Autismustherapiepraxis in der Kölnstraße "Wir füllen hier eine Lücke"

BONN · Autismus kann man nicht wegtherapieren, und dafür ist die neue Praxis in der Kölnstraße, die am Freitag offiziell eröffnet wurde, auch nicht gedacht. Der Name des Vereins "Leben mit Autismus", der sie eingerichtet hat, sagt, in welche Richtung es gehen soll.

 Peter Schumacher dankt Therapeutin Angela Sichelschmidt (l.) und Ingrid Hilmes von der Kämpgenstiftung.

Peter Schumacher dankt Therapeutin Angela Sichelschmidt (l.) und Ingrid Hilmes von der Kämpgenstiftung.

Foto: Stefan Knopp

"Wir wollen die Menschen nicht angleichen", sagt Therapeutin Angela Sichelschmidt, "sondern Stärken herausfinden und fördern und Verhaltensauffälligkeiten entgegenwirken." Und man wolle auch die Angehörigen mit schulen.

"Der Therapiebedarf ist ganz hoch", sagt Sichelschmidt. Sie ist seit September im Einsatz, und seitdem ist die Zahl der Patienten von sechs auf 20 gestiegen. Die Wartelisten seien lang, das Autismus-Therapiezentrum Bonn sei völlig überlaufen. "Letztendlich füllen wir hier eine Lücke." Ein bis 1,5 Prozent der Bevölkerung sei autistisch veranlagt, so Sichelschmidt. Die Schwierigkeit sei, das zu diagnostizieren, denn Muster gebe es da nicht: "Die Unterschiede zwischen Autisten untereinander ist größer als bei uns neurotypischen Menschen." Deshalb müsse jede Diagnose individuell erstellt werden. "Wir sind hier wirklich äußerst kreativ", so die Therapeutin.

Der Verein wurde 2009 von Eltern autistischer Kinder gegründet, die Geschäftsstelle ist in Odendorf. Schnell entwickelte sich das Selbsthilfeangebot zu einer festen Größe in Bonn, dem Rhein-Sieg-Kreis und der Eifel. Er bietet diverse Kurse, Bewegungs- und Tierpädagogik an - und jetzt auch eine Therapiepraxis, die sich schnell herumsprach. "Keiner hätte damals gedacht, dass mal so ein großer Hilfsverein daraus wird", sagte Vorsitzender Peter Schumacher bei der Einweihungsfeier.

Er dankte besonders der Kölner Kämpgenstiftung, die die Einrichtung der Therapiepraxis ermöglicht hat. Sie fördert Behindertenhilfsprojekte in ganz NRW, aber mit Schwerpunkt Großraum Köln. Es gebe sehr wenige solcher Stellen, sagte Ingrid Hilmes von der 1983 gegründeten Stiftung. Deshalb habe man gern die 65 000 Euro für die Anschubfinanzierung einer hauptamtlichen Stelle und der Beratungsausstellung gegeben.

Die Praxis liegt in der Kölnstraße 477. Informationen zum Verein gibt es auf www.lebenmitautismus.de

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