Umgang mit Zuwanderern EU schafft gemeinsames Asylrecht

BRÜSSEL · Der Traum von einem gemeinsamen Asylrecht begann 1999. Am Mittwoch wurde er mit der Zustimmung des Europäischen Parlamentes in Straßburg Wirklichkeit.

 Ein Asylbewerberkind wartet vor einem Heim in Baden-Württemberg. Die EU regelt das Asylsystem neu.

Ein Asylbewerberkind wartet vor einem Heim in Baden-Württemberg. Die EU regelt das Asylsystem neu.

Foto: dpa

Drei Richtlinien und zwei Verordnungen regeln nun für alle 27 Mitgliedstaaten, wie sie mit Asylbewerbern umzugehen haben und wann sie diese ablehnen dürfen. Ein Fortschritt? Fragen und Antworten.

  • Hunderttausende von Flüchtlingen und Asylbewerbern landen jedes Jahr an den Grenzen der EU. Viele werden unmenschlich behandelt. Ändert sich das jetzt?

Im Vorjahr kamen 330.000 Menschen in der EU (77.540 in Deutschland) an, vor allem in Italien, Malta und Griechenland. Das bisherige Verfahren wird nicht geändert: Demnach ist der Staat zuständig, den ein Einreisender als erstes betritt.

Wird ein Flüchtling in einem anderen Land aufgegriffen, kann er in das Land zurückgeschickt werden, wo er angekommen ist. Das EU-Recht verpflichtet die Staaten, den Menschen eine humane Aufnahme zu garantieren und sieht dafür auch Zuschüsse vor. Trotzdem ist zum Beispiel Griechenland aber so überfordert, dass Deutschland auch weiterhin keine Asylbewerber dorthin zurückschickt.

  • Bisher ziehen sich die Verfahren oft monate-, sogar jahrelang hin. Wird das nun besser?

Ja. Die neuen EU-Gesetze sehen vor, dass ein Verfahren grundsätzlich in sechs Monaten abgeschlossen werden muss. Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen darf es auch mal bis zu 18 Monaten dauern. Augenmerk gilt dabei den Minderjährigen: Sie sollen künftig einen Beistand bekommen. Als minderjährig gelten alle Personen unter 18 Jahren (Deutschland bisher 16 Jahre). Das Schnellverfahren an deutschen Flughäfen darf bei Kindern und Folteropfern nicht mehr angewendet werden. Berlin muss nachbessern.

  • Wann hat jemand ein Recht auf Asyl?

Es bleibt natürlich dabei, dass dieses Recht bei politischer oder religiöser Verfolgung und Gefahr für Leib und Leben gewährt werden muss. Die Gründe wurden aber erweitert. Künftig sollen auch diejenigen Asyl bekommen können, denen aus anderen Gründen Gefahren drohen. Anerkannte Asylanten haben ein Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt (künftig schon nach neun Monaten, bisher zwölf) sowie zur Gesundheitsversorgung. Auch hier muss die Bundesrepublik nachlegen, weil es da noch Beschränkungen gibt.

  • Gibt es dann auch Sozialhilfe?

Ursprünglich wollte die Kommission tatsächlich erreichen, dass Flüchtlinge und Asylbewerber den Regelsatz der Sozialhilfe (in Deutschland wäre das Hartz IV) erhalten. Nach heftigen Protesten der Bundesregierung bleibt es dabei, dass jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden kann, ob er die Unterstützung in bar auszahlt oder in Form von Sachleistungen aushändigt.

  • Wie müssen abgelehnte Asylbewerber behandelt werden?

In einigen EU-Staaten landeten gescheiterte Asylbewerber häufig bis zu ihrer Abschiebung in Gefängnissen. Auch da hat die EU neue Standards definiert. Das beginnt bei der Verpflichtung, einen Rechtsbeistand zu stellen, Kontakt zu Kindern oder Familie sicherzustellen und Zugang zum Freien zu haben. Außerdem dürfen Asylanten nicht länger gemeinsam mit anderen Strafgefangenen gemeinsam untergebracht werden.

  • Werden tatsächlich die Fingerabdrücke aller Einreisenden gespeichert?

Eurodac - so heißt die entsprechende EU-Datei - gibt es schon seit zehn Jahren. Neu ist nun allerdings, dass auch die Sicherheitsbehörden Zugriff auf die Informationen bekommen. Damit soll die Verfolgung terroristischer oder krimineller Personen erleichtert werden. Außerdem will man Menschen, die nach einem abgelehnten Antrag eine erneute Einreise versuchen, leichter identifizieren können. Die Speicherdauer wurde jedoch von bisher zwei Jahren auf 18 Monate gesenkt. Außerdem ist nun festgelegt, dass die Informationen der Eurodac-Datei nicht an Staaten oder Behörden außerhalb der EU weitergegeben werden dürfen.

  • Werden Asylbewerber und Flüchtlinge eigentlich gleichbehandelt?

Nein, es handelt sich rechtlich auch um unterschiedliche Personengruppen. Flüchtlinge werden nach eigenen Bestimmungen beurteilt. Sie müssen deutlich länger auf eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis warten. Für Asylanten ist das Asylgesetz zuständig.

  • Dürfen sich anerkannte Asylanten innerhalb der EU frei bewegen?

Ja, auch da gilt: Wer von einem Mitgliedstaat anerkannt wurde, wird von allen als Asylant akzeptiert. Er kann sich innerhalb der EU frei bewegen und niederlassen, wo er möchte.

  • Wann treten die neuen Regelungen in Kraft?

Die 27 Mitgliedstaaten plus Kroatien als künftiges Mitglied müssen die Richtlinien und Verordnungen innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht übertragen. Und dann werden sie wirksam.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Nutzlose Aufregung über Robert Habeck
Kommentar zur neuen Debatte über den Atomausstieg Nutzlose Aufregung über Robert Habeck
Zum Thema
Aus dem Ressort