Gedankenaustausch am Herd Kochtreff hilft bei Integration in Sankt Augustin

Sankt Augustin · Vor mehr als drei Jahren hat Petra Vogel in Sankt Augustin einen Kochtreff für Geflüchtete und Einheimische ins Leben gerufen. Nach einem holprigen Start sind aus den Hobbyköchen inzwischen Freunde geworden.

 Zum Osternesterbasteln, Eierfärben und anschließendem Grillen treffen sich die Hobbyköche kurz vor Ostern. FOTO: MARTINA WELT

Zum Osternesterbasteln, Eierfärben und anschließendem Grillen treffen sich die Hobbyköche kurz vor Ostern. FOTO: MARTINA WELT

Foto: Martina Welt

200 Eier köcheln in riesigen Töpfen auf dem Herd vor sich hin. Im Nebenraum haben sich die großen und kleinen Köche zum Osternesterbasteln versammelt, bevor es dann ans Eierfärben geht. Alle haben einen Salat mitgebracht, denn anschließend wollen die Hobbyköche um Petra Vogel angrillen und den Abend beim gemeinsamen Essen ausklingen lassen.

Amena Shbat aus Syrien zählt mit ihrer dreijährigen Tochter zu den regelmäßigen Besuchern des Koch-Events, das Petra Vogel vor mehr als drei Jahren ins Leben gerufen hat. Die 30-jährige Syrerin ist inzwischen mit ihrer Familie in Sankt Augustin wirklich angekommen. Ihr Mann macht gerade eine Ausbildung zum Busfahrer und arbeitet als Küchenhilfe, sie selbst arbeitet als Kassiererin in einem Lebensmittelladen in der Nähe. „Hier kann ich mein Deutsch verbessern“, sagt Shbat, die schon jetzt über beachtliche Sprachkenntnisse verfügt. Ihr Lieblingsessen ist Kartoffelauflauf, aber auch alle Salate und Suppen mag sie sehr. Milad Zamanian aus dem Iran ist seit einem Jahr in Deutschland. Nachdem er fünf Monate im Kirchenasyl lebte, ist er jetzt in der Unterkunft am Kloster untergebracht. Seine Lieblingsspeisen sind Semmelknödel mit Gulasch, verrät er. Man kennt sich und man schätzt sich im Paul-Gerhard-Haus der evangelischen Kirchengemeinde.

Holperiger Start

Als Petra Vogel das Kochprojekt im Herbst 2015 initiierte, war der Start durchaus holprig. „Pfarrerin Britta Bongartz hatte in einer Predigt damals davon gesprochen, dass ein regelmäßiger Kochtreff in der Gemeinde schön wäre“, erinnert sich Vogel. Daraufhin meldete sie sich freiwillig und bot das internationale Kochen zweimal im Monat in den Schulzentren der Stadt an. „Damals sind wir in die Unterkünfte gegangen, um unser Angebot publik zu machen“, sagt sie. Es habe anfangs auch Termine gegeben, bei denen sie mit den Lebensmitteln da stand und niemand gekommen sei. Daraufhin sei sie immer sonntags vor dem Kochen in die Flüchtlingsunterkunft in Mülldorf gegangen und habe an das Dienstagskochen erinnert.

„Auch ich war zunächst vorsichtig, vielleicht auch etwas misstrauisch, denn wer hat vorher schon mal Kontakt zu arabischen Männern gehabt“, erinnert sie sich an eigene Vorbehalte, die reine Männerunterkunft in Mülldorf zu besuchen. Das ist inzwischen Vergangenheit, denn durch die persönlichen Kontakte habe lange Zeit eine feste Männergruppe am Kochen teilgenommen. Auch an diesem Dienstag findet sich – wenn auch etwas später als die Übrigen – eine Gruppe von Männern aus unterschiedlichen Ländern ein.

Freundschaften sind gewachsen

Ein weiteres Ergebnis des Engagements Vogels in ihren Kochgruppe sind ihre inzwischen neun Patenschaften für geflüchtete Menschen. Vogel hilft den Frauen und Männern bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen oder dem Führerschein. „Aus den einstigen Bekanntschaften sind inzwischen Freundschaften geworden“, sagt die medizinische Bademeisterin und Masseurin. Gemeinsames Kochen sei hervorragend, um sich besser kennenzulernen. „Kochen ist locker, man muss nicht zu viel sprechen und kommt dennoch in Kontakt mit anderen Menschen.“

Die evangelische Kirchengemeinde unterstützt sie mit Räumen in den Gemeindezentren Paul-Gerhardt-Haus und Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Auch die Landesmittel werden von der Kirchengemeinde beantragt. 240 Euro gibt es für das Kochen jeden Monat, ein Teil davon wird für das Welcome Cooking in der Zentralen Unterbringungseinheit (ZUE) verwandt, der andere Teil für das internationale Kochen.

Inzwischen ist der Kochtermin auch für die Menschen, die schon viele Jahre in Sankt Augustin sind, ein willkommener Anlass, sich zu treffen und auszutauschen. Eines steht für die Initiatorin fest: „Bevor man über Flüchtlinge urteilt, sollte man sie auf jeden Fall persönlich kennenlernen, um sich ein eigenes Bild zu machen.“ Dann gehörten Berührungsängste schnell der Vergangenheit an.

Mehr zum Kochtreff gibt es per E-Mail an petra-vogel@netcologne.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort