Umstrittener Talk bei „Hart aber fair“ Plasberg geht auf Kuschelkurs mit der AfD

Düsseldorf · Frank Plasberg diskutiert bei „Hart aber fair“ nach dem Mord an Walter Lübcke durch einen Rechtsterroristen über die Enthemmung der Sprache im Netz und die Folgen daraus. An AfD-Mann Uwe Junge scheitert der Moderator aber.

 Uwe Junge, AfD-Fraktionsvorsitzender in Rheinland-Pfalz, ist Gast der ARD-Talkshow "hart aber fair".

Uwe Junge, AfD-Fraktionsvorsitzender in Rheinland-Pfalz, ist Gast der ARD-Talkshow "hart aber fair".

Foto: Horst Galuschka/dpa

„Wenn aus Worten Schüsse werden: Wie gefährlich ist rechter Hass?“ – das wollte Frank Plasberg in seiner Sendung am Montagabend wissen. Nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke diskutierte er mit seinen Gästen darüber, welche Folgen die Verrohung der Sprache im Netz haben kann.

Die AfD, die mit mehreren Posts in sozialen Netzwerken im Fokus der Debatte stand, war in der Runde durch den Landesvorsitzenden in Rheinland-Pfalz, Uwe Junge, vertreten. Das sorgte bereits im Vorfeld der Sendung für Empörung, sodass sich die Redaktion von „Hart aber fair“ genötigt sah, sich zu erklären. Das Erste twitterte: „Die Redaktionen der Talksendungen bemühen sich insbesondere, AfD-Vertreterinnen kein Forum für ihre Zwecke zu bieten. Je nach Thema ist es aber von Fall zu Fall nötig, AfD-PolitikerInnen selbst zu Wort kommen zu lassen.“

Sabine Knott, Leiterin der Zuschauerredaktion bei das Erste in München, reagierte darauf ebenfalls auf Twitter: „Dieser Tweet war leider nicht mit der Redaktion von "hart aber fair" abgestimmt. Dafür entschuldigen wir uns. Wir betonen, dass bei uns für alle Parteien dieselben Standards gelten. Im Übrigen entscheidet jede Redaktion für sich, wen sie zu welchem Thema einlädt.“ Beide Tweets wurden vielfach kommentiert und geteilt.

In der Talk-Show selbst hat Plasberg den AfD-Abgeordneten in den Mittelpunkt gestellt. Die Redezeit von Junge übertraf bei Weitem die der anderen Gäste. Das waren übrigens NRW-Innenminister Herbert Reul, die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, der Strafverteidiger Mehmet Daimagüler und der Journalist Georg Mascolo.

Alle gegen Junge also? So war es nicht. Vielmehr entwickelte sich die Sendung zu einer Uwe-Junge-Show. Der AfD-Politiker machte das, was seine Partei immer wieder macht. Relativieren. Deutlich wurde das an der Argumentationslinie zum Mord an Walter Lübcke:

Natürlich verurteile die AfD den Mord an Walter Lübcke. Er sei ja auch selbst Opfer einer Gewalttat geworden. In diesem Moment blendete die Redaktion ein Foto von Junge im Krankenhaus ein. 2016 war der Politiker von Unbekannten angegriffen und so schwer ins Gesicht geschlagen worden, dass er operiert werden musste.

Plasberg springt Junge bei

Es sei ja wohl egal, ob das von rechts- oder linksextremer Seite geschehen sei. Eine klare Abgrenzung seiner Partei zum Rechtsextremismus setzte er aber nicht. Er verurteile jede Art von Extremismus. Immer wieder verwies Junge auch auf den Linksextremismus, blendete allerdings aus, dass laut Kriminalstatistik deutlich mehr Gewaltbereitschaft von Rechtsextremen ausgeht. „Uns eine Mitschuld an dem Mord von Walter Lübcke zu geben, ist infam und hetzerisch“, sagt Junge gleich zu Beginn der Sendung.

Dass ein Facebook-Post („Noch ist es unser Land, Herr Lübcke“) von vor vier Jahren, unter dem zum Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten aufgerufen wurde, nicht sofort gelöscht wurde, konnte er allerdings auch nicht schlüssig erklären. „Das ist so nicht zu akzeptieren“, sagte er reumütig. Und Plasberg sprang ihm bei: „Eine Partei im Aufbau hat vielleicht nicht den Apparat, das kann man alles entschuldigen.“ Vorsichtig fragte er trotzdem nach einer möglichen Absicht, den Post stehen zu lassen, um eine gewisse Klientel zu bedienen. Junge verneinte vehement: „Das ist nicht die bürgerlich-konservative Partei, die wir gegründet haben.“ Der Post wurde am 20. Juni dieses Jahres gelöscht.

Das war der Grünen-Politikerin Irene Mihalic aber zu wenig kritisch: Sie schaffte es mit einem ihrer Redebeiträge, das Thema der Sendung auf den Punkt zu bringen. Die AfD benutze eine Sprache, mit der sie bewusst etwas auslösen wolle. Mit dieser Enthemmung der Sprache fühlten sich bereits radikalisierte Menschen dazu berufen, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. „Damit tragen Sie eine Mitverantwortung“, sagte Mihalic.

„Aber was soll man machen?“

Plasberg indes kam mit seinen Fragen nicht so richtig ran an den AfD-Politiker. Er versuchte es aber auch nicht mit Nachdruck. Vielmehr war er geradezu akribisch damit beschäftigt, journalistische Distanz zu wahren und gab damit Junge eine noch größere Bühne als er ohnehin schon hatte.

In einer Situation wurde es dann besonders skurril: Junge sagte, dass es in seiner Partei natürlich auch Spinner gebe. „Aber was soll man machen?“ Parteiausschlussverfahren seien kompliziert und führten nicht unbedingt zum Erfolg. Und als er auf die Einwände von Georg Mascolo ins Straucheln geriet, sprang Plasberg ihm wieder bei: „Herr Junge, ich möchte Ihnen gerade helfen, hören Sie mal eine Sekunde zu.“ Plasberg dann doch auf Kuschelkurs.

Plasberg gehen die Fragen aus

Als NRW-Innenminister Herbert Reul von „Typen von der AfD“ sprach, bat Plasberg ihn darum, „mit der Sprache abzurüsten“ und von „Menschen von der AfD“ zu sprechen. Da könne sich ja jeder selbst eine Meinung bilden, ob das Typen sind oder Menschen. Reul ärgerte sich und sagte in Richtung Junge: „Ich habe bisher immer geschwiegen! Sie haben stundenlang versucht, hier was zu erklären. Sie hätten einfach nur sagen müssen: Ich distanziere mich…“ Junge quittiert das mit einem Grinsen und Plasberg kommt nicht dazwischen.

Insgesamt machte der Moderator nicht die beste Figur in der Sendung. Am Ende gehen ihm sogar die Fragen aus. Auf eine Abschlussrunde verzichtet er. Wenn noch jemand etwas auf dem Herzen habe, dann solle er das jetzt sagen. Am Ende hat Uwe Junge das letzte Wort. Das nimmt Plasberg mit Humor und setzt noch einen drauf: „Ich hoffe, sie hatten nicht den Eindruck, an einem Tribunal teilgenommen, sondern Fragen beantwortet zu haben“, sagte Plasberg zum Abschluss.

Dieser Text ist zuerst bei RP Online erschienen.

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