Prüfung im Jahr 2004? "Vergiss es!"

Bonner Lehramts-Studenten sind beunruhigt: Prüfer im erziehungswissenschaftlichen Begleitstudium werden ab 2005 rar - Institut, Fakultät und Rektorat sind auf der Suche nach Lösungen

Prüfung im Jahr 2004? "Vergiss es!"
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Bonn. Sie wissen, dass sie ein Auslaufmodell sind - die rund 2 000 Bonner Lehramtsstudenten. Die letzten konnten zum Sommersemester 2002 hier ihr Studium aufnehmen, denn bis zum 1. Oktober 2008 muss nach dem Willen der Landesregierung die Lehrerausbildung in Bonn abgewickelt sein.

Den Lehrämtlern ist von der Uni garantiert worden, dass sie ihr Studium in der Regelstudienzeit in Bonn abschließen können - doch in den letzten Wochen brodelte die Gerüchteküche, es gebe nicht mehr genügend Prüfer für den Abschluss des erziehungswissenschaftlichen Begleitstudiums. Das führte bei nicht wenigen Lehramtskandidaten zur Panik: Sie befürchten, dass sich ihre Studienzeit verlängert.

Grundlage waren Berechnungen des Schulpädagogen Professor Volker Ladenthin. Demnach wird die Zahl der prüfungsberechtigten Dozenten bis 2005 so stark zurückgehen, dass auf jeden Prüfer pro Semester rund 130 Examina zukommen. In einem reißerischen Artikel in der Zeitschrift des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) hieß es, man könne von Glück sagen, wenn man für 2005 noch einen Termin ergattere: "Falls du dich 2004 bei Professor Ladenthin prüfen lassen wolltest: Vergiss es!" Und man solle sich beim Dekan beschweren.

Tatsächlich erhielt Professor Georg Rudinger Beschwerdeschreiben von Studierenden, viele allerdings anonym - aus Angst, Protest könne sich negativ auf den weiteren Studienweg auswirken. Inzwischen haben sich die Fachschaft Erziehungswissenschaften und der Arbeitskreis Lehramt des AStA eingeschaltet, um den Gerüchten entgegenzuwirken und die Studenten über die Maßnahmen zu informieren, die auf den verschiedenen Ebenen ergriffen werden, um dem drohenden Engpass zu begegnen.

"Zu unserer Informationsveranstaltung kamen 120 Studierende", sagte Katrin Plowe von der Fachschaft auf GA-Anfrage. "Es wurde klar, dass jede Menge Gerüchte kursieren, die das Feuer der Angst eher zu schüren vermögen als zu löschen."

Das "einflussreichste Gerücht" besage, dass Prüflinge von ihren Prüfern abgewiesen worden seien, da Prüfungen "bis in die nächsten Jahre ausgebucht" seien. Die Fachschaft habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, um auch nur eine Bestätigung für dieses Gerücht zu bekommen - vergeblich.

Und auch Professor Norbert Hilgenheger, derzeit Geschäftsführender Direktor am Erziehungswissenschaftlichen Institut, bekräftigt: "Wir haben jeden geprüft, der geprüft werden wollte." Die Fachschaftlerin legt Wert auf die Feststellung, dass beide verbliebenen Professoren, Ladenthin und Hilgenheger, bereits in den letzten Jahren "uns zuliebe im Akkord geprüft haben und alles in ihrer Macht Stehende tun, um das Schiff vor dem frühzeitigen Untergehen zu bewahren und das Leck noch zu stopfen". Das Institut leite auch alle neuen Erkenntnisse in der Sache an die Fachschaft weiter.

Dass Handlungsbedarf besteht, ist allen klar, denn es sind bereits Stellen weggefallen, und einige der fünf emeritierten Professoren, die bislang auch noch Prüfungen abgenommen haben, können dies aus Altersgründen bald nicht mehr. Laut Plowe wird es auch in den Seminaren eng. Hilgenheger bestätigt: "Wenn sich gegenüber der gegenwärtigen Stellensituation nichts ändern würde, bekämen wir ab 2005 ein großes Problem."

Kritisch sei bereits jetzt der Herbsttermin, der wegen des unmittelbar anschließbaren Referendariats von der Mehrheit der Studierenden gewählt werde. Diesmal seien 156 Kandidaten geprüft worden, bei 60 sei er selbst als einer der beiden Prüfer beteiligt gewesen. Dabei gelte als Richtgröße gemäß einer Absprache mit dem Staatlichen Prüfungsamt, dass jeder Prüfer pro Termin etwa 30 Kandidaten betreuen solle. Es sei wichtig, jetzt schon Vorsorge für die Zeit ab 2005 zu treffen, da die Studierenden für die Planung ihres Hauptstudiums wissen wollten, welche Prüfer dann noch zur Verfügung stehen.

Auf Fakultätsebene haben sich laut Rudinger sowohl die Strukturkommission der Philosophischen Fakultät als auch der Fakultätsrat mit der Lage befasst. Dort sei festgestellt worden, dass die Prüfungsauslastung innerhalb der Erziehungswissenschaften "sehr unausgewogen repräsentiert" sei, eine "Belastung von 130 Prüfungen pro Prüfer pro Semester jedoch keinesfalls erreicht" werde. Das Institut solle deshalb ein besseres Prüfungsmanagement betreiben, um eine gleichmäßigere Auslastung zu erreichen.

Hilgenheger gibt dagegen aber zu bedenken, dass die Studierenden für den Erstprüfer ein Vorschlagsrecht haben, das in der Regel berücksichtigt wird und allein der Zweitprüfer vom Prüfungsamt zugeordnet werde. Dabei sei darauf zu achten, dass auch die jeweiligen Wahlpflichtfächer abgedeckt werden. Zur mittelfristigen Bedarfsdeckung habe die Fakultät beschlossen, dass Professor Wolfgang Baßler bis April 2005 bleibt. Ferner solle die Stelle von Hochschuldozentin Barbara Schneider über 2005 hinaus verlängert werden.

Darüber habe er inzwischen auch schon mit dem Rektorat gesprochen, das zugesichert habe, dazu eine Lösung zu suchen. Schließlich stehe eine seit einiger Zeit unbesetzte Stelle im Institut weiterhin zur Verfügung und könne auch "prüfungsrelevant" besetzt werden.

Laut Hilgenheger war der Antrag des Instituts, Schneider auf diese Stelle zu übernehmen, vom Rektorat abgelehnt worden. Weiterhin regt Rudinger an, dass das Rektorat mit dem Prüfungsamt erörtern solle, ob beide Prüfer Professoren sein müssen oder ob es beim zweiten auch eine C1-Stelle sein dürfe. Hilgenheger ist indes skeptisch, ob junge Nachwuchswissenschaftler dieser Aufgabe gewachsen seien. Er wehre sich gegen einen "Ausverkauf der Bonner Lehrerausbildung, wo am Ende die Reste verramscht werden".

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