Unwetter an der Ahr "Hier schlafen wir keine Nacht mehr"

Grafschaft · Nach dem Unwetter in Nierendorf kämpft ein Paar mit den Hochwasserfolgen. Ihr Haus wurde bereits zum dritten Mal verwüstet. Die Versicherung trägt den Schaden nicht.

Silke Olesen ist eine ruhige, besonnene und unaufgeregte Frau. Mit großer Bestimmtheit haben sie und ihre Lebensgefährtin aber klar entschieden: "Wir schlafen keine Nacht mehr in unserem Haus. Wir ziehen hier weg!" Kein Wunder. Denn was die beiden Damen am Samstagnachmittag in Nierendorf erlebt haben, soll sich in ihrem Leben tunlichst nicht wiederholen. Silke Olesen und Sabine Peter haben ihr Hab und Gut verloren. Es wurde einfach weggespült.

Das Paar hat 2005 das schmucke Eigenheim an der Straße "Am Hang" gebaut. Zehn Meter entfernt plätschert der Leimersdorfer Bach wie ein Rinnsal daher, ein mit Liebe angelegter Garten dient als Ruhezone - eine Idylle. Im Haus hat Silke Olesen ihr Büro untergebracht. In der Parterre sind Wohnzimmer und Küche, in einem Zwischengeschoss stehen Schreibtisch, Telefon, Fax und der Rechner der Reisekauffrau.

Am Samstagnachmittag waren Olesen und Peter auf Wandertour in Ahrweiler. "Plötzlich ging das Telefon. Ein Nachbar rief uns an, und riet uns, schnell nach Hause zu kommen", so Olesen. Als die 51-Jährige mit ihrer Partnerin dann ob der inzwischen gesperrten Landstraßen über Feldwege nach Nierendorf gelangte, wurde ihnen auf drastische Weise vor Augen geführt, warum sie angerufen worden waren: Ihr Haus war geflutet, stand zwei Meter tief unter Wasser, im am Bach gelegenen Garten schwamm ein fremdes Auto, die Fensterscheiben des Wohnzimmers und der Terrassentüre waren zersplittert und eingedrückt, in der Küche hatte ein dicker Baumstamm Herd und Kühlschrank gerammt. Eine Flutwelle war durch das gesamte Haus geschossen. Die Folge: Alles kaputt, alles defekt, alles überschwemmt. Nichts ging mehr.

"Wir haben uns erst einmal hingesetzt und einfach nur abgewartet, bis das Wasser zurückging und wir wieder in das Gebäude konnten", erinnert sich Oelsen. Vor dem Haus war von irgendwoher ein Gastank angeschwemmt worden. Er zischte. Die Feuerwehr forderte das Paar deshalb auf, Haus und Hof unverzüglich wieder zu verlassen. Nach Stunden konnte Entwarnung gegeben werden.

Nun ist Tag drei nach dieser persönlichen Katastrophe angebrochen. Die tatsächlichen Schäden werden sicht- und überschaubar. Kein Stuhl, kein Tisch ist dem Paar geblieben. Der Bürorechner ist regelrecht "durchgespült" worden. Der Garten gleicht einer Mondlandschaft, Wohnzimmer, Küche, Büro: Alles muss raus, nichts ist zu retten und mehr zu gebrauchen. Der Fußboden muss rausgerissen werden, alle Wände gilt es, zu entfeuchten. Schließlich hat das Wasser im Haus am Hang bis fast zur Decke im Souterrain und im Büro des Erdgeschosses gut und gerne 60 Zentimeter hoch gestanden.

Mindestens 150.000 Euro, so schätzt Silke Olesen, beträgt der finanzielle Schaden. Ganz zu schweigen von den immateriellen Werten, die mit der Flutwelle auf Nimmerwiedersehen fortgespült wurden. Einen Versicherungsschutz gibt es nicht. "Unser Versicherer teilte uns vor einigen Jahren mit, dass kein Schutz gewährt werden kann", sagt die 51-jährige Nierendorferin. Der Grund mag in der Schadenshäufigkeit liegen: Es ist das dritte Mal, dass Silke Olesens und Sabine Peters Haus Opfer der Fluten wurden. Und das innerhalb von sechs Jahren. "Wir bleiben alleine auf dem Schaden sitzen", ist sich das Paar sicher. Ein Schaden, der weitaus höher ausfallen wird, als bei den Unwettern zuvor.

Nun wollen sich Olesen und Peter eine kleine Wohnung suchen, das Haus wieder herrichten - und verkaufen. Seit Samstag schlafen sie bei Freunden. In ihrem Haus, so der feste Entschluss, werden sie keine Nacht mehr verbringen. "Wir können diesen Bach einfach nicht mehr hören", sagt das Paar. Und dabei waren beide genau wegen der vom Bach ausgehenden Idylle einst dorthin gezogen.

In ihrer Nachbarschaft fuhren am Dienstag Autos von Versicherungsvertretern vor. Vielleicht kann wenigsten einigen dort geholfen werden.

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