Der Mann, der nur die Wörter liebt
Der Schweizer Autor Pascal Mercier stellt im Uni-Club Bonn seinen neuen Roman vor
Bonn. Der Mann ist Professor für Philosophie und liebt Namen. Ebenso deren Klang. Seinen bürgerlichen Namen hat er einmal als "fürchterlich spießig" bezeichnet. Peter Bieri. Hinzu kommt, dass Bieri nicht etwa mit italienischem Zungenschlag ausgesprochen wird, sondern dem Schweizer Duktus folgt. Es liegt also auf der Hand, dass er ein Pseudonym für sein Roman-Debüt "Perlmanns Schweigen" (1995) benötigte. Pascal Mercier wurde geboren. Die genauen Hintergründe dieser Wahl lässt Bieri alias Mercier wohlweislich im Dunkeln - auch während der Lesung im Universitätsclub, wo der 61-Jährige seinen dritten Roman "Nachtzug nach Lissabon" vorstellte.
Die Hauptfigur ist Raimund Gregorius, Latein- und Griechischlehrer am Berner Kirchenfeld-Gymnasium. Dort lernte auch Mercier einst die alten Sprachen, hinzu kamen Hebräisch und Sanskrit. Die Figur des Gregorius habe ihn sehr lange beschäftigt, fast 20 Jahre lang, erzählt Mercier. Er habe lediglich nicht gewusst, in welches Buch er ihn "hineinpacken" sollte. "Dieser Mann liebt nur die Wörter. So sehr, dass bloß ein einziges Wort seinem Leben eine Wendung geben kann", charakterisiert der Autor. "So einer - und nur so einer - ist ein Poet."
Dieses einzige Wort heißt "Português", es wird ausgesprochen von einer offenbar lebensmüden Frau, der Gregorius im strömenden Regen auf einer Brücke in Bern begegnet. Die Melodie dieses Wortes löst eine Sehnsucht in Gregorius aus, eine innere, intensive Kraft. In einem Antiquariat kauft er ein Buch des (fiktiven) portugiesischen Autors Amadeu In cio de Almeida Prado, eines Arztes, der in den Dreißiger Jahren gegen den Faschismus Salazars kämpfte. Gregorius reist nach Lissabon, mit Prados Buch - und beginnt, dessen Spuren zu folgen. Eine Suche nach seinem wahren Ich beginnt.
Mercier hat eine Reise in das Denken geschaffen, der Leser wandelt auf drei Ebenen und erlebt die Wandlung Gregorius' vom introvertierten Altphilologen in einen neugierigen Menschen. "Das Schwierigste ist, den Klang eines Buches zu bestimmen", verrät Mercier. "Wenn Sie nicht wissen, wie das Buch klingen soll, können Sie keine Seite schreiben." 496 Seiten hat er geschrieben; ein musikalisches, lesenswertes Buch ist entstanden. Oder, wie Moderator Thomas Grundmann es formulierte: "Ein Text, der nicht aus Kopfgeburten besteht, sondern ein sinnliches und schönes Erlebnis ist."
Pascal Mercier: Nachtzug nach Lissabon. Carl Hanser Verlag München, 496 Seiten, 24,90 Euro.