GA-Klimazeitung Aussagen und Irrtümer zum Klimawandel im Faktencheck

Bonn · Egal, wie tief die Wissenschaft in das Erdklimasystem vordringt und ihr Wissen vermehrt: Einige Skeptiker-Argumente erweisen sich als immun und überleben am Stammtisch alle Fakten. Wir machen einen Faktencheck.

Mit der Alternative für Deutschland (AfD) sitzt der „organisierte Klimazweifel“ inzwischen im Bundestag. Zwar forderte deren Jugendorganisation nach der Europawahl von ihren Funktionsträgern, „von der schwer nachvollziehbaren Aussage Abstand zu nehmen, der Mensch würde das Klima nicht beeinflussen“, aber die sehen weiterhin die Sonnenaktivität als Ursache und plädieren dafür, die Energiewende abzubrechen. Auch abseits der AfD vertreten sogenannte Klimaskeptiker krude Thesen, verweisen dabei gerne auf den „gesunden Menschenverstand“ und durften das sogar recht lange in den Talkshows der Öffentlich-Rechtlichen, die offenbar selbst Opfer jener Propaganda geworden waren, die behauptete, die Wissenschaft sei uneins über die Ursache des Klimawandels.

Die Motive, wissenschaftliche Erkenntnis zum Klimawandel zu bezweifeln, sind vielfältig. „Einige sehen durch die geforderten Klimaschutz-Maßnahmen die Wirtschaft gefährdet“, sagt der Klimatologe Professor Christian-Dietrich Schönwiese, „andere fürchten um ihren Lebensstandard, wieder andere möchten eines unserer Weltprobleme gerne loswerden.“ Dann gebe es noch die Gruppe, die aus eigenen wirtschaftlichen Interessen Unsicherheit schürt. Dabei sei es eine „unbezweifelbare Grundtatsache: Wenn wir die Zusammensetzung der Erdatmosphäre durch die Anreicherung von Treibhausgasen ändern, muss das aus prinzipiellen physikalischen Gründen zu Klimaänderungen führen.“ Nachfolgend eine Auswahl der Skeptiker-Argumente und der wissenschaftliche Stand dazu.

„Es gab schon immer Warm- und Kaltzeiten, angetrieben von großen natürlichen Kräften. Der Mensch überschätzt sich, wenn er glaubt, er könne das Klima ändern“

Faktencheck: Vergangene Klimaschwankungen waren durch Zyklen der Erdbahnparameter verursacht, die die Sonneneinstrahlung variierten ließen (siehe Infokasten). Dies ist aktuell nicht der Fall. Wesentlich: Am Ende der letzten Kaltzeit dauerte es rund 1000 Jahre, bis die Erde sich (im Durchschnitt) um ein Grad Celsius erwärmt hatte. Die aktuelle Temperaturerhöhung um ein Grad hat sich jedoch in 100 Jahren vollzogen und verläuft also um den Faktor zehn schneller.

„Die Aktivitätszyklen der Sonne haben die globale Erwärmung ausgelöst“

Faktencheck: Der Einfluss besteht grundsätzlich, ist aber viel zu schwach. Zahlreiche Studien haben die Sonne als Ursache der seit vielen Jahrzehnten gemessenen Erwärmung widerlegt. Seit einigen Jahrzehnten strahlt die Sonne zudem schwächer und hätte zu einer Abkühlung um 0,1 Grad Celsius geführt. Tatsächlich ist die globale Erwärmung aber fortgeschritten.

„Warum sollen wir Klimamodellen vertrauen, die Aussagen über die nächsten 100 Jahre machen, wenn Meteorologen noch nicht einmal das Wetter für drei Tage vorhersagen können?“

Faktencheck: Klingt nur plausibel, ist es aber nicht. Es werden Äpfel mit Birnen verglichen. „Wetter“ und „Klima“ sind nicht dasselbe. „Wetter“ ist das aktuelle Geschehen – ein chaotisches System, das von zahllosen Faktoren beeinflusst wird und sich deshalb nicht punktgenau vorhersagen lässt. „Klima“ hingegen ist der Langzeit-Durchschnitt aller Wetterlagen – und der lässt sich mit den heutigen Supercomputern durchaus simulieren und prognostizieren. Es ist ähnlich wie in der Medizinstatistik: Ob ein einzelner Mensch eine bestimmte Krankheit bekommt, lässt sich nicht vorhersagen – wie viel Prozent einer Bevölkerungsgruppe an diesem Leiden erkranken werden, aber sehr wohl. Das Vertrauen in die immer mehr verfeinerten Klimamodelle ist vor allem deshalb gestiegen, weil sie den Klima-Vergangenheits-Test bestanden haben: So konnten die Modelle sowohl das warmen Mittelholozän vor 6000 Jahren als auch das letzte glaziale Maximum (Höhepunkt der letzten Vereisung) vor 21.000 Jahren simulieren. Auch der globale Temperaturtrend des 20. Jahrhunderts zeigt sich „im Supercomputer“, dazu die stärkere Erwärmung der Arktis oder kurzfristige, weltweite Abkühlungseffekte nach großen Vulkanausbrüchen. Schwachstellen der Modelle liegen in der Simulation von Rückkopplungseffekten. Zum Beispiel: Wenn das Meereis verschwindet, bleibt eine dunkle Fläche übrig, die mehr kurzwelliges Sonnenlicht in langwellige Wärmestrahlung verwandelt.

„Vulkane stoßen viel mehr Kohlendioxid aus als der Mensch“

Faktencheck: Die atmosphärische Konzentration an Kohlendioxid (CO2) ist in den letzten 10.000 Jahren in etwa konstant geblieben. Allein diese Tatsache verdeutlicht, dass der vulkanische CO2-Ausstoß gegenüber dem des Menschen unbedeutend sein muss. Wissenschaftler veranschlagen das vulkanische CO2 auf ein Prozent der vom Menschen freigesetzten CO2-Menge (etwa durch Nutzung fossiler Energieträger, Waldrodung, Brennholznutzung, Zementproduktion) pro Jahr.

„Die aktuelle Klimahysterie ähnelt stark der Panikmache ums Waldsterben oder ums Ozonloch. Der Wald steht noch, und das Ozonloch schließt sich“

Faktencheck: Dieser Standpunkt ignoriert, dass das Waldsterben wesentlich durch die Einführung von Rauchgasentschwefelungsanlagen in der westlichen Industrie gestoppt wurde. Durch das Montreal-Protokoll (1979) wurde zudem die ozonzerstörende Substanzklasse der Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) verboten.

„Nicht einmal die Wissenschaft ist sich beim Klimawandel einig. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis für den Treibhauseffekt“

Faktencheck: Das Argument bezieht sich vor allem auf die sogenannte Oregon-Petition, in der 1998 mehr als 31.000 Wissenschaftler die oben genannte These formulierten und unterzeichneten. Problem: Es handelt sich nicht um Klimaforscher. Die letzte Metastudie („Konsens über den Konsens“/2016) dazu, durchgeführt von der Harvard-Wissenschaftshistorikern Naomi Oreskes und sechs Kollegen, bestätigt eine 2013 durchgeführte Prüfung, wonach 97 Prozent der Klimaforscher darin übereinstimmen, dass die globale Erwärmung hauptsächlich von den freigesetzten Treibhausgasen der Zivilisation verursacht wird. Basis der Beurteilung waren Tausende von in Fachzeitschriften veröffentlichten Studien. Tendenz: Je höher die Fachkompetenz der Studienautoren sei, desto mehr gehe die Übereinstimmung Richtung 100 Prozent.

(Quellen: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Umweltbundesamt)

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