Ausnahmezustand an der Ahr Junge Frau schwamm aus ihrem Haus

GRAFSCHAFT · Zu schlimmsten Verwüstungen und Ausnahmezuständen ist es am Samstagnachmittag in weiten Teilen der Gemeinde Grafschaft gekommen. Katastrophenalarm gilt in allen Ortsteilen. Unzählige Helfer sind weiterhin im Einsatz. Das Schadensausmaß ist noch nicht bekannt.

So schnell die Flutwelle über Birresdorf und Nierendorf schwappte, so schnell war sie auch wieder fort. Zahlreiche am Samstagnachmittag gesperrte Straßen sind wieder freigegeben. In den Straßengräben, insbesondere zwischen Nierendorf und Gimmigen, lagern Müll, Schutt und Geröll, das die Wassermassen mitgerissen hatten. Um zehn Uhr trafen sich freiwillige Helfer am Nierendorfer Gerätehaus der Feuerwehr. Fast alle hatten Besen und Schaufeln mitgebracht, um den leidgeprüften Nierendorfern bei den Aufräumarbeiten zu helfen.

Die über den Ort herabgestürzten Regenmassen hatten große Schäden im Dorf hinterlassen. Grafschafts Bürgermeister Achim Juchem schätzt, dass am Samstagnachmittag in anderthalb Stunden zwischen einhundert und einhundertfünfzig Liter Wasser pro Quadratmeter auf die Erde prasselten.

Beller, Oeverich, Niederich, Leimersdorf, Nierendorf und Birresdorf sowie im Ortsteil Gimmigen des Stadtgebietes Bad Neuenahr-Ahrweiler waren besonders in Mitleidenschaft gezogen. In Niederich stand den Bewohnern das Wasser zeitweise bis zu den Oberschenkeln. Mehrere Keller liefen voll Wasser. Im Ortsteil Nierendorf kam es zudem zum Auslaufen eines Gastanks, wodurch der umliegende Bereich evakuiert werden musste. Zwei Personen wurden vorsorglich ins Krankenhaus eingeliefert.

Entgegen ersten Meldungen brach das Rückhaltebecken bei Nierendorf nicht. Es kam lediglich zum unkontrollierten Überlaufen des Beckens, genau wie bei den Rückhaltebecken nahe Beller und Gimmigen. Da die Einsatzkräfte jedoch ein Brechen der Rückhaltebecken bei Nierendorf und Gimmigen in Betracht zogen, wurde der Verkehr um die Ortslagen Gimmigen und Heppingen großräumig ab dem Autobahndreieck Bad Neuenahr-Ahrweiler und dem Verteilerkreis bei Sinzig für drei Stunden abgeleitet. Nachdem die Pegelstände sanken, wurden die Verkehrsmaßnahmen wieder sukzessive aufgehoben.

Auf der Landstraße 79 zwischen Birresdorf und Leimersdorf kam es zum Einsturz einer kleinen Brücke, Teile der Straße wurden weggerissen. Es wird Wochen dauern, bis sie wieder hergerichtet ist. Wie Grafschafts Bürgermeister Achim Juchem mitteilte, soll es eine provisorische Ausweichstrecke für die Birresdorfer geben. Das gesamte Schadensausmaß ist derzeit noch nicht bekannt.

An einem Bungalow in Leimersdorf hatte die Flut eine Hauswand zum Einsturz gebracht. Eine junge Frau rettete sich durch ein Fenster ins Freie, da die Wassermassen gegen die Haustüre drückten, die sich so nicht mehr öffnen ließ. Die Frau schwamm aus dem Haus und wurde dann von Nachbarn erfasst, bevor sie von der starken Strömung erfasst werden konnte. Ein Sprecher der Grafschafter Feuerwehr: "Wenn man in die Gesichter der Menschen geschaut hat, sah man nur noch das blanke Entsetzen."

Fast einhundert Nierendorfer konnten Samstagnacht nicht zurück in ihre Wohnungen. Zum Teil hatten sie zwei Meter untere Wasser gestanden. Alle kamen bei Freunden und Verwandten unter.

Die Gemeinde Grafschaft hat ein Spendenkonto bei der Raiffeisenbank Grafschaft-Wachtberg eingerichtet, damit den vom Unwetter besonders geschädigten Menschen geholfen werden kann: IBAN DE88 5776 2265 100028, BIC GENODED1GRO oder Kreissparkasse Ahrweiler: IBAN DE29 5775 1310 0000 8600 15, BIC MALADE51AHR.

Landrat Jürgen Pföhler rief die Bevölkerung derweil zu Spenden für den Hilfsfonds des Kreises Ahrweiler „Nachbar in Not“ auf. Die Spenden sollen über die jeweiligen Kommunen an besonders Betroffene der jüngsten Unwetter im Kreisgebiet weitergeleitet werden. Das Spendenkonto: Kreissparkasse Ahrweiler, IBAN: DE32 5775 1310 0000 8102 00. Info: www.kreis-ahrweiler.de, „Bürgerservice“, „Soziales“, „Nachbar in Not“.

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