Schul-Theater in Bonn Ambitionierte Inszenierungen beim Festival Spotlights

BONN · Das Schultheater-Festival "Spotlights" findet zum 17. Mal in Bonn statt. Ensembles aus Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis haben sich einer Jury gestellt, um vom 30. Juni bis zum 7. Juli auf verschiedenen Bühnen um die Kobold-Trophäe zu spielen.

 „Szenen aus dem Rotstiftmilieu“: Das Beste aus dem Kabarettabend am Städtischen Siebengebirgs-Gymnasium Bad Honnef, zu sehen am 2. Juli im Jungen Theater Bonn

„Szenen aus dem Rotstiftmilieu“: Das Beste aus dem Kabarettabend am Städtischen Siebengebirgs-Gymnasium Bad Honnef, zu sehen am 2. Juli im Jungen Theater Bonn

Foto: Wolfgang Michel

Die Künste haben es in der heutigen Schullandschaft nicht immer leicht. Orchester, Bands oder auch Theatergruppen an den zahlreichen Lehranstalten des Landes finden angesichts voller Stundenpläne bis weit in den Nachmittag hinein nur noch selten freie Zeitfenster für gemeinsame Proben. Und: Auch wenn das Interesse bei Lehrern und Schülern vorhanden ist, fehlt es oft an den richtigen Gelegenheiten. Das bekommt auch das Schultheaterfestival Spotlights der Theatergemeinde Bonn zu spüren: Im 17. Jahr seines Bestehens haben sich erstmals weniger als 20 Ensembles aus Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis der Vorauswahl einer Jury gestellt, um vom 30. Juni bis zum 7. Juli an verschiedenen professionellen Bühnen im Stadtgebiet um die Kobold-Trophäe zu spielen.

Die Ensembles, die sich beworben haben, sprühen allerdings nach Aussage von Organisatorin Claudia Lüth vor Leidenschaft und Engagement, wollen ihre Inszenierungen noch einmal in einem ganz besonderen Rahmen zeigen – und haben schon dadurch viel gewonnen.

Zehn Produktionen hat die Jury zum Festival eingeladen, das im Schauspielhaus Bad Godesberg, im Pantheon, im Jungen Theater und im Theater im Ballsaal stattfinden wird. „Für die Schüler ist so ein Auftritt immer etwas ganz Besonderes“, sagt Lüth. „Sie fühlen sich noch einmal in besonderer Weise ernst genommen, wenn sie ihre Stücke in einem Haus mit hochwertiger Technik, mit tollem Ton und Licht präsentieren dürfen.“

Anmeldungen sind rückläufig

Dennoch sind die Anmeldungen rückläufig. „Wir wissen selbst nicht so genau, was der Grund dafür ist“, gesteht Lüth. „Klar ist, dass es für viele Spielleiter überaus aufwendig ist, zum Teil Monate nach der Premiere eine Aufführung an einem anderen Ort durchzuführen. Gerade bei Literaturkursen aus der Oberstufe sind die mitwirkenden Schüler außerdem vielleicht bereits mit dem Abitur fertig und nicht mehr greifbar, dann wieder gibt es schulinterne Hinderungsgründe, etwa was Probenzeiten angeht.“ Leider könne man Spotlights aber nicht vorverlegen.

„Wir haben zum Beispiel im Mai keine Chance, auf eine professionelle Bühne zu kommen, weil die Häuser diese dann selbst permanent bespielen“, erklärt Lüth. „Ich hoffe ja, dass mit einer Rückkehr zu G9 die Lage ein bisschen entspannter wird und die Schüler wieder mehr Zeiträume finden.“

Umso bewundernswerter ist es, dass sich auch in diesem Jahr wieder Ensembles mit einem erstaunlich vielfältigen Programm gefunden haben. „Neben klassischem Schauspiel haben wir relativ viel Musiktheater im Programm, aber auch ein Live-Hörspiel und einen Kabarettabend“, betont Lüth. „Schön ist, dass sich einige Gruppen im Grundschulalter um den Kupferkobold bemühen, der explizit für Kindertheater ausgelobt wird, darunter eine Hauptschule, die mit Mark Britton über einen erfahrenen Comedian als Lehrkraft verfügt. Der hat da richtig viel in Bewegung gebracht.“

"Dracula"-Geschichte und satirische Collage

Unter der Leitung von Mark Britton (60) hat die Theater-AG der Gemeinschaftshauptschule Zülpich eine „Dracula“-Geschichte mit Geräuschemacherinnen und einem Stimmungschor für die Bühne adaptiert. Doch auch ein anderer erfahrener Kleinkünstler versucht, bei Spotlights Spuren zu hinterlassen: Gregor Pallast, Lehrer am Siebengebirgsgymnasium und zugleich Kabarettist, hat mit seinen Schülern eine satirische Collage erarbeitet, in der das deutsche Bildungssystem ebenso kritisch wie unterhaltsam beleuchtet werden soll.

„Anlässlich des 100-jährigen Bestehens unserer Schule hatten wir mit ehemaligen und aktuellen Schülern entsprechende Nummern geschrieben“, erklärt Pallast, der vor ein paar Jahren selbst mal in der Spotlights-Jury saß und den Wettbewerb daher bestens kennt. „Letztere waren sofort Feuer und Flamme, als ich sie fragte, ob sie nicht eine gekürzte Fassung im Pantheon spielen wollen“, sagt Pallast. „Das ist schon eine große Ehre, immerhin handelt es sich um eine der wichtigsten Bühnen ihrer Art. Die Theatergemeinde hat sich denn auch sehr über unsere Bewerbung gefreut, weil Kabarett in der Regel nicht beim Festival zu sehen ist.“

Unter den zehn Produktionen finden sich gleich zwei Dopplungen: Sowohl „Beauty and the Beast“ als auch „Woyzeck“ sind in unterschiedlichen Inszenierungen zu erleben. Zufall, sagt Lüth. Wirklich überraschend allerdings nicht. Märchen gehen eben immer, vor allem wenn sie von Disney mehrfach zu Musicals gemacht wurden, und „Woyzeck“ gehört längst zum Standardstoff in deutschen Lehrplänen.

Ensembles wollen sich von traditionellen Inszenierungen abheben

Immerhin haben sich die beteiligten Ensembles einiges einfallen lassen, um sich von traditionellen Inszenierungen abzuheben. Die Theatergruppe des Tannenbusch-Gymnasiums hat Georg Büchners Dramenfragment mit Texten von Bertolt Brecht und Heinrich Heine kombiniert, während das Kardinal-Frings-Gymnasium in der schuleigenen Aula ein Stationen-Drama entwickelt hat, bei dem das Publikum ebenso getrieben wird wie die titelgebende Hauptfigur.

„Dieses Jahr haben nur sechs Schüler den Literaturkurs gewählt, trotzdem wollten wir das Stück machen, das schon lange bei mir auf der Wunschliste steht“, erklärt Lehrer Andreas Amberg, der seit 20 Jahren seinen Theaterkurs leitet und als Vorsitzender der Jungen Theatergemeinde einst zusammen mit Claudia Lüth Spotlights ins Leben gerufen hat. „Unsere Schauspieler sind permanent im Einsatz; vor allem unser Woyzeck wird gehetzt, vom Leben, von sich selbst, von den Kindersoldaten aus der sechsten Klasse und von den Zuschauern.“

Ein reizvolles, aber auch logistisch aufwendiges Konzept. „Ich glaube, dass ein derartiger Aufwand tatsächlich vielen zu viel ist, Kollegen ebenso wie Schülern“, ergänzt Amberg. „Ich stelle selber fest, dass es immer schwieriger wird, Interessenten zu finden. Umso wichtiger ist Spotlights, weil das Festival einer breiten Öffentlichkeit zeigt, was an den Schulen kulturell los ist und wie unglaublich bereichernd Theater sein kann.“

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