Hochwasserschutz in Alfter "Der Broichpark ist tabu" - Bürgermeister beruhigt die Anwohner

ALFTER · "Ist der Broichpark wirklich tabu?" Mit einem klaren "Ja" beruhigte Bürgermeister Rolf Schumacher beim Informationsabend zum Thema Hochwasserschutz ein weiteres Mal die Bürger, die sich um den Erhalt der Naturidylle im Alfterer Ortskern Sorgen machen.

 Beim Unwetter Mitte Juni sammelte sich in der Alfterer Kronenstraße wieder das Wasser.

Beim Unwetter Mitte Juni sammelte sich in der Alfterer Kronenstraße wieder das Wasser.

Foto: Roland Kohls (Archiv)

Bereits zum Auftakt der öffentlichen Veranstaltung im Rathaus zum Hochwasserschutzkonzept hatte Schumacher vor rund 100 Besuchern klargestellt: Das Hochwasserrückhaltebecken im Broichpark werde aufgrund des erheblichen Widerstandes in Politik und Bürgerschaft nicht realisiert. Applaus brandete auf.

Auf Einladung der Gemeindeverwaltung referierte Martin Dörr vom Ingenieurbüro Osterhammel in Nümbrecht über die grundsätzlichen Möglichkeiten zum Hochwasserschutz in Alfter und schuf Klarheit. Das "Konzept zur Minimierung der Überschwemmungsgefahr in der Ortslage Alfter", das vom Abwasserwerk der Gemeinde Alfter in Auftrag gegeben worden war, stelle keine konkrete Planung dar. "

Es ist eine erste Ideenfindung und Abschätzung von Realisierungsmöglichkeiten. Damit rücken hier noch keine Bagger an", sagte er. Wichtig war dem Diplom-Ingenieur auch zu vermitteln: Technische Maßnahmen der öffentlichen Hand allein reichen nicht aus. Auch private Bauherren, Grundstückseigentümer und Landwirte könnten und sollten ihren Beitrag leisten.

"Nur ein Zusammenwirken von Verwaltung und Bürgern, von technischem Überflutungsschutz und weiteren Vorsorgemaßnahmen kann langfristig Erfolg haben." Aber selbst dann könne kein hundertprozentiger Schutz für jedes denkbare Starkregenereignis gewährleistet werden.

In seiner Präsentation veranschaulichte Dörr die Fließwege des Oberflächenwassers in Alfter-Ort, das von den Außengebietsflächen geradezu trichterförmig seinen Weg in die Tallage sucht. Um es abzupuffern, sind im aktuellen Flächennutzungsplan der Gemeinde sechs potenzielle Standorte für Hochwasserrückhaltebecken eingezeichnet - überwiegend in den Höhenlagen. Sie würden allerdings nicht das Wasser abfangen, das bei Starkregen über befestigte Flächen und Straßen talabwärts strömt.

Deshalb habe man vier Standorte für Hochwasserrückhaltebecken näher am Ortskern vorgeschlagen: in der Nähe des Regenrückhaltebeckens am Stühleshof, um den Görresbach zu entlasten; im Broichpark und in Olsdorf, um die Oberflächenabflüsse abzufangen und - wie im aktuellen Flächennutzungsplan vorgesehen - südlich am Mirbach, um die Hochwassergefahr an diesem Gewässer einzudämmen. Die Größe der Hochwasserrückhaltebecken wurde so dimensioniert, dass sie mit einem Starkregen fertig werden, der statistisch alle 100 Jahre vorkommen kann.

Bei der Auswahl der Standorte mussten die Ingenieure unter anderem berücksichtigen, dass es aufgrund der gewachsenen Bebauungsstruktur in Alfter kaum freie und topografisch geeignete Flächen gibt. Die möglichen Maßnahmen haben die Ingenieure "ergebnisoffen" untersucht. Ein Auftrag, der seitens der Verwaltung und Gemeindewerke - Betriebsführerin ist die Regionalgas Euskirchen -, bewusst so erteilt worden war.

"Uns ging es darum, ohne politische Vorgaben eine grundsätzliche Analyse durch ein unabhängiges Ingenieurbüro erstellen zu lassen", erläuterte Bürgermeister Schumacher den Hintergrund. "Wir wollten einen konzeptionellen Gesamtüberblick durch Fachleute." So kam auch der Broichpark als möglicher Standort für ein Hochwasserrückhaltebecken in den Konzeptentwurf.

Die Grünanlage, so erläuterte Dörr, erfülle eine ganze Reihe von günstigen Rahmenbedingungen und könne einen großen Einzugsbereich abdecken. Falle es nun ersatzlos weg, könnten die Unterlieger nicht mehr geschützt werden. Das Wasser werde weiterhin durch die Ortslage bis zum Stühleshof fließen. Das dort geplante Hochwasserrückhaltebecken müsste dann noch größer dimensioniert werden, um die Unterlieger zu schützen, ein Ersatz für ein mögliches Hochwasserrückhaltebecken im Broichpark sei dies jedoch nicht.

Ausdrücklich erwünscht waren Anregungen der anwesenden Bürger und ihre Ortskenntnis für die Weiterentwicklung des Konzepts. So wies ein Bürger beispielsweise darauf hin, dass sich das Bett des Mirbachs im Laufe der Jahre durch Sand und Erde aus den Quellgebieten zugesetzt und erhöht habe. Den Hinweis nahm Bürgermeister Schumacher dankbar auf: "Ich verspreche hoch und heilig, dass wir den Bach ausbaggern."

Ein anderer Bürger regte an, dass die textlichen Festsetzungen in den Bebauungsplänen an Bauwillige besser kommuniziert werden sollten, damit Grundstückseinfahrten etwa auch tatsächlich wasserdurchlässig gepflastert werden. Auch eine Verpflichtung zum Bau von Zisternen auf Privatgrundstücken wurde ins Gespräch gebracht sowie die Frage, ob eine Reduzierung der Hangbebauung die Lage entspannen könnte.

Hochwasserrückhaltebecken: Standort Broichpark

Die Ankündigung von Bürgermeister Schumacher, kein Hochwasserrückhaltebecken im Broichpark zu bauen, hat bei Ratsmitgliedern der Grünen Verwunderung und Kritik ausgelöst. In einer Pressemitteilung schreibt Robert de la Haye: "Die Feststellung von Herrn Dr. Schumacher entspricht zwar der Absicht aller Parteien im Rat; es ist aber schlechter politischer Stil, wenn er die Ratsmitglieder noch in der letzten Woche dahin lenkt, dass das Konzept im Betriebsausschuss behandelt wird, nun aber mit einem Ergebnis vorprescht."

Das hätte im Rat geschehen müssen. De la Haye weiter: "Ein wichtiger Baustein aus dem Konzept fehlt jetzt. Es muss rasch eine Ersatzlösung für das angedachte Hochwasserrückhaltebecken im Broichpark gefunden werden." Auch Fraktionssprecher Wilhelm Windhuis kritisiert: "Der politische Wille, den Broichpark zu erhalten, ist zwar im Rat geäußert worden; es ist aber ebenso deutlich erklärt worden, dass zunächst alle Fakten auf den Tisch gehören." Die Entscheidung der Grünen werde daher erst fallen, wenn alle Fakten vorliegen und ausgewertet sind.

So geht es weiter

Die Anregungen aus der Informationsveranstaltung sollen in die weiteren Beratungen des Betriebsausschusses einfließen, der dann über einen möglichen Folgeauftrag für eine Überarbeitung des Konzepts entscheiden wird. Bei der Sitzung am Donnerstag, 5. Dezember, wird sich der Ausschuss auch mit einem Prüfauftrag des Rats zur Frage befassen, ob und welche Änderungen der Bauleitplanung einen Einfluss auf den Hochwasserschutz und die Anzahl und Größe der geplanten Hochwasserrückhaltebecken haben könnten.

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