Klaus Honnef im Porträt Publikation über Bonner Publizisten veröffentlicht

Bonn · Die aktuelle Publikation der „Sediment“-Reihe widmet sich dem Bonner Publizisten, Fotoexperten und Ausstellungsmacher Klaus Honnef. Der Mann hat Kunstgeschichte geschrieben - und hat Spaß an Social Media.

Klaus Honnef mit seiner Frau Gabriele Honnef-Harling.

Klaus Honnef mit seiner Frau Gabriele Honnef-Harling.

Foto: Fischer

"Spätestens seit 1965 hat Klaus Honnef Kunstgeschichte geschrieben.“ Eine steile These und starke Behauptung von Günter Herzog über den in Bonn lebenden Fotoexperten, Ausstellungsmacher und unermüdlichen Publizisten Honnef. Herzog aber muss es wissen, denn er ist oberster Herr über die Schätze des Kölner Zadik (Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung) und hat nahezu alles gesammelt, was über Honnef Auskunft gibt. Er selbst hat 2012 sein Privatarchiv und das seiner Frau Gabriele Honnef-Harling dem Zadik übergeben. Eine Fundgrube.

Wie hat Honnef Kunstgeschichte geschrieben? 1965 wurde der Sportreporter von den „Aachener Nachrichten“ zu Deutschlands jüngstem Feuilletonchef berufen, da war er Mitte Zwanzig. Wenige Jahre später gründete er in Aachen die Institution „Gegenverkehr – Zentrum für aktuelle Kunst“ – die heutigen Kunstmarkt-Stars Lawrence Wiener und Gerhard Richter haben hier ihre ersten nennenswerten Präsentationen gehabt.

Honnef verließ Aachen – sehr zum Verdruss vom Aachener Megasammler Peter Ludwig, der ihn gerne in der Stadt gehalten hätte – und wurde Chef des Kunstvereins in Münster, wo er Reiner Ruthenbeck, Sigmar Polke, Jörg Immendorff und Hanne Darboven zu eindrucksvollen Debüts verhalf. 1972 der nächste Schritt: Der charismatische Documentachef Harald Szeemann holt ihn zur legendären d 5 (1972). Honnef kuratiert die Sektion „Idee + Idee/Licht“. Auch bei der d 6 (1977) ist er dabei, betreut er mit seiner Frau Gabriele die Abteilungen Malerei und Fotografie.

Pantheon der Fotografie in der Bundeskunsthalle

Seit 1974 lebt Honnef in Bonn, arbeitet unter anderem als Ausstellungsleiter am Rheinischen Landesmuseum (bis 1999) und kuratiert bedeutende Ausstellungen von Gisèle Freund bis Helmut Newton. Für die Bundeskunsthalle organisiert er die wegweisenden Präsentationen „Pantheon der Fotografie im 20. Jahrhundert“ und „Macht eines Mediums“.

Ja, er hat Kunstgeschichte geschrieben – und unzählige Bücher über Fotografie und Malerei, über Konzept- und Gegenwartskunst. Und er ist offen für soziale Medien: Wer das Glück hat, den bald 80-Jährigen zu seinen Facebook-Freunden zu zählen, wird mehrmals täglich mit feinen Feuilletons und spitzen Kommentaren zu Meldungen des Tages beglückt.

Der am 14. Oktober 1939 in Tilsit geborene Honnef und sein umfassendes Oeuvre stehen im Mittelpunkt des neuen „Sediment“-Heftes, in dem das Zadik periodisch Archivschwerpunkte publiziert. 15 Jahre lang erschien das Heft im Verlag für Moderne Kunst, nun als Open-Access-eJournal, das digital kostenlos ist, in ausgedruckter Form kostet es 36,90 Euro.

Ein halbes Jahrhundert Kunst im Westen

Mit wunderbarem Bildmaterial, Textdokumenten und Interviews navigiert das „Sediment“-Heft nicht nur ausführlich durch Honnefs Karriere. Dokumentiert wird en passant auch ein halbes Jahrhundert Kunstszene im Westen Deutschlands. Denn wo der umtriebige Honnef war, da waren auch die Protagonisten der Kunst der Republik. Man sieht Honnef als lässigen Eröffnungsredner in der Bonner Galerie Erhard Klein und im Gespräch mit Reiner Speck oder mit Bernhard und Anna Blume – auch mit Gerhard Richter und Helmut Newton.

Texte vertiefen die einzelnen Stationen von Honnefs Karriere. Helga Behn etwa erinnert an die 25 Jahre, die er am Rheinischen Landesmuseum (heute LVR-Landesmuseum) tätig war, insbesondere als Leiter der von ihm erheblich erweiterten fotografischen Sammlungen. 300 Projekte wurden unter seiner Ägide realisiert. Hundert davon hat „der Mann in Schwarz“, wie er wegen seiner Kleidung genannt wurde, selbst organisiert.

Er sei ein „streitbarer, oft unbequemer, aber hoch engagierter“ Mitarbeiter gewesen, heißt es. Rosemarie Trockel und Isa Genzken haben bei ihm ihre Weltkarrieren begonnen, die heute berühmte Becher-Schule debütierte im Landesmuseum, Jürgen Klauke, Walter Dahn, Candida Höfer und andere wurden von Honnef entdeckt, Gisèle Freund, Alfred Eisenstaedt und Helmut Newton verhalf Honnef zu ihrem ersten großen Auftritt in Deutschland.

Fotografie als künstlerisches Medium

Interessant ist die Beobachtung, die Sylvia Böhmer, Volontärin bei Honnef, machte. Sie hat selbst später etliche Foto-Ausstellungen im Aachener Suermondt-Ludwig-Museum realisiert: „Ich musste nicht mehr darum ringen, die Fotografie als künstlerisches Medium im musealen Ausstellungsbetrieb zu etablieren. Klaus Honnef hatte dafür den Weg geebnet – dass man Fotografie als eigenständigen Bereich der Kunst in den Museen zeigen konnte.“

Honnefs letzte, brillante und unter die Haut gehende Ausstellung für das Landesmuseum, „Und sie haben Deutschland verlassen...müssen“, über deutsche Fotografen im Exil dokumentierte ein ein bislang unterbelichtetes Kapitel Fotografiegeschichte.

Honnef, der in Bonn einen guten Vertrag ausgehandelt hatte, der ihm freie Hand ließ und allerlei Nebentätigkeiten erlaubte, eckte wiederholt an, galt trotz oder gerade wegen seines Status' – als überregional erfolgreicher Ausstellungsmacher – in den engeren Strukturen des Landesmuseums als „Rebell“, wie Behn erinnert. Durch Umstrukturierungen wurde „der schwarze Ritter“ (Andras Denk) Anfang der 1990er Jahre entmachtet, konzentrierte sich zunehmend auf die Fotografie.

Interviews etwa mit Rune Mields, Ann und Jürgen Wilde und Wilhelm Schürmann ergänzen diesen Überblick über 50 Jahre Kunst im Westen. Ein tolles Stück Kunstgeschichte, die Honnef mitgeschrieben hat.

„Sediment“, herausgegeben vom Zadik. Das 241 Seiten umfassende Heft kann über www.zadik.info/ heruntergeladen werden.

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