Abbruch des Börsenhandels verhindert weiteren Kursrutsch China zieht die Notbremse

Shanghai · Es wirkt fast so, als hätte die chinesische Führung mit diesem Börsenabsturz vorab gerechnet. Pünktlich zur Einführung des neuen Schutzmechanismus, der allzu heftige Schwankungen an den chinesischen Aktienmärkten vermeiden soll, musste er am Montag auch schon angewendet werden.

 Rote Balken: Ein Mann beobachtet den Kursreinbruch.

Rote Balken: Ein Mann beobachtet den Kursreinbruch.

Foto: DPA

Dieser Mechanismus sieht vor, dass bei Schwankungen der Kurse um mehr als fünf Prozent der Handel für 15 Minuten ausgesetzt wird. Fallen sie um mehr als sieben Prozent, wird der Aktienhandel für den Rest des Tages komplett ausgesetzt. Am Morgen brach der Shanghai Composite Index zunächst um mehr als fünf Prozent ein. Daraufhin wurde der Handel für eine Viertelstunde unterbrochen. Als die Kurse nach der Wiederaufnahme weiter nachgaben und der Leitindex auf den niedrigsten Stand seit drei Monaten fiel, verfügte die Börsenaufsicht den kompletten Handelsstopp. Der Shanghai Composite Index befindet sich nun auf dem niedrigsten Stand seit Dezember 2014.

Turbulent geht es an den chinesischen Aktienmärkten schon seit mehr als einem halben Jahr zu. Im Juli und August 2015 waren die Börsen im Reich der Mitte nach einem fast einjährigen Aktienboom um über 150 Prozent gleich mehrfach dramatisch abgestürzt. Mit heftigen Kursverlusten von allein über 20 Prozent an vier Tagen Anfang August befanden sich viele Titel zeitweise im freien Fall.

Erst als die Zentralregierung mit Zwangsmaßnahmen intervenierte, erholten sich die Märkte wieder. Das jedoch zum Preis, einige zentrale Marktmechanismen außer Kraft gesetzt zu haben. So nahm die chinesische Führung die Wertpapiere von fast 1 300 Unternehmen vom Markt. Fast die Hälfte des normalerweise üblichen Handels in Shanghai und Shenzhen fand damit gar nicht mehr statt. Zudem verfügte sie, dass Aktienbesitzer, die mehr als fünf Prozent an einem Unternehmen halten, ihre Anteile bis Ende des Jahres nicht verkaufen dürfen. Diese Frist endet an diesem Freitag. Viele Anleger befürchten, dass die Aktienbesitzer, die noch auf diesen Aktien sitzen, am Freitag ihre Papiere in Massen verscherbeln werden. Hinzu kommen Sorgen, dass es mit der chinesischen Wirtschaft noch sehr viel schlechter läuft als bislang ohnehin befürchtet. Schon seit Wochen steht die Landeswährung, der Yuan, unter Druck. Am Montag markierte er mit 6,54 Yuan zum US-Dollar den tiefsten Stand seit fast fünf Jahren.

Eine Umfrage unter Einkaufsmanagern in der Industrie hat zudem ergeben, dass die Industrieaktivitäten im Dezember ein weiteres Mal deutlich zurückgegangen sind. Der Einkaufsmanagerindex (EMI) des Wirtschaftsmagazins Caixin fiel von 48,6 auf 48,2 Punkte. Der Wert liegt damit den zehnten Monat in Folge unter der Grenze von 50 - was auf einen Rückgang der industriellen Fertigung hindeutet. Für diesen Index werden vor allem die Chefs und Geschäftsführer von kleinen und mittelgroßen Privatunternehmen befragt. Ihre Antworten geben sehr viel mehr die wirkliche Stimmung der chinesischen Wirtschaft wieder als die großen Unternehmen, die zumeist in staatlicher Hand sind und nicht immer wahrheitsgetreu antworten.

China weise mit offiziell 6,9 Prozent im dritten Quartal zwar auch weiterhin ein robustes Wachstum aus, urteilt Bankenanalyst Christian Heger von der HSBC. Dass die Stimmungsindikatoren in der Industrie "aber hartnäckig unter der kritischen Marke von 50" verharren, deute auf ein "lahmes Wachstum in China" hin, dass zunehmend auf die übrigen asiatischen Volkswirtschaften ausstrahle und die gesamte Weltkonjunktur belaste. "Mit deutlich unter vier Prozent haben die Emerging Markets die geringste Wachstumsrate seit 2009", sagt HSBC-Experte Heger.

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