Und plötzlich stand Polizei im Bad

38-Jähriger wollte Kreispolitiker verkehrstechnisch erziehen

Bonn. Ständig ärgerte er sich als Altstadtbewohner über die Raser, und als der 38-Jährige am Abend des 10. Juli 2007 im alkoholisierten Zustand meinte, wieder so einen zu sehen, wurde er zum Oberlehrer: Er zwang den Autofahrer zur Vollbremsung, nicht ahnend, dass er den Siegburger SPD-Kreistagsabgeordneten Immo Hauser ausbremste - mit fatalen Folgen: Der rief die Polizei, die stürmte in die Wohnung des 38-Jährigen und nahm ihn mit.

Nun sitzt er vor Gericht und beteuert er: Er habe diesen Autofahrer, der vor der Schule so schnell gefahren sei, nur stoppen wollen. Und er sei auch nicht, wie der behaupte, vor dessen Auto gesprungen. Er sei nur provozierend langsam über die Straße gegangen und dann stehen geblieben.

Der Fahrer habe bremsen müssen, wobei ihm eine Schale mit Erdbeeren durchs Auto geflogen sei. Dann hätten sie sich angebrüllt, und er habe den Mann als Raser beschimpft. Hinter der nächsten Ecke habe es erneut ein Wortgefecht gegeben, und der Mann habe mit Erdbeeren nach ihm geworfen. Das sei quasi vor seiner Haustür geschehen, er sei ins Haus gegangen, habe seiner Freundin von dem Vorfall erzählt, sei ins Bad gegangen - und dann sei die Hölle losgebrochen.

Ein Polizist sei ins Bad gestürmt, habe ihn gepackt, er habe sich gewehrt, der Polizist habe ihm Pfefferspray in die Augen gesprüht, er habe sich weiter gewehrt und nicht gewusst, was der von ihm wollte. Dann hätten plötzlich sechs bis acht weitere Beamte in der Wohnung gestanden, ihn gefesselt und mitgenommen. Wie sehr dieser Einsatz seiner Freundin zugesetzt hatte, war ihr als Zeugin immer noch anzumerken. Gerufen hatte die Polizei der Kommunalpolitiker mit der Meldung: Ihm sei ein Mann in Selbstmordabsicht vors Auto gesprungen.

Nun als Zeuge erklärt er: Er sei nicht gerast. Und: "Ich wollte auch den Eingriff in den Straßenverkehr anzeigen." Richter Frank Liegat hört sich noch weitere Zeugen an, jeder sagt etwas anderes, und schließlich wendet sich der Richter an den Angeklagten: "Es ist höllisch gefährlich, was Sie da gemacht haben. Und es ist auch nicht Ihre Aufgabe, den Verkehrserzieher zu geben."

Aber er stellt auch fest: "Es ist alles sehr unschön, was hier passiert ist. Ob man da so drauf losschlagen musste?" Er schlägt vor, das Verfahren gegen den unbescholtenen Angeklagten einzustellen, wenn der 150 Sozialstunden leistet. Der ist einverstanden. Die letzte Bitte des Richters: "keine Selbstjustiz mehr."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Der Schotte Miko Berry gewann den
Poeten-Showdown in Beuel
„Raus mit der Sprache“ im PantheonPoeten-Showdown in Beuel
Zum Thema
Aus dem Ressort