Millionen-Projekt im Pfaffenberg

Die Sache könnte zehn bis zwölf Millionen Euro kosten: 73 Hektar umfasst das gesamt Flurbereinigungsgebiet. Ein Fremdenverkehrskonzept, das nicht nur das Bestehende erhalten will, und der Naturschutz sind die Hauptbestandteile der Gesamtplanung.

Millionen-Projekt im Pfaffenberg
Foto: Martin Gausmann

Walporzheim. Die Sache könnte zehn bis zwölf Millionen Euro kosten, darüber ist sich Willi Beu im Klaren. Zwar fehlen dem Vorsitzenden der Teilnehmergemeinschaft Flurbereinigung Walporzheim noch feste Finanzierungszusagen, aber er hat schon feste Vorstellungen, woher das Geld kommen soll: Vom Wirtschafts- und vom Umweltministerium des Landes, von der Stadt und von der Tourismusbranche der Region, also von Gaststätten, Hotels, Tourismusverbänden.

Schließlich geht es um den Erhalt der malerischen alten Weinberge rund um Walporzheim, also um das Bewahren der in Jahrhunderten entstandenen Kulturlandschaft mit kleinen und kleinsten Terrassen in Steil- und Steilstlagen, was die Landschaft für Touristen attraktiv macht und der Wirtschaft in der Region zu Gute kommt.

Die Römer brachten den Wein an die Ahr, erinnert Beu, für ihre Zeit sei allerdings noch kein Terrassenbau nachgewiesen. Vom 9. Jahrhundert an nahmen "Einheimische" die Sache in die Hand, terrassierten die Hänge für Wein, der in den zahlreichen Klöstern und Kirchen gebraucht wurde. Dafür stehen Namen alter Weinbergslagen rund um Walporzheim wie Klosterberg, Pfaffenberg, Domley.

"Wein gehörte auch zunehmend zum guten Leben der Menschen", führt Beu an. Mit ihrer Zahl wuchs der Bedarf und damit wuchsen die Flächen. Über Jahrhunderte wurden Terrassen gebaut, saniert, immer weiter den Hang hoch getrieben. Jetzt beträgt der Höhenunterschied vom Hangfuß zur Weinbaugrenze bis zu 140 Meter mit einem Gefälle von 70 Prozent, führt Beu an.

Diese Kraxelei müssen die Winzer bei ihrer Weinbergsarbeit immer wieder bewältigen. Die Flurbereinigung soll ihre Arbeit erleichtern und damit den Weinbau wirtschaftlicher machen. Die Landschaft soll ihr Gesicht trotz Flurbereinigung nicht verlieren. Die Terrassen bleiben, der Transport schweren Materials während der Bauphase ist mit Hubschraubern geplant, damit die Natur nicht leidet.

Wesentlich mehr Wege kommen auch nicht in die Wingerte. Vorgesehen sind eine leichte Ergänzung des Hauptwegs sowie ein neues Teilstück weiter oben. Für die Arbeitserleichterung wichtig ist eine Zusammenlegung der durch die alte Realteilung entstandenen kleinen Terrassen bis hin zu den Splitterparzellen: Alles ohne Rodung des alten Spätburgunders.

73 Hektar umfasst das gesamt Flurbereinigungsgebiet. Davon liegen etwa 30 Hektar in den Terrassen, der andere Teil in den Hochlagen beim Försterhof und dem Altenwegshof. Die Terrassen haben es jedoch in sich, denn ihre Trockenmauern ergeben zusammen eine Länge von 27 Kilometern, wovon 20 Kilometer dringend sanierungsbedürftig sind.

Von der Fläche her betrachtet ergibt das Mauerwerk insgesamt 64 000 Quadratmeter, hat Beu berechnet. "Das sind sieben Sportplätze", gibt er eine plastische Vorstellung von dem Projekt, das in sechs bis acht Jahren abgeschlossen sein könnte. Beu schätzt die ältesten Mauern auf 300 bis 400 Jahre.

Sie und viele jüngere Abschnitte sind durch Witterungseinflüsse zerbröselt, einige sind schon zusammengefallen, können dann nicht mehr bewirtschaftet werden, sind verbuscht. Wenn nichts geschieht, kommt es zur Katastrophe für den Weinbau in dieser Spitzenlage, für den Tourismus, für die Wirtschaft und die auf Wärme angewiesene Natur.

Ein Fremdenverkehrskonzept, das nicht nur das Bestehende erhalten will, ist integrierter Bestandteil der Gesamtplanung. Lust auf die Ahr soll etwa ein Kraxelsteig mit markanten Ausblicken von der B 266 unterhalb der Bunten Kuh bis zum Aussichtsplateau in der Höhe machen.

Ferner ist vom Silberberg aus Richtung Altenwegshof zusätzlich zur Fahrstraße ein attraktiver Wanderweg geplant. Und in den Steillagen sollen die alten Treppensteige der Winzer, über die sie Jahrhunderte lang Steine, Weinbergspfähle, Dünger und Arbeitsmaterial in die Höhe und das Lesegut nach unten geschafft haben, erhalten bleiben. In das Bodenordnungsverfahren einbezogen wird auch das Heckenbachtal, einerseits für Ausgleichsflächen, andererseits zur Abrundung des Weinanbaus.

Damit wäre der dritte Aspekt des Projekts erreicht: Naturschutz. Die Bachtäler erhalten ihre alte Struktur zurück. Wie ein Mosaik sollen offene bis teiloffene Biotopsphären entstehen, auch Obstbäume sind vorgesehen, und in der Höhe könnten die Einschnitte in Naturwald übergehen, erläutert Beu.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Diese Pflanze kann fast alles
Chinesisches Wunderschilf „Miscanthus“ Diese Pflanze kann fast alles
Zum Thema
Aus dem Ressort