"Detailwissen ist Täterwissen"

Pressesprecher Harry Kolbe über die Ermittlungen im Fall Hannah

"Detailwissen ist Täterwissen"
Foto: Homann

Einen solchen Fall hat Harry Kolbe in 17 Jahren als Pressesprecher der Bonner Polizei noch nicht erlebt. Seine Aufgabe ist es zurzeit, den schmalen Grat zwischen der Information der Öffentlichkeit und einer Gefährdung der laufenden Ermittlungen zu finden. Mit Harry Kolbe sprach Hansjürgen Melzer.

General-Anzeiger: Warum gibt die Polizei das Obduktionsergebnis nicht bekannt?

Harry Kolbe: Dieses und die Ergebnisse der Spurensuche sind Detailwissen, das auch Täterwissen sein könnte. Das zwingt die Mordkommission, keine Einzelheiten in die Öffentlichkeit zu geben.

GA: In einer großen deutschen Zeitung ist von einem Sexualdelikt und Messerstichen die Rede?

Kolbe: Ich kommentiere keine Meldungen des Boulevards.

GA: Warum wurde die Suche erst am Montag intensiviert?

Kolbe: Es wurde durchgehend gesucht. Eine intensive Durchsuchung fand aber zunächst am direkten Nachhauseweg statt. Die anderen Bereiche wurden nur durchkämmt. Dabei wurde das Mädchen nicht entdeckt. Am Montag haben wir dann zielgerichtete Such- und Befragungsmaßnahmen ergriffen. Dabei wurden über 200 Haushalte aufgesucht.

GA: Es heißt, die Eltern hätten bereits gegen 21 Uhr die Polizei informiert. Sie sollen die Antwort bekommen haben, die Polizei könne erst nach Ablauf von 24 Stunden ermitteln. Ist das richtig?

Kolbe: Die Meldung ist bei der Kriminalwache um 23.22 Uhr erstattet worden. Wir nehmen natürlich jeden Vermisstenfall ernst und leiten sofort Maßnahmen ein. Um zielgerichtet vorgehen zu können, müssen die örtlichen Gegebenheiten und die Befragung des Umfelds, zum Beispiel ob ein Kind bei einem Freund ist, geprüft werden. Wir haben aber am Mittwoch erste Suchmaßnahmen über Funkstreifenwagen und Fußstreifen eingeleitet.

GA: Wie reagiert die Polizei auf die Ängste in der Königswinterer Bevölkerung, solange der Täter noch frei herumläuft?

Kolbe: Wir haben dort die Präsenz erhöht. Es sind Fuß- und Fahrradstreifen und Diensthundeführer unterwegs. Die Polizei muss den Menschen ein Sicherheitsgefühl geben. Darum geht es und nicht darum, dass eine konkrete Gefährdung von Schülern vorliegt.

GA: Haben Sie Vergleichbares schon einmal erlebt?

Kolbe: Nein. Ich habe einen vergleichbaren Fall noch nicht begleitet. Besonders angesichts der hohen Medienpräsenz versuchen wir einen beruhigenden Einfluss auf manche Journalisten zu nehmen. Auf der anderen Seite beeindruckt mich das engagierte Verhalten der Schüler, die wir bei ihrem Fackelzug unterstützen werden.

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