Interview mit Eric Sardinas Mit einem Fuß auf dem Highway

BONN · Für den US-amerikanischen Blues-Rock-Gitarristen Eric Sardinas hat Musik auch was mit Nervenkitzel zu tun. Am Dienstag, 4. November, spielt er ab 20 Uhr in der Endenicher Harmonie.

Er ist schon ein wilderBursche. Jedenfalls wirkt er so mit seinen Lederklamotten, den schwarzen Haarenund dem Cowboy-Hut. Live ist er kaum zu bändigen, im Gespräch wirkt der US-amerikanischeBlues-Rock-Gitarrist und Sänger Eric Sardinas ruhig und nachdenklich. Und wennes um Musik geht, da merkt man, dass das seine ganz große Liebe ist. Er warsechs, als er seine erste Liebe, den Delta Blues entdeckte. „Das war wie einNervenkitzel des Hörens“, sagt er. Den „Nervenkitzel“ bringt er am Dienstag, 4.November, auf die Bühne der Harmonie. Mit Eric Sardinas sprach Cem Akalin.

Der Start deiner neuenCD weist gleich darauf hin, wohin die Reise geht: feuriger Blues, derblechernde Sound der Resonator-Gitarre, Musik aus dem Herzen des MississippiDelta: Run Devil Run!
Eric Sardinas: Ich hoffe, es hat dir gefallen! (lacht)

Wie gehst du bei derKonzeption deiner Alben vor?
Sardinas: Meine Albenerzählen Geschichten. Und jeder Song hat seinen eigenen Charakter und seineDaseinsberechtigung. Der Start meines neuen Albums soll gleich klar machen, woich herkomme. Nämlich aus dem Süden. Und der erste Song öffnet die Tür zurGeschichte.

“Tell Me You’re Mine”klingt ja fast wie eine Androhung: Hast du einer Frau wirklich mal so einerockig, fetzige Liebeserklärung gemacht?
Sardinas: Mhm, weißt du,in diesem Song geht es um Bewunderung. Es geht um die Verehrung einer Frau.

Und hast du schon maleiner Frau so leidenschaftlich die Liebe erklärt?
Sardinas: Haben wir dasnicht alle mal? (lacht)

Du siehst ja schon auswie ein Gesetzloser aus den Sümpfen Louisianas. Ich frage mich, wie die Frauen auf dichreagieren?
Sardinas: Ich denke, daskannst du dir vorstellen, oder? (lacht) Mal im Ernst. Du könntest natürlichannehmen, dass du das bekommst, was du siehst. Ab ich verrate dir jetzt malwas: Da steckt noch viel mehr in mir. Meine Mom hat mich so erzogen, dass ichimmer mit einem Fuß auf dem Highway stehe und mit dem anderen im Schlamm.

Scherz beiseite: Duspielst eine wirklich wilde Gitarre. Du hast auf der Resonator-Gitarre einenSound, einen Spielstil, den man so nicht erwarten würde. Wieso hast du dich fürdiese Gitarre entschieden?
Sardinas: Als ich meineLiebe zum Blues und Rock ‘n’ Roll entdeckte, war ich wirklich noch ziemlichjung. Und es begann mit diesem sehr traditionellen Blues. Ich hörte die Musikvon Leuten von Robert Johnson und Charlie Patton, Fred McDowell… Diese Sängermit ihrer Gitarren konnten mindestens soviel Kraft in ihrer Musik entwickelnwie Jimi Hendrix mit seinen Marshall-Verstärkertürmen.

Die Resonator-Gitarreist nicht gerade einfach zu spielen. Vor allem, wenn man so flinke Linienspielen will wie du.
Sardinas: Ich habewirklich eine emotionale Beziehung zu dem Instrument, und das hat viel mitseinem Bezug zur Bluesgeschichte zu tun. Ich habe diese Gitarre elektrifiziert, habe sie herausgerissen ausden üblichen Parametern.

Du nanntest gerade allesVorbilder aus dem alten traditionellen Blues. Siehst du da deine Wurzeln?
Sardinas: Ich denke,wenn du deine eigene Stimme finden willst, dann musst du schon die Geschichtedes Blues und seiner Einflüsse auf den Rock kennen. Das ist für mich eine völlignatürliche Entwicklung. Der Respekt und die Verehrung für die Musiker unserermusikalischen Wurzeln sind nötig, um selbst deine Zuhörer inspirieren und deineeigene Musik voranbringen zu können.

Man würde ja einCover-Stück von Jonny Winter erwarten, dem du das Album gewidmet hast. Aber vonElvis Presley?
Sardinas: Das ersteKonzert meines Lebens war eins von Elvis. Da war ich sechs Jahre alt. Daszweite Konzert war Muddy Waters.

Wobei „Trouble“ einwirklich geiles Stück von Elvis ist!
Sardinas: Stimmt! VieleLeute kennen Elvis nur aus seiner Phase nach seiner Militärzeit, als eranderthalb Dekaden lang andauernd in irgendwelchen Filmen zu sehen war. Mankonnte ihn lange nicht live erleben. Erst ab Ende der 60er Jahre…

…die 1970er Jahre warenElvis‘ Konzertjahre…
Sardinas: Er hatte eineunvergleichliche Karriere. Ihn live erlebt zu haben, gehört zu den tollstenErlebnissen meines Lebens, und ich erinnere mich daran, als wär’s gesterngewesen.

Vor sechs Jahren hast duhier in Bonn beim Crossroads Festival gespielt. Wer dich schon live erlebt hat,weiß, dass du auf der Bühne sogar noch mehr Gas gibst als auf deinen Alben. Wieso ist das so?
Sardinas: Ich findenicht, dass das so ist. Meine Einstellung auf meinen Alben ist ehrlich, und siehaben auch dieses Live-Erlebnis. Aber ich habe natürlich eigene Erwartungen,wie mein Album klingen soll. Live auf der Bühne spiele ich meine Stücke jedesMal anders. Du wirst niemals einen Song von mir zweimal gleich hören. Es istjedes Mal etwas Besonderes, wobei der Moment dieser Zeit, die Energiefestgehalten wird. Auch in Zeiten von Computern und ProTool …

… eine Software zurMusikproduktion…
Sardinas: … spiele ichalle meine Alben live ein. Wenn du mich live siehst, bekommst du jedes Mal einneues Erlebnis. Jimi hat auch nie ein Solo zweimal gespiel. Der Song ist dieStraßenkarte, die Live-Show ist die Live-Show. Einen Song zu schreiben ist erstmal harte Arbeit, der Song bekommt einen Rhythmus, eine Struktur. Aber sobalder geschrieben und aufgenommen ist, wird er niemals wieder der Alte sein.Verstehst du? (lacht)

Ehrlich gesagt, frageich, weil ich gerne Mal ein Live-Album von dir hätte. Wann kommt mal einLive-Album raus?
Sardinas: Klar! DieIronie ist, dass ich 50 davon bereits im Gepäck habe. (lacht) Im Ernst: Wirplanen wirklich, mal sowas rauszubringen.

Zum Schluss: Woher kommtdiese wilde Leidenschaft deiner Stimme? Diese Wucht deiner Musik?
Sardinas: Von ganz tiefdrinnen. (lacht) Weiß du, ich glaube, das kommt tatsächlich, weil ich allesgebe, was ich je bekommen habe. Es ist eine Art zirkulierende Energie. Musikist mein Sauerstoff, Musik ist mein Leben.

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