Pillen unter Hochdruck

Bonner Forscher entwickelten neue Methode zur Tabletten-Herstellung

Bonn. (ga) Gut 20 Milliarden Euro haben allein die gesetzlichen Krankenkassen im vergangenen Jahr für Medikamente ausgegeben - einen großen Teil davon für Tabletten, denn die sind nicht nur einfach zu dosieren, sondern auch leichter zu verabreichen als beispielsweise Injektionen.

Doch so manche Pille verursacht dem Patienten zunächst einmal Schluckbeschwerden, bevor sie seine Leiden lindert. Ein an der Universität Bonn entwickeltes Verfahren erlaubt, von vielen Arzneien wesentlich kleinere Tabletten herzustellen, als bislang möglich war - nach Angaben der Forscher bei deutlich geringeren Kosten und höherer Qualität.

Tabletten werden aus Granulat geformt, in dem die Ausgangsstoffe enthalten sind. Damit sie in der Packung nicht zerbröseln, sich in Wasser oder Magensäure aber leicht löst, muss dieses Granulat eine genau definierte Porosität haben. Und die lässt sich mit herkömmlichen Verfahren nur schwer beeinflussen. Mit der neuen Technik - entwickelt im Institut für Pharmazeutische Technologie in Kooperation mit einer Firma im Münsterland - geht das einfacher.

Ein Gerät spritzt in die feuchte Pillen-Rohmasse Stickstoff ein, erklärt der Bonner Pharmazie-Professor Klaus-Jürgen Steffens. Der "Pillenteig" wird dann in einen Mikrowellen-Trockner geschoben, in dem nahezu Vakuum herrscht: "Dabei dehnen sich die Stickstoffbläschen schlagartig aus - ähnlich, wie wenn man eine Mineralwasserflasche öffnet, bei der dann ja auch das Kohlendioxid ausperlt."

Das getrocknete Granulat kann von herkömmlichen Tablettenpressen weiter verarbeitet werden.

Das Elegante an dieser Methode: Mit dem Druck des Stickstoffs lässt sich auf einfache Weise die Porosität variieren. Die Inhaltsstoffe lassen sich leichter mischen, die Wirkung tritt schon bei geringerer Pillengröße ein, der Patient leidet nicht mehr unter Schluckbeschwerden - und die Industrie profitiert von geringeren Lager- und Transportkosten. Bei der diesjährigen Technologie-Messe "Interpack" sei das System auf großes Interesse gestoßen, berichtet Steffens.

Und das nicht nur bei Pharmaherstellern - auch die Lebensmittelindustrie zeigte sich von der Neuentwicklung angetan. "Mit unserer Maschine lässt sich vieles granulieren: Von Teeextrakten bis hin zu Süßwaren aller Art."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort