Unterstützung für fairen Handel Diese Städte im Kreis tragen den Titel Fairtrade-Town

Rhein-Sieg-Kreis · Fünf Städte im Kreis tragen den Titel Fairtrade-Town, eine Kommune steckt im Bewerbungsprozess. Um das Siegel zu bekommen, müssen die Städte ganz bestimmte Kriterien erfüllen.

Immer häufiger stößt man beim Einkaufen auf Lebensmittel mit einem grün-blauen Logo, das an das Yin und Yang-Symbol erinnert. Dabei handelt sich um das Fairtrade-Siegel, das fair angebaute und gehandelte Produkte kennzeichnet. Ziel des fairen Handels: Bessere Preise und Arbeitsbedingungen für Beschäftigte in Entwicklungs- und Schwellenländern. Städte, die den fairen Handel unterstützen wollen, können sich als Fairtrade-Towns zertifizieren lassen – wenn sie gewisse Kriterien erfüllen. Im Rhein-Sieg-Kreis gibt es derzeit fünf solcher Städte. Kritik gibt es bei der Transparenz für Verbraucher.

Sankt Augustin will sich als Fairtrade-Stadt eintragen lassen

Anfang kommenden Jahres soll eine sechste Fairtrade-Stadt hinzukommen: Dann will die Stadt Sankt Augustin sich offiziell eintragen lassen. „Wir sind derzeit noch dabei, alles zu sortieren, aber dann werden wir alle fünf Kriterien erfüllen“, sagt Birgit Dannefelser, Mitarbeiterin des Umweltbüros in Sankt Augustin. Jene fünf Kriterien sind die Voraussetzung, um von der Kölner Entwicklungshilfeorganisation Transfer offiziell zertifiziert zu werden.

Neben einem Ratsbeschluss zur Unterstützung des fairen Handels muss eine lokale Steuerungsgruppe zur Koordination der Aktivitäten eingerichtet, je nach Einwohnerzahl der Kommunen eine Mindestanzahl von fair gehandelten Produkten im Einzelhandel angeboten, Fairtrade-Produkte in öffentlichen Einrichtungen verwendet sowie Bildungsangebote zu dem Thema umgesetzt werden. Außerdem müssen die lokalen Medien über die Aktivitäten auf dem Weg zur Fairtrade-Town berichten.

Während sich Sankt Augustin noch im Bewerbungsprozess befindet, sind fünf andere Städte im Kreis bereits länger dabei. Als erste Stadt hat sich Bad Honnef im Jahr 2010 zertifizieren lassen. Seit 2012 können sich Hennef und Bornheim Fairtrade-Town nennen. Rheinbach kam 2014 dazu, im Februar dieses Jahres dann auch Lohmar. Alle zwei Jahre müssen die Kommunen nachweisen, dass sie die fünf Kriterien nach wie vor erfüllen.

Das Thema ist immer noch nicht in den Köpfen aller verankert

Die Stadt Bad Honnef steht kurz vor der Rezertifizierung. Auch wenn die Stadt im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis nach wie vor ohne Probleme alle Kriterien erfüllt, sieht Andreas Roschlau, Leiter der lokalen Steuerungsgruppe, Verbesserungsbedarf: „Es läuft schon gut bei uns, aber das Thema ist immer noch nicht in den Köpfen aller hier verankert. So eine Arbeit ist aber natürlich auch kein Selbstläufer.“ Wichtig ist aus seiner Sicht, dass es strukturelle Unterstützung für den fairen Handel gibt. Wenn es keine bezahlten Stellen bei Stadt oder Kirche gebe, werde es schwierig. „Wie lebendig die Initiative ist, hängt bei uns stark von ehrenamtlichem Engagement ab.“ Der Wille sei in jedem Fall da, zum Teil fehle es aber an Kapazitäten und Expertise, sagt Roschlau.

Die Gemeinde Much, die von 2013 bis 2015 Fairtrade-Town war, entschied sich unter anderem aufgrund abnehmenden Engagements für einen neuen Weg. „Wir haben bei uns viele ökologisch wirtschaftende Höfe. Wir haben uns dazu entschieden, uns vermehrt auf regionale Produkte zu konzentrieren“, erklärt Josef Freiburg, Umweltschutzbeauftragter der Gemeinden Much und Eitorf. Zwar gebe es auch von Seiten der Landwirte Unterstützung für die Verbesserung der Situation von „Kollegen“ in Entwicklungsländern, man wolle aber verstärkt auf Regionalität setzen.

„Statt Obst aus Afrika einzufliegen, machen wir uns dafür stark, Äpfel von lokalen Streuobstwiesen zu nutzen“, sagt Freiburg. „Fair Trade allein ist nicht der heilbringende Weg, auch regionale Produkte sind wichtig.“ Trotzdem sind er und die Gemeinde weiterhin offen für Neuerungen im fairen Handel. Eine erneute Rezertifizierung schließt Freiburg nicht aus, sofern sich aktive Mitstreiter finden und neue Aktionen ins Leben gerufen werden.

Fairtrade-Initiative hat noch Verbesserungsbedarf

Neben den Unternehmen und Produzentenorganisationen spielen vor allem die Konsumenten eine wichtige Rolle für ein Gelingen der Idee des fairen Handels. Gibt es aus Verbrauchersicht denn auch Bedenken? Gabriele Bock beschäftigt sich als Umweltberaterin am Troisdorfer Standort der Verbraucherzentrale mit dem Thema fairer Handel. Die Fairtrade-Initiative bewegt sich ihrer Ansicht nach in die richtige Richtung, es gibt aber Verbesserungsbedarf: „Zunächst sehen wir den fairen Handel auf jeden Fall positiv. Viele soziale und Umweltaspekte werden dabei berücksichtigt.“ Es sei für die Verbraucher bei den vielen verschiedenen Siegeln und Labeln aber nicht einfach durchzublicken. „Es gibt oft Mischkalkulationen und Firmen legen unterschiedliche Standards an“, so Bock.

„Wir würden uns vor allem mehr Transparenz wünschen.“ Faire Produkte seien selten hundert Prozent fair. Je nach dem, ob es etwa um Lebensmittel oder Textilien gehe, variiere der Anteil des fairen Produktionsweges von 50 bis zum Teil nur noch 20 Prozent. Verlassen könne man sich aber etwa auf das GEPA-Siegel des größten europäischen Importeurs fair gehandelter Produkte.

Positiv sieht Bock, dass sich inzwischen fast jeder fair gehandelte Waren leisten könne: „Die Preisunterschiede sind verschwindend gering. Kaffee, Tee oder Säfte aus fairem Handel kosten nur noch ein paar Cent mehr als konventionelle.“ Wer also will, kann bei jedem Einkauf ein bisschen Unterstützung für fairere Arbeitsbedingungen und Löhne in Entwicklungs- und Schwellenländern leisten.

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