Tierschützer mahnen zum Weltkatzentag Schlechter Umgang mit herrenlosen Tieren

Bonn/Region · Am 8. August ist Weltkatzentag. Allein in Deutschland werden rund elf Millionen Katzen gehalten - der Liebling Nummer eins noch vor dem Hund. Doch neben häuslichen Schmusetigern und fleißigen Mäusefängern gibt es in Bonn, dem Rhein-Sieg-Kreis und dem Kreis Ahrweiler auch eine zunehmende Not herrenloser Tiere.

Um die kümmern sich die Katzenschutzvereine, die sich jedoch mit dem Problem allein gelassen füllen. In Zeiten klammer Kassen gibt es kaum öffentliche Zuschüsse. Aber vor allem politisch fehlt die Unterstützung für eine von den Vereinen geforderte flächendeckende Einführung der Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen.

Seit 2012 besteht sie zwar für freilaufende Katzen in Bonn. Das sei jedoch zu wenig bekannt, so die Katzenschützer. Neben Bonn gibt es solche Regelungen in rund 70 anderen Städten und Gemeinden in Deutschland. Im Rhein-Sieg-Kreis hat bislang nur die Gemeinde Swisttal 2013 die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht eingeführt.

Das heißt, die Tiere müssen ab dem fünften Lebensmonat kastriert sowie mit einem Mikrochip, der bei der Impfung und ohne Narkose mit einer Spritze ins Gewebe gesetzt wird, gekennzeichnet werden. So lassen sich die Tiere mit einem Lesegerät schnell ihrem Besitzer zuordnen. Gleichzeitig definierte die Gemeinde Swisttal aber den Begriff Fundkatze neu, was die Tierschützer empörte.

"Anders als Fundtiere gehören herrenlose Katzen niemanden, deshalb sind wir auch nicht zuständig", erklärt Gemeindesprecher Bernd Kreuer. Die Folge: Wer in Swisttal eine in Not geratene, nicht gechippte Katze findet, muss damit rechnen, dass sich die Gemeinde nicht darum kümmert. Auch das für Swisttal zuständige Tierheim Mechernich muss laut Kreuer diese Tiere nicht aufnehmen. Für Katzenschützer ist dies trotz der Kastrationspflicht ein "Schlag ins Gesicht", so Susanne Wanninger-Karn, Vorsitzende vom Katzenschutz Bonn/Rhein-Sieg.

Dennoch, Swisttal ist bislang die einzige Kommune neben Bonn, die diese Pflicht hat. Im Rhein-Sieg-Kreis sowie im Kreis Ahrweiler gab es in den vergangenen Jahren wiederholt Anträge auf Einführung der Kastrationspflicht, die jedoch allesamt abgelehnt worden sind, weil keine Notwendigkeit bestehe. Im Kreis Ahrweiler scheiterte sie unter anderem am Landesrecht, das nun geändert werden soll.

Dass es keinen Bedarf geben soll, sehen die Vereine anders. Neben dem Katzenschutz Bonn/Rhein-Sieg sind auch der Katzenschutz Bad Neuenahr-Ahrweiler, die Katzenfreunde Rhein-Ahr, der Tierschutz Siebengebirge und der Tierschutzverein Bonn aktiv.

Gemeinsam betreuten sie Mitte Juli rund 500 Katzen in den Pflegestellen und Tierheimen, darunter rund 100 Katzenjunge. Die Zahl ist eine Momentaufnahme: Vor allem für den Monat September rechnet man mit einem starken Anstieg, weil dann auch der Herbstnachwuchs dazu kommt. Neben der Versorgung in den Pflegestellen, der Kastration, Impfung und späteren Vermittlung haben sich die Vereine vor allem die Kastration der herrenlosen Katzen auf die Fahne geschrieben. Die Kosten tragen sie weitgehend selbst.

Doch woher stammen die vielen herrenlosen Tiere? Sabine Reuter vom Albert-Schweitzer-Tierheim schätzt, dass allein in Bonn etwa 3 000 Katzen leben, die "niemandem" gehören. Ihren Ursprung haben sie bei unkastrierten Besitzerkatzen. Immer noch herrsche die Meinung, nur eine unkastrierte Katze fängt Mäuse, und jede Katze sollte einmal Junge haben. Viele scheuen auch die Kosten: Eine Kastration kostet in Bonn zwischen 100 und 160 Euro. Wanninger-Karn: "Für Sozialschwache ist das ein Problem."

Die Folge: Die Nachkommen sind schon nach wenigen Monaten geschlechtsreif. Sie vermehren sich, wandern ab oder werden einfach ausgesetzt. Allein der Tierschutz Siebengebirge hat im Frühjahr 15 Katzenjunge aufgenommen, die einfach in einer Kiste ausgesetzt worden waren. Laut der Berechnung vom Tierschutz ohne Grenzen kann eine Katze innerhalb eines Jahres zwölf Junge bekommen, nach nur zwei Jahren hat sie schon 66 Nachkommen, nach zehn Jahren rein rechnerisch rund 80 Millionen. Die Katzenschutzorganisationen wissen, wie rapide aus einer kleinen Katzengruppe eine ganze Kolonie werden kann. "Kürzlich wurden wir zu einem Schrebergarten in Ippendorf gerufen, weil dort ein paar Katzen seien", erinnert sich Reuter. "Am Ende haben wir 20 Tiere gefangen und kastrieren lassen." Auch der Katzenschutz Bonn/Rhein-Sieg lässt fast täglich herrenlose Katzen auf seine eigenen Kosten kastrieren. "Katzenprobleme gibt es auch in den Städten und Gemeinden, die meinen, sie hätten keins", zieht Wanninger-Karn Bilanz. "Angesichts der Not der Tiere ist deshalb eine Nichteinführung der Kastrations- und Kennzeichnungsplicht das falsche Signal an die Tierhalter."

Ein Faltblatt der Stadt Bonn informiert über die Kastrationspflicht für Freigängerkatzen.

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