Hans Dampf der SPD

berlin · Als Horst Ehmke 1969 in der Nachfolge Gustav Heinemanns Bundesjustizminister wurde, nannte ihn die "Zeit" ein "umstrittenes Wunderkind". Ehmke, der Bonn treu geblieben ist und am Samstag seinen 85. Geburtstag feiert, ist immer der intellektuelle Hans Dampf in allen Gassen der SPD geblieben.

 Horst Ehmke wird am Samstag 85 Jahre alt.

Horst Ehmke wird am Samstag 85 Jahre alt.

Foto: dpa

Die Erziehungsversuche der SPD, über die der Autor des "Zeit"-Artikels von 1969 schrieb, haben ihn diszipliniert, die Liebe seiner Partei hat er nie errungen. Aber diese Erfahrung haben viele Sozialdemokraten gemacht. "Was heißt schon Liebe, die brauchen mich", so der junge Ehmke damals in einer Mischung aus Ironie und unerschütterlichem Selbstbewusstsein.

Mit 40 beginnt die politische Karriere des Rechtswissenschaftlers in Bonn, wo er sich 1960 in Verfassungsrecht habilitiert hatte und als Privatdozent wirkte, der auch einen Lehrstuhl in Freiburg im Breisgau innehatte. Obwohl seit Studentenzeiten Mitglied der SPD, macht er parteipolitisch zunächst nicht auf sich aufmerksam. Sein Name ist mit der Spiegel-Affäre verbunden, er ist Strafverteidiger eines "Spiegel"-Redakteurs und vertritt auch die "Spiegel"-Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Anschließend geht es für Ehmke steil aufwärts: Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Bundesjustizminister, Kanzleramtschef unter Willy Brandt, Post- und Technologieminister, 1974 der jähe Rücktritt. Der DDR-Spion Günter Guillaume kostete nicht nur Bundeskanzler Willy Brandt das Amt, auch Ehmke, der dessen persönlichen Referenten eingestellt hatte, zog die Konsequenzen, obwohl er sich selbst keiner persönlichen Schuld bewusst sein wollte.

Nach der ministeriellen Arbeit konzentrierte er sich auf sein Bundestagsmandat, das er am Ende 25 Jahre bis 1994 innehatte. In der SPD-Fraktion brachte es Ehmke bis zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, neben seinem Wirken im Bundesvorstand der Partei. Thematisch waren seine Felder die Innen- und Außenpolitik. Wie Oskar Lafontaine war er der Meinung, dass die Wiedervereinigung unbezahlbar sei und eine Zwei-Staaten-Lösung besser wäre. Ehmke war enttäuscht, als der Bundestag im Juni 1991 den Umzug von Parlament und Teilen der Regierung nach Berlin beschloss.

Ehmke galt in seiner Partei immer als linker Pragmatiker. Hin und wieder Probleme in der Arbeiterpartei SPD machte ihm seine großbürgerliche Herkunft: Der Vater hatte als Chirurg eine Klinik in Danzig geleitet, wo er auch aufgewachsen ist. Die gemeinsame Herkunft und die Kriegserlebnisse - Ehmke war Flakhelfer, wurde verwundet und war bis 1945 in sowjetischer Gefangenschaft - haben ihn mit dem gleichaltrigen Günter Grass verbunden.

In den 50er Jahren, als ein Auslandsaufenthalt noch nicht gang und gäbe war, arbeitete er mehrere Jahre als Wissenschaftler in den USA. Heute macht Ehmke als Krimiautor von sich reden. 1999 hatte er einen Thriller verfasst, bei dem es um kriminelle Währungsspekulationen ging - nicht gegen den Euro, sondern das britische Pfund. Er spielte im Jahr 2004. Ganz daneben lag er mit dem Thema nicht.

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