Kommentar zum Raserurteil von Köln Tat und Strafe

Meinung | Köln · Die junge Frau fuhr auf dem Radweg, trug einen Helm - und hatte doch keine Chance: Das Kräftemessen zweier Autofahrer kostete sie das Leben. Vor dem Kölner Landgericht kommen die Angeklagten mit Bewährungsstrafen davon.

 An dieser Stelle ist es passiert. Nach dem Tod der 19-jährigen Radfahrerin in Köln haben Menschen am Ort des Geschehens Grablichter und Blumen hinterlassen.

An dieser Stelle ist es passiert. Nach dem Tod der 19-jährigen Radfahrerin in Köln haben Menschen am Ort des Geschehens Grablichter und Blumen hinterlassen.

Foto: dpa

Kein noch so hartes Urteil hätte den Eltern die Tochter wiederbringen können. Das hatten zum Auftakt des Kölner Raserprozesses die Eltern der 19-jährigen Studentin, die vor einem Jahr durch einen Unfall auf dem Kölner Auenweg starb, selbst mitteilen lassen. Sie wollten keine Racheengel sein. Miriam S. – ein weiteres Opfer des von jungen Männern gepflegten mörderischen Kults um PS-starke Autos, breite Reifen, aufgemotzte Motoren.

Doch eine weiteres Mal hat sich erwiesen, dass die deutsche Rechtsprechung auf Fälle wie den von Miriam S. keine angemessene Antwort findet. Beide Angeklagte verlassen das Gerichtsgebäude mit Strafen, die zur Bewährung ausgesetzt sind, als freie Männer. In ein paar Jahren dürfen sie sich womöglich wieder ans Steuer setzen. Läppische Konsequenzen für zwei junge Männer, die durch ihr Handeln ein Leben ausgelöscht und eine Familie irreparabel geschädigt haben. Wer vom Kölner Prozess ein deutliches Signal an die Raserszene erwartet hatte, wurde mit der Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung enttäuscht.

Fahrer, die ohne Rücksicht auf Leib und Leben anderer durch Städte, über Landstraßen oder auf Autobahnen rasen, benutzen ihre Fahrzeuge wie Waffen. Ihnen muss die Gefahr, die sie heraufbeschwören, klar sein. Der juristische Begriff der Fahrlässigkeit ist in diesem Zusammenhang überaus zweifelhaft.

Richter urteilen auf der Grundlage bestehender Gesetze. Wenn diese Gesetze nicht ausreichen, um Tat und Strafe in ein nachvollziehbares Verhältnis zu setzten, muss der Gesetzgeber tätig werden. Dringend.

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