Rupert Neudeck spricht bei den Lions über die Flüchtlingsproblematik Die Gesten zählen

BONN · Sie kommen von überall her: Aus Serbien, Albanien, dem Kosovo, vom Krisenkontinent Afrika oder aus den Kriegsgebieten in Syrien und dem Irak. Verzweifelte Menschen, die ihre ganze Hoffnung auf Europa setzen, dort Sicherheit, Frieden und vor allem eine Zukunft suchen.

 "Die helfende Hand und das freundliche Gesicht sind mindestens ebenso wichtig wie die materielle Versorgung." Davon ist Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck überzeugt.

"Die helfende Hand und das freundliche Gesicht sind mindestens ebenso wichtig wie die materielle Versorgung." Davon ist Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck überzeugt.

Foto: Thomas Kölsch

Sie alle brauchen Hilfe - doch jeder auf unterschiedliche Art und Weise, wie Rupert Neudeck bei einem Vortrag auf Einladung des Lions Clubs Bonn Tomburg im Leoninum deutlich machte.

Der Mitbegründer von Cap Anamur und Vorsitzender des Friedenskorps Grünhelme skizzierte vor den gut 70 geladenen Gästen, darunter Vertreter von elf weiteren Lions Clubs aus der Region, Lösungsansätze, um den verschiedenen Flüchtlingsgruppen Perspektiven zu geben, ohne dabei gleich ganze Völkerwanderungen auszulösen.

Absolute Priorität forderte Neudeck für Syrer und Iraker, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. "Die Syrer sind momentan wahrscheinlich das verlassenste Volk der Erde", sagte der 75-Jährige, der sich für eine unbürokratische, sofortige Aufnahme aussprach.

Demgegenüber sei es im Irak und insbesondere in der Region Kurdistan sinnvoller, vor Ort Aufbauhilfe zu leisten: "Eigentlich wollen die Menschen von dort nicht fliehen", erklärte Neudeck, "denn dort kann man eine Explosion der Toleranz wahrnehmen. In der Kurden-Region finden alle von den IS-Kämpfern vertriebenen Religionsgemeinschaften einen Platz - das gilt es zu schützen und zu fördern."

Den Weg über das Mittelmeer ersparen

Auch in Afrika sei es sinnvoller, vor Ort etwas zu tun, um den Flüchtlingen so den Weg über das mörderische Mittelmeer zu ersparen, erklärte Neudeck. Etwa mit Ausbildungszentren in den einigermaßen sicheren Ländern, um Perspektiven zu schaffen.

Zudem plädierte er für bilaterale Beziehungen zwischen EU- und afrikanischen Staaten, statt überall nach dem Gießkannen-Prinzip ein paar Millionen versickern zu lassen. "Das hat auch was mit Psychologie zu tun. Wenn Angela Merkel einmal im Jahr Afrika besucht und mehr Zeit in der Luft als am Boden verbringt, fällt das negativ auf."

Es sind die Gesten, die zählen. "Die helfende Hand und das freundliche Gesicht sind mindestens ebenso wichtig wie die materielle Versorgung", sagte der Flüchtlings-Experte. Auf Staaten-Ebene gelte dies genauso wie auf der persönlichen.

Doch auch wenn derzeit in den Medien jene präsent seien, die beides nicht verstehen würden: "So lange es einen Gemeingeist in diesem Land gibt, so wie ich ihn erlebe, mit all den Gruppen, die sich freiwillig einbringen, wird mir um unser Land nicht bange", so Neudeck.

Der Lions Club trug seinen Teil dazu bei: Am Ende konnte Club-Präsident Jürgen Selig 1500 Euro an die Grünhelme überweisen. Das Geld soll zum Aufbau einer Schule für 1200 Kinder in der irakischen Stadt Zumar verwendet werden.

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