Bonner Anästhesistin steht erneut wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht

BAD GODESBERG · Es sind gleich mehrere Todesfälle, für die eine Anästhesistin aus Bad Godesberg verantwortlich gemacht wird. Wie der GA erfuhr, handelt es sich um ein vierjähriges Kind, das 1994 starb, um eine 44-Jährige, die 2007 zu Tode kam, und um eine 66-Jährige, die am 12. August dieses Jahres die Vollnarkose nicht überlebte.

Außerdem soll die Ärztin, die in einer Privatpraxis arbeitet, einen weiteren Patienten in Lebensgefahr gebracht haben. "Wir können bestätigen, dass Anklage wegen fahrlässiger Tötung und so genannter Aussetzung erhoben wurde", sagte Oberstaatsanwalt Fred Apostel auf GA-Nachfrage.

Demnach soll sie einen Menschen in hilfloser Lage zurückgelassen und einer Lebensgefahr ausgesetzt haben. Nach Informationen des General-Anzeigers soll die Ärztin die 66-Jährige vor einer Schulteroperation in Vollnarkose versetzt haben. Weil eine weitere Operation angestanden habe, soll sie die Frau in ihr Zimmer gebracht und beim Aufwachen nicht ordnungsgemäß beobachtet haben.

Als eine Schwester 15 Minuten später in das Zimmer gegangen sei, habe die 66-Jährige nicht mehr geatmet. Die Schwester habe die Anästhesistin informiert, die in der Zwischenzeit einen anderen Patienten narkotisiert haben soll. Ihn habe sie hilflos und unbeobachtet zurückgelassen, um nach der 66-Jährigen zu sehen. Bei deren Reanimation soll die Ärztin Fehler gemacht haben.

Bereits zweimal stand die Medizinerin wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht: einmal, weil ein vierjähriges Kind, das aufgrund seiner Krankheits-Vorgeschichte womöglich nicht hätte narkotisiert werden dürfen, starb. Was auch daran gelegen haben soll, dass der Tubus für die Reanimation für Erwachsene gedacht war und deswegen nicht ordnungsgemäß fixiert werden konnte.

Im zweiten Fall kam 2007 eine 44-jährige Frau ums Leben. Allerdings wurden die beiden Fälle nicht miteinander in Verbindung gebracht, so dass die Ärztin jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt wurde: Nach GA-Informationen stand sie aufgrund einer Namensänderung zweimal im Bundeszentralregister.

Die Ärztekammer Nordrhein als Organ der Berufsaufsicht erfährt von derartigen Vorgängen in der Regel in Form einer "Mitteilung in Strafsachen" durch die Staatsanwaltschaft, wie Horst Schumacher, Pressesprecher der Kammer, erklärt. Unabhängig vom Strafverfahren, normalerweise aber erst nach dessen Abschluss, erfolge zudem eine berufsrechtliche Überprüfung durch die Ärztekammer.

Stellt diese einen "berufsrechtlichen Überhang" fest, wie der Fachterminus für ärztliches Fehlverhalten heißt, kann sie im Extremfall bei der Bezirksregierung den Entzug der Approbation beantragen. Möglich sei es auch, dass die Bezirksregierung von sich aus in dieser Richtung tätig wird. "Die Hürden für einen Approbationsentzug liegen jedenfalls hoch", so Horst Schumacher. Denn dieser komme bei Medizinern faktisch einem Berufsverbot gleich.

Auch folgenschwere ärztliche Fehler müssten deshalb nicht automatisch und zwangsläufig zu einem Entzug der Approbation führen, so der Sprecher. Dafür spricht auch der konkrete Fall: So hatte die Ärztekammer der Ärztin 2009 eine förmliche Rüge erteilt - nicht die mildeste, aber auch längst nicht die weitestgehende Sanktionsform in den berufsrechtlichen Verfahrensregeln.

Dass der Entzug der Approbation als ultima ratio mit hohen Hürden versehen ist, bekräftigt auch August Gemünd, Referent bei der Bezirksregierung, wo der Fall aber ebenfalls aufmerksam verfolgt wird. "Wir warten nun die strafrechtliche Würdigung ab und werden den Vorgang im Nachgang bewerten", so Gemünd. Seitens der Bad Godesberger Arztpraxis äußerte sich auf GA-Anfrage am Freitag niemand zu dem Verfahren. Prozessauftakt vor dem Bonner Amtsgericht ist wahrscheinlich im Februar.

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