Keine Minute langweilig "Warten auf Godot" kommt nach Bonn

Bonn · Der Klassiker des absurden Theaters feiert am Donnerstag Premiere auf der Bonner Werkstattbühne. Regisseurin Luise Voigt erklärt, warum das Stück einen Umbruch markiert.

 Regisseurin Luise Voigt inszeniert zum zweiten Mal ein Stück am Bonner Theater. FOTO: THILO BEU

Regisseurin Luise Voigt inszeniert zum zweiten Mal ein Stück am Bonner Theater. FOTO: THILO BEU

Foto: Thilo Beu

Wahrscheinlich wusste Samuel Beckett 1952 nicht, dass er mit „Warten auf Godot“ gerade das Paradebeispiel für absurdes Theater publiziert hatte. Ebenso wenig war ihm wahrscheinlich klar, dass der Titel irgendwann in vielen Sprachen zur Redewendung werden sollte – für langes, sinnloses Warten. Denn das ganze Stück lang hoffen die Protagonisten Estragon und Wladimir vergeblich auf die Ankunft des mysteriösen Godot. Regisseurin Luise Voigt bringt die Geschichte nun zurück auf die Bonner Theaterbühne.

„,Warten auf Godot' markiert eine Gattungsgrenze“, erklärt sie die anhaltende Faszination des Stücks. Der Text spiele konstant mit den Zuschauererwartungen, die damals noch von einem Theater mit eindeutiger Handlung geprägt waren. „Die Zuschauer werden immer wieder dazu eingeladen, dass sie glauben, es wird jetzt weitergehen, es wird doch noch etwas Neues passieren, Godot wird jetzt kommen. Aber das wird immer wieder durchkreuzt.“

Ein Stück über unerschütterliche Freundschaft

Was im ersten von zwei Akten geschehen ist, haben die Figuren im zweiten schon wieder vergessen. Teilweise können sie sich nicht mal ein paar Sätze weit zurückerinnern. „Es gibt keine objektive Wahrheit, keine Realität mehr. Die Figuren haben keinerlei Gewissheit“, kein Zuhause, keine Arbeit, sagt die Berliner Regisseurin. „Das Einzige, was stabil ist, ist die Beziehung zwischen Wladimir und Estragon.“ Ihre unerschütterliche Freundschaft sei etwas sehr Lebensnahes, mache das Stück berührend und mitreißend.

Eine echte, verlässliche und tiefe, aber auch von Abhängigkeit geprägte Freundschaft zwischen zwei alten Männern. Demgegenüber stehen der Landbesitzer Pozzo und sein Sklave Lucky, deren Beziehung klar hierarchisch, aber ebenso von Abhängigkeit geprägt sei. Die Beziehungen wiesen auf etwas Zentrales im Stück hin: „Wir brauchen Gemeinschaft, wir brauchen den anderen, um uns unser selbst bewusst zu sein.“

Während sie auf Godot warten, vertreiben sich Estragon und Wladimir die Zeit mit allem Möglichen. „Mit Konversation, mit Wortspielen, sie beschäftigen sich mit ihren Schuhen, ihren Hüten“, also mit fürs Theater unüblichen Vorgängen. „Als würde man im Tiergehege zuschauen oder einem kleinen Kind: Es beschäftigt sich mit dem, was es eben gerade um sich hat.“ Das sei spannender, als es klingt: „Ich glaube behaupten zu können, dass in unserem ,Godot' dem Zuschauer keine Minute langweilig wird“, sagt die Regisseurin und lacht.

Wer ist Godot?

Auf die Frage, wer Godot ist, soll Beckett einst geantwortet haben: „Wenn ich das wüsste, hätte ich das Stück nicht geschrieben.“ Und auch Voigt will nicht spekulieren: „Ich glaube, dass es einen Grund hat, warum Beckett uns diese Antwort verwehrt.“ Eine klare Interpretation vorzugeben, würde nicht dem Stoff entsprechen. Stattdessen solle der Zuschauer aktiv werden und seine eigenen Assoziationen mit ins Spiel bringen. „Wir haben in der Inszenierung darauf geachtet, möglichst viele Lesarten anzubieten und nicht eine einzige vorzugeben.“

Eine Veränderung des Originalstoffs würden Becketts Erben ohnehin nicht gestatten. „Aber selbst wenn es erlaubt gewesen wäre, sehe ich keinen Bedarf. Es ist einer der größten Theatertexte, den es gibt“, ist Voigt überzeugt.

„Warten auf Godot“. Werkstattbühne (in der Oper), Rheingasse 1. Termine: 31. Januar (ausverkauft), 6. und 16. Februar, 8., 21. und 30. März, jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops des General-Anzeigers sowie im Internet auf ga.de/tickets.

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