Kommentar zu Wartezeiten bei Ärzten Fehler im System

Meinung | Bonn · Eine Bonnerin klagt über die anstrengende Suche nach einem Facharzt und einem zeitnahen Termin. In einer Großstadt wie Bonn sind die Probleme mit den Facharztterminen irreal, kommentiert Rüdiger Franz.

 Symbolbild.

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Foto: DPA

Es ist ein gravierender Verdacht, der im Falle einer Bonner Patientin und ihrer wochenlangen Terminsuche bei Fachärzten zwischen den Zeilen von Medizinern bestätigt wird: Ihre dringend benötigte Magenspiegelung erscheint demnach vielen Ärzten schlichtweg nicht lukrativ genug. Mehr Glück, so heißt es, hätte die Dame deshalb gehabt, wenn sie stattdessen eine Darmspiegelung benötigt hätte. Die Angebote für Termine im November 2020 dürften in den Ohren der schmerzgeplagten Patientin klingen wie Hohn. Wer die Gebührensätze so gestaltet hat, wird deshalb auf das Verständnis der Betroffenen kaum zählen. Doch das ist nur ein Teil des Problems. Das Beispiel aus Bonn zeigt überdies, dass die vor einigen Jahren eingeführte zentrale Terminvergabe offenbar längst nicht alle Probleme ausgeräumt hat. Innerhalb von vier Wochen, so wurde 2016 festgelegt, müsse der Besuch bei einem Spezialisten ermöglicht werden.

Eine Achillesferse der Neuregelung bekommen Menschen wie die Bonnerin seitdem weiterhin zu spüren: Denn die Termingarantie gilt nicht für alle Untersuchungen. Auch das wichtige Recht auf eine freie Auswahl des behandelnden Arztes ist eingeschränkt, wenn der Dienst beansprucht wird. Wenig geändert hat sich auch an althergebrachten Umständen wie dem, dass Privatpatienten beim Wunscharzt in der Regel eine zügige Behandlung erhalten, weil mit ihnen gutes Geld verdient wird. Immer öfter wurde von Seiten der Ärzte zuletzt über ein anderes Phänomen geklagt: die Unart vieler Patienten, sich mehr Termine zu sichern als nötig und damit anderen Kranken förmlich den Platz wegzunehmen.

Gleichwohl erscheinen gerade in einer Großstadt wie Bonn die Probleme mit den Facharztterminen irreal. Immerhin verfügt die Stadt über eine Universitätsklinik, liegt mitten in einem Ballungsraum – und überdies in Deutschland, das im internationalen OECD-Vergleich mit die höchste Ärztedichte der Welt hat. Wer ein Jahr auf einen Termin warten muss, wird die These von einer Überversorgung jedenfalls nicht teilen.

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