Verständigungsbedarf auf beiden Seiten

GA-Chefredakteur Joachim Westhoff bei den "Poppelsdorfer Schloßgesprächen" zur Rolle der Medien in der Bioethik-Debatte

  Reagenzgläser, Pipetten, Petrischalen:  Was in Genlabors geschieht, macht vor allen Dingen denjenigen Menschen Angst, die es nicht verstehen.

Reagenzgläser, Pipetten, Petrischalen: Was in Genlabors geschieht, macht vor allen Dingen denjenigen Menschen Angst, die es nicht verstehen.

Foto: dpa

Bonn. (piw) Nun sag'', wie hast du''s mit der Biotechnik? Die Gretchenfrage aus dem "Faust" bezieht sich zwar auf Religion - aber auch das Gespräch über die Genforschung ist heute fast zur Glaubensfrage geworden. Wird sie Krankheiten verhindern und den Wohlstand der Menschen fördern? Oder bedeutet sie, wie Doktor Frankenstein dem lieben Gott ins Handwerk zu pfuschen?

Was die Leute darüber denken, hat oft damit zu tun, was Zeitungen und Fernsehen darüber berichten. Professor Michael Hoch und sein Elite-Studiengang "Molekulare Biomedizin" befragten deshalb GA-Chefredakteur Joachim Westhoff bei ihren interdisziplinären "Poppelsdorfer Schloßgesprächen" über "Die Rolle der Medien in der Bioethik-Debatte".

Westhoff legte dabei auch allgemein dar, wie Tageszeitungen funktionieren. "Unsere Hauptaufgabe ist, jeden Tag die Welt ein Stückchen zu erklären, indem wir komplizierte Sachverhalte auf kurze, aber nicht verkürzende Formeln bringen." Dies bedeute auch, dass die Medien stets ein Spiegel der Gesellschaft seien.

In der Bioethik-Debatte hätten die Journalisten deshalb zunächst ebenso lernen müssen wie alle Zeitgenossen, merkte Westhoff selbstkritisch an. "Warum waren wir dem Stoff nicht immer gewachsen? Ich glaube, weil niemand ihm gewachsen ist." Die Medien hätten der Diskussion dabei nicht "bis in die feinsten Verästelungen folgen" können.

"Wir haben versucht, möglichst viele Stimmen einzuholen. Darunter waren sicherlich auch viele falsche." Gerade dieses "Übersetzen und Weitergeben" mache aber den Kern des Wissenschafts-Journalismus aus, nicht möglichst große Nähe zum Fach.

Leider gebe es aber auch bei manchen Wissenschaftlern einen gewissen Hang zu vorschnellen Erfolgsmeldungen, die die spektakulären Möglichkeiten ihrer Arbeit hervorhöben, aber die Tatsache verschwiegen, dass fast alle Forschung auf diesem Gebiet noch am Anfang steht. "Unser Nichtwissen ist immer noch größer als unser Wissen. Wir sollten darauf hinweisen und bescheidener werden."

Wieviel Verständigungsbedarf über das gegenseitige Tun zwischen Wissenschaftlern und Journalisten auf beiden Seiten noch immer besteht, zeigte auch die Fragerunde: Sie war von etlichen Vorbehalten gegen den zeitgenössischen Journalismus geprägt. Die Zuhörer übten teilweise scharfe Kritik an "technikfeindlichen", stark gefühlsbetonten Beiträgen vor allem des Fernsehens.

Westhoff lehnte jedoch die Forderung eines Zuhörers ab, zum Ausgleich auch über die Vorteile der Technik gefühlsbetont zu berichten. "Wir sind misstrauisch geworden. Wir werfen uns nicht in die Bresche für eine Technologie, von deren Folgen wir noch nichts wissen."

Er wies auch den Vorwurf zurück, Journalisten machten mit krassen Fehldarstellungen absichtlich Stimmung gegen die Biotechnologie - indem sie zum Beispiel Bilder zeigten, auf denen Figuren im Weißkittel mit der Injektionsnadel auf Maiskolben losgehen. "Bei Fehlern wird immer gleich Bösartigkeit unterstellt. Dabei ist es meistens nur Unachtsamkeit."

Kein Chefredakteur könne und wolle seinen Mitarbeitern schließlich die Texte in die Feder diktieren. "Es ist nicht so, dass jeder schreiben darf, was er will. Aber niemand wird gezwungen, etwas zu schreiben, was er nicht will."

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