Portrait Lucas Kern ist der ungewöhnliche Vater des Erfolgs

Bonn · Lucas Kern ist Athletiktrainer beim BTHV – und Weltmeister im Drachenbootfahren. GA-Redakteur Simon Bartsch stellt den 28-Jährigen vor.

 Freude pur: Lucas Kern (Mitte stehend) gewinnt mit den Thunder Dragons den WM-Titel.

Freude pur: Lucas Kern (Mitte stehend) gewinnt mit den Thunder Dragons den WM-Titel.

Foto: Privat

Konzentriert sitzt er auf der Bank auf dem Spielfeld an der Christian-Miesen-Straße. Ab und an steht er auf, gibt eine motivierende Anweisung, reicht den Spielern ein Kaltgetränk. Lucas Kern ist kein Freund der lauten Worte. Das ist auch nicht seine Aufgabe. Der 28-Jährige ist Athletiktrainer des BTHV. Die technischen Anweisungen überlässt er natürlich dem Trainerteam. Bei den Hockey-Herren verfolgt er die meisten Heimspiele live vor Ort. „In der Regel bin ich dabei, um zu sehen, wo ich die Athletik noch verbessern kann“, sagt Kern.

Seit 2014 unterstützt Kern den Bonner Verein. Nicht nur im Hockey. In der Tennisabteilung arbeitet er an der Fitness des Nachwuchses. Und auch in der U12 des neu formierten Rugby-Bereichs ist er aktiv. Der Diplom-Sport- und Gesundheitstrainer ist vielseitig. Nach seinem dualen Studium hat er sich mit „Kernsport“ selbstständig gemacht. Er bietet unter anderem Personaltraining, Bootcamps und Fördertraining an. Beim BTHV hat er seine zweite Heimat gefunden. „Ich bin fast jeden Tag da. Die Jungs und Mädchen sind nicht meine Klienten, sie sind meine Freunde“, sagt er.

Gerade für die Hockey-Herren ist er mehr als „nur“ der Athletiktrainer. „Lucas hat sich alleine schon wegen seines Charakters und Alters sehr schnell in unsere Mannschaft integriert“, sagt BTHV-Spieler Marc Schmüser. „Er ist auch Leistungssportler und ruft bei sich auch nichts anderes als Spitzenleistungen ab.“ Kerns Leistungssport wirkt auf den ersten Blick ungewöhnlich: Der Königswinterer fährt Drachenboot. „Die Sportart ist möglicherweise eher durch Firmenevents oder ähnliche Veranstaltungen bekannt“, sagt er. „Wenn mich jemand darauf anspricht, heißt es immer 'sehr witzig, aber ungemein anstrengend'. Insofern wird die Sportart auch meist nicht belächelt“.

20 Athleten im Drachenboot

Seit seiner Kindheit betreibt Kern Sport auf hohem Niveau. Zunächst im Rudern. „Irgendwann kommt man an den Punkt, an dem man sich zwischen dem Sport und dem Beruf entscheiden muss“, sagt er. „Wenn man nicht absolute Klasse ist, verdient man mit dem Sport kein Geld.“ Kern entscheidet sich für das duale Studium. Dennoch will er dem Leistungssport treu bleiben und findet diesen im Drachenbootfahren.

„Ich trainiere auch sechs bis sieben Mal die Woche“, so der 28-Jährige. Drachenboote kommen ursprünglich aus China. Der Name ist auf die spezielle Verzierung zurückzuführen, auf die im Wettkampfsport verzichtet wird. 20 Athleten sitzen in zwei Reihen im 250 Kilogramm schweren Boot, gepaddelt wird mit einem Stechpaddel. Die Technik erinnert an Kanufahren, allerdings sitzen die Athleten.

Im Drachenboot hat sich Kern einen Traum erfüllt. „Ich hatte mir vorgenommen, bis zu meinem 30. Geburtstag alles zu erreichen, was in diesem Sport möglich ist“, sagt er stolz. Das hat er geschafft. Bei den Weltmeisterschaften im ungarischen Szeged läuft es im Juli perfekt für Kern und sein Team, die Thunder Dragons. Der Athletiktrainer wird über die 500 Meter Weltmeister. „Das wird man ja nicht alle Tage“, erklärt er. „Das war erst zwei Tage später greifbar. Vor lauter Glückwünschen ist mein Handy förmlich explodiert.“

Glückwünsche erreichten ihn auch vom BTHV. Auch hier ist man stolz auf das Teammitglied. Nicht nur wegen des WM-Titels. „Er ist für uns ja auch so ein wenig der Vater des Erfolgs“, sagt Spieler Marc Schmüser. „Er hat einen Rahmen geschaffen, in dem die ganze Mannschaft athletisch ausgebildet wird. Wir hatten in unserer Aufstiegssaison 2016 zumeist den längeren Atem.“

Gezieltes Athletiktraining unerlässlich

Der zahlte sich aus. Im entscheidenden Spiel erzielte damals Florian Pohlmann spät den entscheidenden Treffer. „Es ist halt wichtig, dass die Mannschaft gerade im dritten Abschnitt eines Spiels noch frisch ist“, sagt Kern. Auch in dieser Saison ein Erfolgsrezept, glaubt Schmüser: „Vielleicht waren wir spielerisch nicht hundertprozentig bereit, in der zweithöchsten Klasse zu spielen, aber in fast jedem Spiel war die zweite Halbzeit unsere bessere und wir konnten durch unsere Athletik einige Punkte retten.“ Kern bleibt trotz des Klassenerhalts der Hockey-Herren bescheiden. „Ich würde mich nicht als den Vater des Erfolgs beschreiben. Ich bin vielleicht ein kleiner Teil des Erfolgs.“

Für den Diplom-Trainer ist ein gezieltes Athletiktraining für ambitionierte Sportmannschaften unerlässlich. „Die Athletik ist gerade gegen Ende eines Spiels entscheidend.“ Und auch im Nachwuchs sieht er viel Nachholbedarf. „Es ist natürlich erschreckend, dass manche Zehnjährige nicht richtig laufen können. Da spielt die digitale Entwicklung eine große Rolle. Vielleicht ist auch der Sportunterricht nicht mehr so intensiv wie früher.“ Darüber muss sich Kern beim BTHV keine Sorgen machen. Hier bleibt er sich seiner Linie treu: Ruhig, ernst, aber auch mit einer Portion Humor die richtige Motivation für sein Team finden.

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