Teilzeitarbeit Familienministerin fordert einen Rechtsanspruch auf Rückkehr in den Vollzeitjob

BERLIN · Die Begegnung hat schon Tradition: Bundesministerin Kristina Schröder (CDU) hatte vor drei Jahren eine Initiative gestartet: "Familienbewusste Arbeitszeiten". Im Februar 2011 wurde eine daraus erwachsene Charta unterzeichnet.

 Ein Ehepaar spielt mit seinen Kindern. Die Bundesregierung will, dass das Arbeitsleben familienfreundlicher gestaltet wird.

Ein Ehepaar spielt mit seinen Kindern. Die Bundesregierung will, dass das Arbeitsleben familienfreundlicher gestaltet wird.

Foto: dpa

Wirtschaftsvertreter unterstützten das Papier. Gestern versammelten sich 300 Gäste im sogenannten "Radial V", einer Art Berliner Industriemuseum, das auch zu Kunst- und Kulturveranstaltungen genutzt wird. Unter den Gästen waren Repräsentanten von Wirtschaft und Gewerkschaft.

Also eine schiere Harmonie-Veranstaltung? Davon konnte gestern keine Rede sein. Eröffnungsrednerin Kristina Schröder verlangte klipp und klar einen Rechtsanspruch: Und zwar für die Rückkehr der Eltern von der gewünschten Teilzeitarbeit in eine Vollzeitstelle. Von der "Teilzeitfalle" war gestern häufiger die Rede. Ein "gesetzlicher Impuls" sei dringend notwendig, um die wechselseitige Verkrampfung wenigstens etwas zu lösen.

Kristina Schröder hatte zuvor eingestanden, dass sie das Widerstandspotenzial des kleineren Koalitionspartners FDP in dieser Frage unterschätzt habe. Die Liberalen stimmen zwar grundsätzlich strikt gegen jegliche staatliche Bevormundung. Einzelne Delegierte des jüngsten Bundesparteitages der FDP zeigten aber auch Verständnis, da es im betrieblichen Alltag in dieser Frage "drunter und drüber" gehe. Schröders Fazit zeigt Enttäuschung: "Wir können leider nicht über die FDP hinwegregieren." Mit Sicherheit werde das ein Wahlkampfthema sein.

Das dürfte die Kanzlerin ähnlich sehen. Angela Merkel gab ihrer jüngsten Ministerin gestern kräftig Rückendeckung. Selbstverständlich unterstütze sie alles, was im Sinn einer familienfreundlicheren Gestaltung des Arbeitslebens ist. Einmal pro Jahr werde die Bundesregierung einen Bericht vorlegen, der drei Schwerpunkte hat: Die Darstellung, wie Familie und Beruf in Einklang zu bringen seien; die Entwicklung der Teilzeitmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt sowie die Situation um die Kinderbetreuung. Verbessert werden soll auch die steuerliche Absetzbarkeit von Kosten, die im Zusammenhang mit der Pflege für kranke Familienangehörige stehen. Merkel vermied auffallend aber jede Äußerung zu dem strittigen Themen Teilzeit- und Vollzeit-Arbeit.

Wichtig ist zu erfahren, wie denn die Parlamentsopposition in der Frage des Schröder-Vorstoßes positioniert ist. Die Ministerin sprach beispielsweise von "Präsenzritualen" in vielen Unternehmen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles benutzt exakt dieses Wort in einem Rundfunkinterview. Sie kritisiert damit eine Unternehmenskultur, in der vor allem die Anwesenheit des Einzelnen zählt. Belohnt werde die rein physische Präsenz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz. Wer lange in seinem Betrieb arbeite und Überstunden schiebe, bekomme mehr Geld in die Kasse. Nahles hält das für ungerecht: "Diejenigen, die vielleicht 30 Stunden sehr produktiv arbeiten, werden karrieretechnisch zurückgestellt."

Die Reaktionen waren ziemlich heftig: Der Deutsche Gewerkschaftsbund berichtete beispielsweise, dass die Rückkehr von jungen Müttern an den alten Arbeitsplatz nur selten reibungslos gelinge. Nötig seien individuelle Lösungen. Die IG Metall kritisierte das "Familiengipfel" genannte Treffen. Sie warnte vor einer "Schaufenster-Politik", die für Frauen keine Verbesserung darstellte.

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