Unterwegs im Kampf gegen Brombeerranken

Natalie Streich und Sebastian Schneider sind die Ersten, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr bei derBiologischen Station in Bonn machen. Harte Arbeit, pieksende Pflanzen und froschgrüne Anzüge sind inklusive

"Das waren körperlich harte Probetage", sagt die 20 Jahre alte Natalie Streich. Sie meint die Bewerbungsrunde um das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) bei der Biologischen Station Bonn im April. Natalie war eine von 15 Bewerbern. "Wir haben im Wald mit einer Spaltaxt gefällte Stämme geviertelt. Die Axt ist mindestens einen Meter lang gewesen und war so schwer, dass ich sie kaum hochkriegen konnte", berichtet sie. Ihr Einsatz hat sich gelohnt. Denn die Bonnerin Natalie Streich und ihr 16 Jahre alter Mitbewerber Sebastian Schneider aus Bornheim bekamen die ersten beiden FÖJ-Stellen, die in Bonn eingerichtet wurden.

Das Freiwillige Ökologische Jahr gilt für Schulabgänger als Orientierungsjahr im Bereich der ökologischen Berufe. Ideal für Natalie, die nach dem Abitur keine Idee hatte, was sie beruflich machen wollte. Ideal auch für Sebastian, der eigentlich Koch werden wollte, aber nach dem Hauptschulabschluss keine Lehrstelle fand und sich anders orientieren musste. Am 1. September begann für die Beiden der Schnupperkurs in Sachen Ökologie. Die Biologische Station ist ein guter Ort dafür. Denn das erklärte Ziel des Vereins ist der Natur- und Artenschutz im Bonner Stadtgebiet. Unter den hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern sind sowohl Biologen und Forstwirte als auch Landschaftspfleger.

Der erste Arbeitstag begann für Natalie und Sebastian gemütlich mit einem gemeinsamen Kaffee. Christian Chmela, Leiter der Station, und der für die Jugendlichen zuständige Landschaftspfleger Thomas Friedrich erklärten Grundlegendes und statteten den Nachwuchs mit Arbeitskleidung aus: Stahlkappenschuhe und ein froschgrüner Anzug. Der stieß bei Natalie nicht auf Begeisterung. "Aber was sein muss, das muss sein, und praktisch ist er ja", sieht sie inzwischen ein. Nach dem Kaffee ging es auf Erkundungstour. Christian Chmela stellte Sebastian und Natalie die 17 Projekte der Station vor, das Naturschutzgebiet auf dem Rodderberg etwa und die Düne in Tannenbusch. Dort fanden die Beiden dann auch die Baumstämme wieder, die sie am Probetag geviertelt hatten. Sie dienen nun als Zaunpfosten. "Schon am ersten Tag haben wir viel gelernt. Zum Beispiel, dass in Dünen Pflanzen wachsen, die wenig Nährstoffe brauchen. Und wenn zu viele Hunde dort ausgeführt werden, gibt es dadurch zu viele Nährstoffe und die dort heimischen Pflanzen werden verdrängt", berichtet Natalie. Andere Sachen lernt man schon mal durch bittere Selbsterfahrung. So musste Sebastian feststellen, dass Rubinien Stacheln haben, und Landschaftspfleger Thomas Friedrich holte sich Brandblasen, als er die Gefahren der Pflanze Bärenklau erklärte. Ihr milchig weißer Saft führt beim Menschen in Verbindung mit Sonnenstrahlen zu Blasenbildungen. Inzwischen haben Natalie und Sebastian schon hart gearbeitet. So haben sie zwei Wochen in der Alfterer Kiesgrube meterhohe Brombeeren abgeschlagen und die Steilwand der Grube, die nun wieder Wildbienen als Heimat dient, freigelegt. "Jetzt erst kann man sehen, was das für ein tolles Biotop ist", freut sich Natalie und fügt grinsend hinzu: "Allerdings habe ich bei der Arbeit in der Kiesgrube auch gelernt, was für unterschiedliche Aua-Schreie Menschen ausstoßen, wenn sie sich mit Brombeerdornen streiten." Andere Jugendliche, die in Nordrhein-Westfalen ein soziales Jahr absolvieren, lernen die Zwei auf Seminaren kennen. Im nächsten Jahr steht sogar eine mehrtägige Erkundung des Wattenmeeres auf dem Plan.

Zwei Monate haben Sebastian und Natalie jetzt hinter sich. Und sie sind begeistert. Zum einen von der lockeren Atmosphäre in der Station, zum anderen von der Sache an sich. Sebastian will zwar immer noch am liebsten Koch werden, aber etwas Ökologisches kann er sich nun auch vorstellen. Und Natalie setzt sich so sehr für das Freiwillige Ökologische Jahr ein, dass sie sich als Landesdelegierte hat wählen lassen. Sie will dafür sorgen, dass das FÖJ in der Öffentlichkeit bekannter wird. Und sie möchte auch gerne einen Beruf lernen, der mit Umweltschutz zu tun hat. Doch zuerst erwartet die Beiden im Winter der Rückschnitt der Weiden in den Siegauen.

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