Das "Studium auf Probe" ist out

Nach viel Zählerei in der Bonner Uni-Verwaltung liegen jetzt die offiziellen Studentenzahlen nach Einführung der Langzeitgebühren vor

  Studieren ist teuer geworden:  Seit Einführung der Langzeit-Studiengebühren haben 6 192 Studenten der Universität Bonn den Rücken gekehrt.

Studieren ist teuer geworden: Seit Einführung der Langzeit-Studiengebühren haben 6 192 Studenten der Universität Bonn den Rücken gekehrt.

Foto: Lannert

Bonn. Das erste Bonner Semester mit Studiengebühren neigt sich dem Ende zu: Seit April dürfen manche Studenten die Universität nur noch besuchen, wenn sie zuvor 650 Euro pro Semester an die Kasse der Hochschule überweisen haben. Bislang lagen nur Schätzungen vor, wie stark sich das auf die Studentenzahlen an der Uni und den einzelnen Fachbereichen ausgewirkt hat. Nach viel Zählerei gibt es jetzt die genauen Zahlen. Sie verraten: Die Gebühren haben zu einem Studentenschwund um 16,7 Prozent geführt.

Offiziell gibt es derzeit 30 802 Immatrikulierte, 6 192 weniger als im letzten Sommersemester. Der Verlust ist damit nicht ganz so hoch wie erwartet und nicht weit über dem Landesdurchschnitt von 15 Prozent. Die Zahlen zeigen, wo es besonders viele "Karteileichen" gab, also solche Studierende, die längst nicht mehr die Hörsäle bevölkern, aber doch das Studi-Ticket oder die sonstigen Studentenermäßigungen nutzen: Die hatten sich besonders häufig in den Geisteswissenschaften angemeldet.

Laut Sprecher Andreas Archut geht die Universität inzwischen davon aus, dass es sich bei der überwältigenden Mehrheit der Exmatrikulationen um Fälle handelt, in denen das Studium nur noch "auf dem Papier" betrieben wurde: "Zu nennenswerten Besucherrückgängen in den Lehrveranstaltungen der Fakultäten ist es jedenfalls nicht gekommen."

Auch hat der Studentenschwund auf die Finanzierung der Universität selbst keine unmittelbare Auswirkung, da bei personenabhängigen Mittelzuweisungen schon seit Jahren nur die Studierenden innerhalb der Regelstudienzeit berücksichtigt werden. Direkt betroffen sind dagegen das Studentenwerk und die studentische Selbstverwaltung - also der AStA und die Fachschaften -, die über den Semesterbeitrag "pro Kopf" Gelder einnehmen und nun mit einem zweistelligen Rückgang zurechtkommen müssen.

Die Philosophische Fakultät, traditionell die zahlenstärkste in Bonn, hält zwar auch im Sommersemester ihre Spitzenposition, schrumpfte aber um fast 25 Prozent auf nunmehr rund 11 500 Studenten. Besonders groß ist der Schwund in vielen klassischen Lehramtsfächern wie Romanistik, Geschichte und Anglistik, die in Bonn seit dem Wintersemester 2002/03 nur noch in Magister-Studiengängen angeboten werden. Viele verloren über 30, einige gar über 40 Prozent ihrer Studenten.

Besonders alarmierend ist dies, wenn sich, wie etwa in der Romanistik oder der Philosophie, auch die Einschreibezahlen gegenüber dem Vorjahr halbiert haben. Gegen den Trend wuchsen die Zahlen aber in den neuen Studienangeboten der Fakultät kräftig an, so etwa in Regionalwissenschaften Japan sogar um über 40 Prozent.

Dass insgesamt weniger Studierende als im Vorjahr ihre Ausbildung an der Uni Bonn begonnen haben, erklärt Archut ebenfalls mit den Gebühren: "Die verhindern, dass man sich probeweise einschreibt, wie es bislang gerade in den Geisteswissenschaften durchaus üblich war." Jetzt würde das bereits das Studienkonto belasten - und so den Termin näherrücken lassen, ab dem es zu zahlen gilt.

In ähnlichen Größenordnungen wie die Philosophische Fakultät sind die beiden theologischen betroffen: Die katholische Theologie büßte 30 Prozent ihrer Studenten ein und die evangelische Theologie verlor 23 Prozent, während die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät einen Rückgang um 20 Prozent verzeichnet - allerdings gibt es in Volkswirtschaftslehre jetzt eine Zugangsbeschränkung.

Die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät verlor lediglich 12,7 Prozent ihrer Studenten. Dort ragt lediglich die Mathematik mit einem Minus von 27 Prozent heraus. In der Geographie steht einem Verlust von 23,5 Prozent an der Gesamtzahl eine gestiegene Zahl an Erstsemestern gegenüber.

Die Medizinische Fakultät verzeichnet zwar ein Minus von 10 Prozent, doch ist dabei zu berücksichtigen, dass sie im Medizinischen Studiengang zum Sommersemester erstmals nicht immatrikulierte. Lediglich die Landwirtschaftliche Fakultät verlor mit einem Rückgang von rund vier Prozent kaum Studierende.

Und kaum ist das Verfahren abgeschlossen, beginnt es von neuem: In den nächsten Tagen gehen die Gebührenbescheide fürs Wintersemester hinaus. Wie die Uni mitteilt, muss jeder, der einen Gebührenbescheid erhält, bis spätestens 31. August die Studiengebühren überweisen - sonst droht die Zwangsexmatrikulation.

Gebührenbescheide vom Sommersemester werden nicht neu versandt, sondern bleiben bis zum Ende des jeweiligen Studiums auf Dauer in Kraft. Wichtig: Widerspruch gegen den Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Wer einen bekommt, muss zunächst einmal zahlen, um nicht die Exmatrikulation zu riskieren. Formulare für Härtefallanträge, Korrekturen und Bonusguthaben gibt''s im Internet unter www.uni-bonn.de/Studium/Studentensekretariat/Studienkonten.html.

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