Kommentar zu Macrons Europa-Appell Zeit zum Aufbruch

Meinung | Paris · Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron sieht die Einheit Europas in Gefahr und wendet sich in einem offenen Brief an die Europäer. Sehr gewagt, meint unser Autor.

 Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, kommt zu einem EU-Gipfel. Foto: dpa

Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, kommt zu einem EU-Gipfel. Foto: dpa

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Emmanuel Macron hat es wieder getan. Der französische Präsident hat sich mit einem flammenden Appell für ein Zusammenwachsen Europas stark gemacht. Das ist sehr gewagt. Bereits mit seiner Sorbonne-Rede 2017 hatte er die EU-Partner – allen voran Deutschland – überfordert. Praktisch alle Forderungen sind danach verpufft. Grund war vor allem die Zögerlichkeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel, endlich Farbe in Sachen Europa zu bekennen. Dieses Abwarten hat nicht nur den deutsch-französischen Beziehungen schwer geschadet, es hat auch das Bild des uneinigen Europas zementiert.

Dennoch ist es richtig, dass Macron erneut vorprescht. Europa wird von vielen Gefahren bedroht: dem Brexit, dem aufkeimenden Nationalismus, aber auch von den Zweifeln in der eigenen Bevölkerung am Sinn der EU. Will die Union diese existenzielle Krise überstehen, muss der Weg des politischen Durchwurschtelns und der wirtschaftlichen Flickschusterei ein Ende haben. Die Herausforderungen der Zukunft erfordern mutiges Zupacken.

So endet soziale Gerechtigkeit in einer Welt der globalen Migrationsbewegungen nicht am Schlagbaum des eigenen Landes. Dazu gehört auch, dass die EU in der Lage sein muss, die Grenzen effektiv zu schützen, ohne die Menschenrechte mit Füßen zu treten. Die Staaten der EU müssen auch zeigen, dass sie sich nicht von weltweit agierenden Unternehmen auf der Suche nach Steueroasen ausspielen lassen.

Will Europa weiter in Frieden und Wohlstand leben, muss es besser zusammenarbeiten und die nötigen Reformen mutig angehen. Genau das hat Macron nun schon zum zweiten Mal laut ausgesprochen. Die anderen Mitgliedstaaten dürfen ihn nicht noch einmal im Stich lassen.

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