Veranstaltungen in Bonner Hallen Brennbare Luftschlangen sind tabu

BONN · Ob Prinzenproklamation in der Beethovenhalle oder Silvesterparty im Brückenforum: Damit Besucher, Schauspieler und Akteure in Bonn unbeschwert Feste feiern sowie Theater- oder Konzertaufführungen genießen können, werden Hallen und Versammlungsräume beim Brandschutz ganz besonders genau unter die Lupe genommen.

 Die Rettungswege: Eines von vielen Brandschutzthemen an der Oper. Im Haus sind Lautsprecher für Ernstfall-Durchsagen geplant.

Die Rettungswege: Eines von vielen Brandschutzthemen an der Oper. Im Haus sind Lautsprecher für Ernstfall-Durchsagen geplant.

Foto: Volker Lannert

"Die schreckliche Katastrophe am Düsseldorfer Flughafen hat allen die Augen geöffnet. Damals ging ein Ruck durchs Land, und die bis dahin gültigen Vorschriften wurden noch einmal deutlich verschärft", so Thomas Wenning, Abteilungsleiter Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz bei der Feuerwehr.

Doch nicht nur Oper, Beethovenhalle, Kammerspiele, Stadthalle Godesberg oder das Brückenforum werden überprüft. "Es gibt in der Stadt rund 160 Hallen, die mehr als 200 Personen fassen und damit als Versammlungsstätten bewertet werden müssen", erklärt Thomas Berboth vom Bauordnungsamt. Dazu gehören Schulaulen, Museen, Vereinsräume und Mehrzweckhallen. Sie alle unterliegen besonderen gesetzlichen Vorschriften, die eine regelmäßige Brandschau durch die Feuerwehr einschließt. Dabei werde sowohl auf betriebliche als auch bauliche Mängel geachtet.

Liegt Papier im Treppenhaus, sind seit der letzten Inspektion Durchgänge zugemauert worden, werden Türen blockiert, welche Fluchtwege gibt es und wie kommen die Retter im Ernstfall schnell ins Innere? "Das alles überprüfen wir", so der Experte. Etwa 4000 Objekte werden dafür innerhalb von fünf Jahren inspiziert.

Nicht nur offene Flammen können zur Gefahr werden

Doch nicht allein offene Flammen können für Besucher und Akteure schnell zum Verhängnis werden. "Heute werden beim Bauen so viele verschiedene Kunststoffe und Materialen verwendet, dass wir auch darauf achten müssen, dass sich Toxine und lebensgefährliche Dämpfe nicht unkontrolliert ausbreiten können", ergänzt Thomas Wenning.

Selbst bei der Wahl eines neuen Teppichbodens werden die Experten der Feuerwehr und des Bauordnungsamtes zurate gezogen. "Sicherheit geht vor, deshalb werden diese Investitionen auch nie infrage gestellt", ergänzt Marion Duisberg vom Städtischen Gebäudemanagement. So hätten die Beethovenhalle und das Brückenforum neue Nottreppen erhalten, die direkt ins Freie führen.

Neue Vorschriften, alte Gebäude - die Bonner Oper kann nicht mit dem nagelneuen WCCB verglichen werden. "Generell ist natürlich auch der Bestandsschutz wichtig", so Stadtdirektor Wolfgang Fuchs. Geltende Standards hätten allerdings oberste Priorität. "Bestandsschutz kann jedoch niemals dazu führen, dass die geltenden Brandschutzbestimmungen nicht genau eingehalten werden. Es darf nicht in einem Gebäude sicherer sein als in einem anderen", so der Dezernent.

So habe die Oper bei Baubeginn in den 1960er Jahren die damaligen Bestimmungen voll erfüllt. Diese Vorschriften sind heute längst überholt. Deshalb müsse man gerade in den alten Mauern die bestehenden Gegebenheiten immer wieder an geltende Richtlinien anpassen. "Um- und Ausbaumaßnahmen, der Betrieb und das Verhalten der Nutzer, nicht zuletzt die Anforderungen an technische Anlagen erfordern vom Eigentümer ständige Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen", erklärt Fuchs.

Auf den einfachen Alarmton reagiert kaum noch jemand

So seien im Opernhaus die Brandmeldeanlage erneuert und eine neue Notstromanlage installiert worden, die im Ernstfall auch die Sprinkleranlage steuert. In diesem Jahr soll für Treppenhäuser und Foyer eine Sprachalarmierung installiert werden. "Im Ernstfall erhalten die Zuschauer über Lautsprecher genaue Anweisungen, wie sie sich verhalten sollen.

Denn auf einen einfachen Alarmton reagiert heute niemand mehr", stellt Feuerwehrexperte Wenning immer wieder fest. Das Theater Bonn selbst sieht einen millionenschweren Investitionsbedarf für Brandschutzmaßnahmen. In einem Sanierungskonzept des Generalintendanten Bernhard Helmich fürs Opernhaus werden dafür 23,2 Millionen Euro angesetzt. Für die Brandschutz-Mängelbeseitigung in den Kammerspielen sind es 320.000, in den Werkstätten Beuel 1,4 Millionen Euro.

Neben regelmäßigen Inspektionen setzt die Stadt auch auf die Schulung ihrer Mitarbeiter. So sind die Hausmeister in den Schulen "fit" in Sachen Brandschutz. Sie halten bei Festen und Veranstaltungen die Augen offen und sorgen dafür, dass Fluchtwege nicht versperrt werden. Große Veranstalter werden von Fachkräften für Veranstaltungstechnik und Sicherheit beraten. "Die achten darauf, dass nur mit Luftschlangen dekoriert wird, die nicht entflammbar sind", erklärt Thomas Berboth. Diese Dekoartikel seien zwar nicht so schön bunt wie die herkömmlichen, dafür aber sicher.

Für Feuerwehrmann Thomas Wenning zählt im Ernstfall jedoch eines. "Die Evakuierung steht immer an oberster Stelle. Erst wenn alle Personen in geschützten Bereichen sind, kümmern wir uns um den Brandherd." Doch wie sieht für einen Fachmann der Wehr ein optimaler Veranstaltungsraum aus? "Der ist ebenerdig, hat direkte Zugänge nach draußen sowie zwei unabhängige Rettungswege."

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