive zu Walter Bernstein Maler aus Oberpleis verarbeitete den Krieg in Bildern

OBERPLEIS · Walter Bernstein hat bis zu seinem Tod vor 30 Jahren seine Kriegserlebnisse in Bildern verarbeitet, die jetzt in der Oberpleiser Galerie Zuhause der Kunst zu sehen sind. Doch er malte auch die Menschen in seiner Umgebung, denen er sehr zugetan war.

 Ein Oberpleiser Motiv betrachtet die Ausstellungs-Initiatorin Irina Wistoff (v.l.) mit Walter Bernsteins Tochter Christel Zaun und Heinz-Ludwig Zaun.

Ein Oberpleiser Motiv betrachtet die Ausstellungs-Initiatorin Irina Wistoff (v.l.) mit Walter Bernsteins Tochter Christel Zaun und Heinz-Ludwig Zaun.

Foto: Frank Homann

Er hat auf seinem Zeichenblock festgehalten, was er liebte: Landschaften, Blumen, Kirchen. Doch er hat auch gemalt, um zu überleben; um die Grausamkeit und das Elend des Zweiten Weltkrieges und seiner Folgen zu verarbeiten, „um nicht verrückt zu werden“, wie seine Tochter sagt. Die Rede ist von dem Oberpleiser Künstler Walter Bernstein, der vor 30 Jahren gestorben ist. Ihm zu Ehren wurde eine Ausstellung im „Zuhause der Kunst“ von Irina Wistoff in Oberpleis eröffnet. Die Retrospektive zeigt 50 Werke aus dem umfangreichen Schaffen Bernsteins, darunter sechs Kohlezeichnungen, die er während seiner amerikanischen Kriegsgefangenschaft anfertigte. Unter dem Titel „Passion Deutschland“ waren sie in der Nachkriegszeit im berühmten New Yorker Guggenheim-Museum ausgestellt gewesen, jetzt sind sie erstmals in Bernsteins Heimat öffentlich zu sehen.

Das Leben des 1908 in Altenberg geborenen Kaufmanns war stets von Kunst geprägt. Mit großer Leidenschaft zeichnete und malte er seine Umgebung und die Menschen, die sein Leben teilten. Niemals verkaufte er ein Bild, vielmehr machte er sie seinen Mitmenschen zum Geschenk. Kein Wunder, dass in zahlreichen Königswinterer Haushalten ein echter Bernstein an der Wand hängt. Mit der Ausstellung im „Zuhause der Kunst“ sind nun viele seiner Werke an einem Ort zu sehen, zu dem Walter Bernsteins Tochter Christel Zaun eine ganz besondere Beziehung hat: „Es ist das Elternhaus meines Mannes.“

Malen und zeichnen war seine Leidenschaft

Als das Ehepaar Zaun anlässlich seiner diamantenen Hochzeit 2019 dem Haus einen Besuch abstattete und mit Wistoff ins Gespräch kam, entstand die Idee zu der Ausstellung. „Meine Eltern sind sehr oft am Wochenende ins Siebengebirge gegangen“, berichtete Zaun bei der Ausstellungseröffnung am Sonntag. Stets dabei seien der Zeichenblock und zwei kleine Holzhocker gewesen. „Wo immer mein Vater ein schönes Motiv entdeckte, wurde sich hingesetzt und gezeichnet.“ Gemalt habe ihr Vater hat eigentlich alles, doch die eindrucksvollsten Werke seien in der Gefangenschaft entstanden. „Es muss eine schreckliche Erfahrung gewesen sein, wie er uns Kindern erzählt hat“, so Zaun.

Um das Gesehene und Erlebte zu verarbeiten und nicht verrückt zu werden, habe ihr Vater im Lager angefangen zu zeichnen – mit primitivsten Mitteln: Aus Feuerkohle schnitzte er sich Stifte, mit denen er dann auf grobes Packpapier malte. So entstanden Bilder, die dem Betrachter schonungslos das Elend und Leid des Krieges und seiner Folgen vor Augen führen, gleichzeitig aber auch Ausdruck der Liebe zu Menschen, Leben und Land sind.

1948 wurde Bernstein aus der Gefangenschaft entlassen – ohne seine Bilder. Die hatte der amerikanische Kommandant mit nach New York genommen. Erst zehn Jahre später erhielt er seine Werke zurück und übergab sie der evangelischen Kirche. Nach seinem Tod kehrten die Bilder wieder zurück in Familienbesitz – und können jetzt im „Zuhause der Kunst“ angeschaut werden.

Die Werke von Walter Bernstein können bis zum 16. Februar sonntags von 11 bis 16 Uhr sowie auf Anfrage im „Zuhause der Kunst“, Königswinterer Straße 14, angeschaut werden. Anfragen zu Führungen für Schulklassen und Gruppen unter ☏ 01520/2006833.  qg

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