Flüchtlingspolitik in Europa EU fordert schnellere Abschiebungen

Brüssel · Die EU-Kommission kommt Osteuropäern entgegen. Gleichzeitig erhöht sie den Druck gegen die eigenen Mitgliedstaaten. Sie sollen den Rechtsschutz für illegale Migranten beschränken und sie schneller Ausweisen.

 Dimitris Avramopoulos ist der für Migration zuständige EU-Kommissar. (Archivfoto)

Dimitris Avramopoulos ist der für Migration zuständige EU-Kommissar. (Archivfoto)

Foto: picture alliance / dpa

Die EU erhöht ihren Druck auf die Mitgliedstaaten, abgelehnte Flüchtlinge schneller auszuweisen. „Derzeit wird nur ein Drittel der Menschen zurückgebracht, die den Bescheid erhalten, dass sie die EU verlassen müssen“, sagte der für Migration zuständige EU-Kommissar, Dimitris Avramopoulos, gestern in Brüssel. Die Mitgliedstaaten sollten dazu alle Möglichkeiten nutzen, die ihnen von der europäischen Ebene zugestanden wurden.

Avramopoulos: „Die Behörden dürfen Personen in Haft nehmen, wenn sie sich weigern, in ihr Heimatland zurückzukehren oder sich nicht kooperativ zeigen.“ Dieser Schritt sei auch „nötig“, wenn man befürchten müsse, dass ein illegaler Immigrant „untertauchen könnte“. In einem neuen Aktionsplan fordert die Kommission die Regierungen und Verwaltungen sogar auf, die „Fristen für das Einlegen von Rechtsbehelfen zu verkürzen, systematisch Rückkehrentscheidungen ohne Ablauffrist zu erlassen und Entscheidungen über die Beendigung des legalen Aufenthalts mit einer Rückehrentscheidung zu kombinieren“. Mit anderen Worten: Die Mitgliedstaaten sollen verstärkt abgelehnte Asylanten rauswerfen.

Diese unmissverständliche Drohung hat ihren Grund: „Denn die zügige Rückführung irregulärer Migranten“ werde nicht nur den Druck auf die Asylsysteme der Mitgliedstaaten verringern, sondern auch dafür sorgen, dass „ausreichende Kapazitäten für den Schutz derjenigen, die wirklich Schutz brauchen, zur Verfügung stehen“, unterstrich der Kommissar. Sein Ziel: „Wer keinen Asylanspruch hat, soll sich gar nicht erst auf die Reise nach Europa machen.“

Die EU spricht also Klartext. Wenige Tage vor dem nächsten Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs Ende kommender Woche in Brüssel will man versuchen, wieder Bewegung in die festgefahrenen Fronten zu bringen. Das heißt auch: Die Kommission geht auf die bisher störrischen Aufnahmeverweigerer Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei zu und signalisiert zumindest Verständnis für deren Befürchtungen, überrannt zu werden. Im Gegenzug, so das Kalkül von Avramopoulos, könnten sich die Regierungen dieser Länder vielleicht doch noch bewegen und bereits aufgenommene Asylbewerber aus griechischen und italienischen Lagern akzeptieren.

„Es ist möglich, die versprochenen 160.000 Menschen bis Ende September unterzubringen“, zeigte sich der Flüchtlingskommissar überzeugt. „Aber dazu müssen alle mithelfen.“ Bisher wurden Angaben der Kommission zufolge lediglich rund 12.000 Menschen in eine neue Heimat gebracht, obwohl die Mitgliedsstaaten gegenüber Athen und Rom zugesagt haben, die Lasten zu verteilen.

Der Zeitpunkt sei günstig, hieß es in Brüssel. Derzeit habe der Zustrom einen „Tiefpunkt“ erreicht: In den vergangenen Tagen wurde an den hellenischen Übergangsstellen nur noch 47 Migranten innerhalb von 24 Stunden gezählt. Umso mehr setzt man nun auf die Abschiebung illegaler Zuwanderer. Inzwischen haben die Mitgliedstaaten die zugesagten 1500 Experten zur Verfügung gestellt, die zum neuen gemeinsamen Grenz- und Küstenschutz gehören. Sie sollen dann den Behörden vor Ort bei Rückführungen helfen. Wie entschlossen die Kommission wirklich ist, zeigt ein weiterer Punkt des gestern vorgestellten Aktionsplans: Bis Juni werden Pläne ausgearbeitet, um bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber nicht mehr auf Linienflüge angewiesen zu sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Pakt am Nil
Kommentar zu Merkels Nordafrika-Reise Pakt am Nil