Spaziergang durch Oedekoven Viele junge Familien haben den 5600-Einwohner-Ort für sich entdeckt

ALFTER-OEDEKOVEN · Ganz schön tierisch kommt Oedekoven daher. Ein gusseisernes Eichhörnchen und ein Hase bilden die Klinken der Kirche Sankt Mariä Himmelfahrt, die "Nachtigall" war ehemals eine Kneipe, die vor einigen Jahren schloss und der die Oedekovener noch heute nachtrauern. Doch warum wurden Eichhörnchen und Hase als Schmuck für die Klinken gewählt?

 Brigitte Schächter (66) ist Ortsvorsteherin von Oedekoven.

Brigitte Schächter (66) ist Ortsvorsteherin von Oedekoven.

Foto: Henry

Das Eichhörnchen steht einerseits für das Sammeln: Der Kirchgänger soll etwas von dem Gottesdienst mit in den Alltag nehmen. Andererseits ist der rote Schweif des Tieres Symbol für den Feuerschweif des Teufels. Dadurch, dass dieser die Tür zum Gotteshaus öffnet, muss der Teufel dem Besucher dienen. Die Symbolik des Hasen dürfte bekannter sein: Da das Tier keine Augenlider hat und somit immer wach zu sein scheint, steht es für das ewige Leben.

Seit 1956 thront Sankt Mariä Himmelfahrt über Oedekoven. Im Stil einer Scheune erbaute Emil Steffann (1899-1968), der zu den bedeutenden deutschen Architekten des 20. Jahrhunderts zählt und vor allem für seine katholischen Sakralbauten bekannt ist, die Kirche. Der Blick in den Dachstuhl ist offen, weiße Balken gewähren Einblick in die Konstruktion. Das Licht fällt durch die künstlerisch gestalteten Kirchenfenster und hüllt die gerade restaurierte Orgel in warmes Licht. Tritt man aus der Kirche hinaus, steht wenige Schritte entfernt die Kapelle Sankt Mariä Vermählung, die heute noch für kleine Festlichkeiten wie Hochzeiten genutzt wird.

Wer Kirche und Kapelle besucht, muss sich den Vorgebirgshang hinauf durch enge Gassen schlängeln, entlang alter Fachwerkhäuser, die früher als Bauernhöfe oder Handwerksbetriebe dienten. Doch die Geschichte des Ortes ist weitaus älter: Bereits vor mehr als 2000 Jahren siedelten hier die Römer, im Jahr 795 wurde der Ort erstmals urkundlich erwähnt, 1995 feierten die Oedekovener 1200-jähriges Bestehen.

Heute wohnen in den Fachwerkhäusern viele junge Familien, die den 5600-Seelen-Ort als neue Heimat für sich entdeckt haben. Oedekoven ist im Umbruch: Leerstand gibt es kaum, für freiwerdende Häuser finden sich rasch Nachmieter. Den Familien bieten sich vier Kindergärten, eine Grundschule sowie eine Gemeinschaftshauptschule. Die Hauptschule läuft zwar demnächst aus, dafür wurde mit diesem Schuljahr die Freie Christliche Gesamtschule Bonn/Rhein-Sieg am Schöntalweg eröffnet.

Die Porträts der Kinder, die 2014 Kommunion feiern, sind in der Kirche auf Papierboxen geklebt. Nach dem Motto "Gott baut ein Haus aus lebendigen Steinen" haben die 37 Jungen und Mädchen die Kirche aus Pappe nachgebaut und die Mauersteine mit ihren Porträts geschmückt.

Beim Besuch des General-Anzeigers ist Pfarrer Georg Theisen gerade damit beschäftigt, "die Mauer niederzureißen", wie er schmunzelnd berichtet. Die "Steine" der symbolischen Mauer müssen neu sortiert werden, einige der Porträts bringt der Pfarrer nach Impekoven. Die Religion verbindet die Menschen in Oedekoven, die Ökumene funktioniert hier ausgesprochen gut. Dies zeigt sich an der jährlichen Lichterprozession zum Buß- und Bettag, an der sich nach anfänglichem Befremden mittlerweile auch die Protestanten im Ort gerne beteiligen.

Noch stärker wäre die Gemeinschaft, wenn es in Oedekoven ein soziales Zentrum gäbe, so wie damals die "Nachtigall". "Das fehlt hier: Ein Ort, an dem man sich einfach spontan trifft und ein Bierchen trinken kann", meint Ortsvorsteherin Brigitte Schächter ein wenig wehmütig.

Ein Café und ein chinesisches Restaurant sind verblieben, beides wird gerne angenommen von den Oedekovenern. Zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten bietet der Alma-Einkaufspark. Für jene, die nicht mehr mobil sind, bringt der Eifeler Frischdienst einmal wöchentlich Lebensmittel bis vor die Haustür. Ein ganz wichtiger Termin für die ältere Generation, nach dem sich selbst Pfarrer Theisen bei Hausbesuchen richten muss.

Mit einer Essensausgabe, einer Kleiderstube und einem Wohnprojekt im ehemaligen Oedekovener Weinhof, in dem frühere Suchtpatientinnen mit ihren Kindern zurück in die Gesellschaft finden, unterstützen sich Alteingesessene und Zugezogene gegenseitig.

Wer sich in seiner Freizeit vor Ort engagieren will, kann dem Sportverein, Reit- und Fahrverein, Tambourcorps oder dem Kirchenchor beitreten. Ein wenig außen vor sind die Oedekovener jenseits der B 56. "Die Leute dort fühlen sich eher Duisdorf als Oedekoven zugehörig", stellt die 66-jährige Brigitte Schächter fest. Die kommunale Gebietsreform Ende der 1960er Jahre brachte die Dreiteilung in den alten Ortskern, das an Duisdorf grenzende Viertel und an das Mühlenviertel.

Der Spielplatz ist der Lieblingsplatz von Ortsvorsteherin Schächter, von dort lässt sich der Kottenforst überblicken: "Hier kann man durchatmen, der Erholungswert ist groß." Heute ist es still am Spielplatz. Der Wind pfeift, die Sonne scheint, nichts drängt, die Zeit scheint an diesem Tag ein wenig stillzustehen, hier in Oedekoven.

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