Empörung im US-Kongress Trump provoziert mit rassistischen Tweets

Washington · Vier weibliche Kongressabgeordnete werden zum Ziel von Trumps Abscheu gegen Migranten. Der Aufschrei ist groß. Doch Trump legt noch nach. Das Timing für seine Attacke kommt nicht von ungefähr.

Nach einer Serie unverhohlen rassistischer Kommentare Donald Trumps rollt eine Welle der Empörung durch den US-Kongress – bisher allerdings fast ausschließlich durch die Reihen der Demokraten. Beim Slogan „Make America Great Again“ sei es in Wahrheit immer nur darum gegangen, Amerika wieder weiß zu machen, kritisiert Nancy Pelosi, die Chefin der Abgeordnetenkammer. Dabei mache gerade die Vielfalt die Stärke des Landes aus.

Vorausgegangen waren Twitter-Zeilen des Präsidenten, mit denen er vier junge, aufstrebende Parlamentarierinnen aufforderte, in ihre Heimatländer „zurückzugehen“ und dabei zu helfen, „die total kaputten und von Kriminalität verseuchten Orte“ in Ordnung zu bringen, aus denen sie gekommen seien. Es sei interessant zu beobachten, schrieb er in einem anderen Tweet, dass „progressive“ demokratische Abgeordnete, die aus Ländern stammten, deren Regierungen die schlimmsten, korruptesten und unfähigsten auf der ganzen Welt seien, dem Volk der Vereinigten Staaten, der großartigsten und mächtigsten Nation der Welt, lautstark und boshaft vorschreiben wollten, wie ein Staat zu funktionieren habe.

Ohne Namen zu nennen, spielte Trump auf ein Quartett von Politikerinnen an, das erst im November den Sprung in den Kongress geschafft hatte und seither auf dem linken Flügel der Demokraten aktiv ist. Nur wurden drei der vier Frauen, gegen die sich sein Angriff richtet, in den USA geboren. „Herr Präsident, das Land, aus dem ich komme, das Land, dem wir alle unsere Treue schwören, das sind die Vereinigten Staaten“, konterte denn auch Alexandria Ocasio-Cortez, mit 29 die Jüngste, die je ins Repräsentantenhaus gewählt wurde.

AOC, wie sie nach ihren Initialen meist nur genannt wird, kam in New York zur Welt. Ihre Mutter war aus Puerto Rico in die Bronx gezogen, wo ihr Vater von Kindheit an gelebt hatte. Rashida Tlaib hingegen ist die Tochter palästinensischer Migranten. Ayanna Pressley, die erste Afroamerikanerin, die den Ostküstenstaat Massachusetts im Parlament vertritt, stammt aus Cincinnati. Sie wuchs in Chicago auf, ehe sie in Boston studierte. Nur Ilhan Omar, neben Tlaib die erste Muslimin in der Geschichte der amerikanischen Legislative, wurde im Ausland geboren, in Mogadischu, und floh mit ihrer Familie vor dem Bürgerkrieg in Somalia.

Im Februar hatte Omar für Wirbel gesorgt, als sie antisemitische Klischees aufwärmte und behauptete, viele im Kongress unterstützen Israel nur deshalb, weil sie von einer jüdischen Lobbygruppe bezahlt würden. Sie entschuldigte sich, Trump indes legte am Montag, fünf Monate nach dem Fauxpas, noch einmal nach.

Da die vier häufig gemeinsam auftreten, bisweilen auch im Richtungsstreit mit einer moderaten Fraktion um Pelosi, hat man ihnen den Beinamen „The Squad“ gegeben – die Mannschaft. Und da ihre Vorfahren nicht aus Europa in die Neue Welt kamen, symbolisieren sie den Wandel in einer Republik, deren sich ändernde Demografie sich allmählich auch in der Zusammensetzung ihrer Institutionen widerspiegelt.

Zugleich stehen sie für den Kontrast zu Trump, der die Abstiegsängste weißer Mittelschichtsamerikaner zu schüren versteht. Bereits vor anderthalb Jahren sprach er in kleiner Runde mit Senatoren von den „Dreckslochländern“, aus denen zu seinem Leidwesen zu viele Menschen einwanderten. Gemeint waren Haiti und Teile Afrikas, während der Präsident lebhaft bedauerte, dass man nicht mehr Norweger aufnehme.

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