Nunmehr verwöhnt die Sankt Augustiner Galeristin durch eine Urdarbietung von Papierarbeiten, die bislang "kein Aug' hat je gesehn". Das Novum des hinlänglich bekannten Künstlers und Düsseldorfer Akademieprofessors sind serienmäßige Diskurse oder Modulationen eines motivischen Evergreens: der menschliche Körper, die Aktdarstellung. Was dabei fasziniert, ist das frappierende Spektrum von aktuellen Annäherungsweisen, die Jutta Radicke durch zurückliegende Werkgruppen des 1941 geborenen Malers und Bildhauers aufschlussreich ergänzt.

Verhaltene, reichlich abschattierte Farbsetzungen gehören zu den Insignien eines souverän agierenden Künstlers, der Bewährtes reaktiviert, durchspielt und auf dieser Basis zu neuartigen Entdeckungen und Erfindungen gelangt. Kombinationen wie Gouache und Bleistift, Gouache und Wachskreide schaffen die Voraussetzung für Konturierungen und Farbflächen, die offen und beweglich erscheinen. Körper, reduziert auf Gesäß- oder Rumpfpartie, Hände wie Füße sind für Lüpertz gleichermaßen modulartige Elemente, deren anatomische Zusammenhänge aufgelöst, isoliert, verlagert oder verschoben werden.

Auf diese Weise entstehen teils groteske Figurationen wie etwa Frontalanblicke von Köpfen und Füßen, die mit Rückenansichten gekoppelt sind. In großformatigen Rückenbildern begegnet man einem Maler, der Körperumrisse zu fesselnden Farblandschaften umformuliert.

Galerie Radicke, Eisenachstraße 33, Sankt Augustin; bis 25. August. Täglich geöffnet, Anmeldung unter der Telefonnummer (0 22 41) 33 57 73.