Mordanklage nach 19 Jahren

BONN · Im Fall Regine P. glaubt die Staatsanwaltschaft, dass der Verdächtige eine Vergewaltigung vertuschen wollte

Neunzehn Jahre nach dem Mord an der Journalistin Regine P. hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen 37-jährigen Bonner erhoben. Der Mann sitzt seit August in Untersuchungshaft, nachdem DNA-Analysen die Ermittler auf seine Spur geführt hatten. Er habe ein Teilgeständnis abgelegt, erklärte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Nach Überzeugung der Ankläger spielte sich die Tat am 12. Juli 1992 folgendermaßen ab: Der Mann sei in den frühen Morgenstunden in die Rüngsdorfer Wohnung der 46-Jährigen eingedrungen, um sie zu vergewaltigen. Als sie aufwachte und schrie, soll er ihr den Mund zugehalten und sie mit einem Blumentopf auf den Kopf geschlagen haben. Das Opfer sei danach benommen gewesen.

"Der Angeklagte hat dann sexuelle Handlungen vollzogen", so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Soweit sei der Mann auch geständig, berufe sich aber bei allem, was danach passierte, auf Erinnerungslücken. Den Ermittlern zufolge drückte er der Journalistin ein Kissen aufs Gesicht und fixierte es mit ihren Leggings. Dadurch sei das Opfer erstickt. Als ihr damals 17-jähriger Sohn vier Tage später aus seinem Internat in Detmold in die Wohnung heimkehrte, fand er den Leichnam seiner Mutter neben dem Bett.

Der mutmaßliche Mörder war ein enger Freund des Sohnes. Er war schon früher in der Wohnung der Familie gewesen: Als die Mordkommission nach dem tödlichen Überfall am Tatort eine graue Socke des damals 18-Jährigen fand, war das vor diesem Hintergrund kein ausreichend starkes Indiz gegen ihn. Fast zwei Jahrzehnte führte der Mann danach ein unauffälliges Leben. Er hat eine Lebensgefährtin, arbeitete zuletzt als Koch in einem Hotel.

Auf die Fährte kam ihm Mordkommissionsleiter Georg Jahn, der den Fall im vorigen Jahr gemeinsam mit Staatsanwältin Karen Essig noch einmal aufrollte. Da die Methoden der DNA-Analyse heute viel feiner sind als in den 90er Jahren, schickte die Bonner Kripo alte Spurenträger aus dem Mordfall ans Landeskriminalamt (LKA). Dreißig Männer, seinerzeit als Kontaktpersonen ermittelt, gaben freiwillig eine Speichelprobe ab. Und die LKA-Untersuchungen brachten gleich mehrere Treffer: DNA-Spuren des 37-Jährigen fanden sich laut Staatsanwaltschaft sowohl an den Leggings des Opfers als auch an einem Bruchstück des tönernen Blumentopfes, mit dem Regine P. geschlagen worden war.

Der Mann wartet in der Justizvollzugsanstalt Köln auf seinen Prozess am Bonner Landgericht. Die Anklage lautet auf Mord. Der Täter habe versucht, mit dem Mord die Vergewaltigung zu verdecken, so die Staatsanwaltschaft.

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