Interview mit Daniel Müller-Schott Der Cellist Daniel Müller-Schott ist ein Hochleistungsmusiker

Bonn · Du bist so ein bisschen Spielmachertyp", hat ihm Fußballnationalmannschafts-Kapitän Philipp Lahm nach einem Freizeit-Kick attestiert. Und mit Blick auf einen Treffer seines Freundes Daniel Müller-Schott anerkennend festgestellt: "Das war schon ein Traumtor."

 Star-Cellist: Daniel Müller-Schott.

Star-Cellist: Daniel Müller-Schott.

Foto: Uwe Arens

Was der 37-Jährige natürlich gern hört - ein Wechsel vom Konzertpodium auf den grünen Rasen steht dennoch nicht bevor. Am 9. Mai kommt Müller-Schott mit der Geigerin Baiba Skride und dem Harfenisten Xavier de Maistre für einen Trioabend nach Bonn. Das Konzert im Beethoven-Haus ist bereits ausverkauft. Mit dem sprach Christoph Forsthoff.

Als Fußballfan muss man gelegentlich mit traumatischen Niederlagen leben. Kennen Sie ähnliche Gefühle auch aus der Musik?Daniel Müller-Schott: Nicht in dieser Form. Wenn ich in der Musik Rückschläge empfinde - was ja ohnehin sehr subjektiv ist -, dann haben diese durchaus etwas Produktives, denn sie sorgen für Klarheit und lenken den Focus vielleicht auch auf Details in der Musik, die man vorher so nicht erkannt hat. Insofern sind solche kleinen Rückschläge enorm wichtig, um sich als Musiker weiterzuentwickeln und nicht stehenzubleiben.

Krisen, die am Ende dann doch angenehmer sein dürften als eine Niederlage - sind Sie froh, Musiker und nicht Sportler geworden zu sein?
Müller-Schott: Auf jeden Fall! Zumal die Musik so unheimlich viele Facetten hat: Es geht eben nicht um das reine Gewinnen, sondern vor allem um die Ergründung eines spezifischen Ausdrucks. Was die Komponisten schon vor Hunderten von Jahren geschrieben haben, in Kombination mit der Gegenwart und meiner eigenen Person zu verbinden - das ist einfach ein unerschöpfliches Energiefeld. Und dieses Energiefeld immer wieder für sich gewinnen zu können und dadurch auch mehr über sich selbst zu lernen, ist sehr inspirierend.

Offenbar so inspirierend, dass Sie für Ihre CD-Alben immer wieder Werke einspielen, die eher selten zu hören sind im gängigen Konzertbetrieb. Wie frei sind Sie da als Solist auf dem Musikmarkt?
Müller-Schott: Das ist sicher nicht sehr marktkonform, aber genau das reizt mich daran (lacht). Wobei es nie mein Ziel gewesen ist, gegen den Strom des Populären zu schwimmen, sondern mich interessiert, was musikhistorisch relevant ist, was sich entdecken und lernen lässt über einen Komponisten.

Plattenfirmen mögen da ja noch mitmachen, doch Konzertveranstalter befürchten bei unbekannten Werken meist sogleich, ein paar hundert Tickets weniger zu verkaufen.
Müller-Schott: Es gibt einfach Situationen, wo man Entscheidungen treffen muss - und wenn man überzeugt ist von einem bestimmten Werk, das man aufführen möchte, muss man sich da einfach durchsetzen und sowohl bei Veranstaltern als auch Agenten versuchen, Überzeugungsarbeit zu leisten, damit dieses Repertoire gespielt wird.

Das klingt fast wie ein Verfechter der reinen musikalischen Lehre - sehen Sie sich als ein solcher?
Müller-Schott: (überlegt) Warum nicht (lacht)? Inhalte sollten in diesem Beruf auf jeden Fall immer das Wichtigste sein: Es muss um die Musik gehen, es muss Ideale geben - und dafür stehe ich. Und jemand, der zu mir ins Konzert kommt und mich hört, spürt dann auch, dass ich wirklich mit Leib und Seele dahinter stehe - und das macht dann vielleicht auch den kleinen Unterschied aus.

Das gegen unbekannte Werke gern verwandte Argument der Vermarktungsfähigkeit ist aus Ihrer Sicht also oft eher ein vorgeschobenes Argument?
Müller-Schott: Auf jeden Fall! Das merkt man ja schon, wenn man in die Schulen geht und den Kindern Schostakowitsch, Britten oder Prokofjew vorspielt: Da wird nicht groß nachgefragt, da gibt es keine Vorurteile - gute Musik steht erst einmal für sich. Doch da muss man in vielen Fällen eben den Menschen erst einmal wieder die Ohren öffnen, um ohne Vorurteile an Komponisten und Kompositionen herangehen.

Sie selbst spielen inzwischen rund 100 Konzerte im Jahr - was ja auch eine ziemliche Schlepperei bedeutet, ganz abgesehen davon, dass Sie im Flugzeug für das Cello stets noch einen Extra-Platz buchen müssen. Nervt das auf Dauer?
Müller-Schott: Hätte mir das jemand vorher erzählt, wie anstrengend es ist, das Cello durch die Weltgeschichte zu schleppen, dann hätte ich mir das schon nochmal überlegt (lacht). Ja, man muss wirklich leidensfähig als Cellist sein, denn man hat gerade auf Reisen immer wieder mit so vielen Widrigkeiten zu kämpfen.

Was nervt am meisten?
Müller-Schott: Nur ein Beispiel: Man kommt an den Check-in-Schalter und die Dame dort weiß überhaupt nicht, was sie mit diesem Instrument anfangen soll - allein dafür muss man immer schon mal eine halbe Stunde Wartezeit einplanen. Nach dieser halben Stunde hat sie dann mit all ihren Kolleginnen telefoniert, um zu erfahren, was sie denn nun mit diesem Objekt, das einen eigenen Sitzplatz bekommen soll, machen soll...

Aber Sie treiben schon auch noch anderen Ausgleichssport?
Müller-Schott: Ja, ich laufe regelmäßig, zudem Fahrradfahren und Fußball, wenn ich daheim bin. Es gibt da eine Mannschaft, die jeden Donnerstag trainiert: Zwar kann ich leider nur selten dabei sein, doch wenn ich zu Hause bin, spiele ich auf jeden Fall mit. Und wenn ich am Freitag ankomme, rufe ich am Wochenende meine Freunde an und dann geht es auf den Fußballplatz.

Mitsamt der ganzen Freizeitmannschaft...
Müller-Schott: ...genau. Wir haben da einen bestimmten Platz, wo eigentlich auch immer Kinder und Jugendliche spielen, und da ich ganz gut im Organisieren bin, frage ich sie dann, ob sie Lust zu einem Spiel haben...

Zur Person

Daniel Müller-Schott zählt heute zu den weltbesten Cellisten. Neben der Aufführung der großen Cellokonzerte hat Müller-Schott eine große Leidenschaft für die Erweiterung des Cello-Repertoires. Unter anderem widmete ihm Peter Ruzicka ein Cellokonzert, das er unter der Leitung des Komponisten beim Beethovenfest in Bonn uraufgeführt hat. Daniel Müller-Schott spielt spielt das "Ex Shapiro"-Cello von Matteo Goffriller (Venedig 1727).

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