Neuer Ärger für Berlusconi Alter Mann im Frühling

ROM · Die Frühlinge des Silvio Berlusconi sind ungezählt. So scheint es nach dem Urteil, das Italiens höchstes Gericht verkündete: Der vierfache ehemalige Ministerpräsident wurde des Vorwurfs der Prostitution Minderjähriger sowie des Amtsmissbrauchs freigesprochen.

 Silvio Berlusconi.

Silvio Berlusconi.

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Seine Verurteilung zu sieben Jahren Haft in erster Instanz wegen der Vorgänge um die minderjährige Prostituierte Karima el-Mahroug alias Ruby Rubacuori (Ruby Herzensbrecherin) ist hinfällig. "Endlich die Wahrheit. Heute ist ein guter Tag für die Politik, die Justiz und den Rechtsstaat." Mit diesen Worten feierte der 78 Jahre alte Politiker gestern das Urteil vom Vorabend. Doch so einfach ist die Sache nicht. Die unter der Chiffre "Bunga Bunga" berühmt gewordenen Feste, die Berlusconi in seinen Privatresidenzen abhielt, fanden statt. Dass zahlreiche Prostituierte wie die damals 17 Jahre alte Ruby in Berlusconis Villa in Arcore bei Mailand bezahlte Dienste leisteten, bestritten auch die Anwälte des Angeklagten nicht. Nur handelte es sich eben um einen Strafprozess, bei dem konkrete Handlungen unter juristische Straftatbestände subsumiert werden müssen.

Laut Gericht gibt es keinen eindeutigen Beweis dafür, dass Berlusconi von der Minderjährigkeit el-Mahrougs gewusst hat. Sein Anruf bei der Polizeibehörde im Mai 2010, als er den Beamten weismachen wollte, dass Ruby die Nichte des damaligen ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak sei, kann juristisch nicht als Amtsmissbrauch gewertet werden. Der Mailänder Medien-Unternehmer leistete erst vor Tagen seine Strafe im Sozialdienst ab, zu der er wegen Steuerbetrugs verurteilt worden war.

Am vergangenen Freitag stand er zum letzten Mal im weißen Kittel bei den Alzheimer-Patienten im Pflegeheim. Dennoch kann und will sich Berlusconi auch jetzt nicht entspannt den eigenen Wehwehchen widmen. Erstens geht es dem Politiker weiterhin um die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen seines Fininvest-Konzerns. Berlusconi will wieder mehr Politik machen. Seine im Sozialdienst zu verbüßende Strafe und Bewegungseinschränkungen verhinderten dies bislang.

Schwierigkeiten macht ihm weiterhin ein Gesetz, dass ihn wegen seiner Steuerbetrugs-Verurteilung die Kandidatur für politische Ämter untersagt. In erster Linie geht es dem Ex-Cavaliere nun darum, seine in Auflösung begriffene Partei wieder in den Griff zu bekommen und das konservative Wählerspektrum nicht der Konkurrenz, also Premier Matteo Renzi oder Lega-Nord-Chef Matteo Salvini zu überlassen. Dazu braucht er vor allem Zeit.

Für die meisten Italiener ist er allerdings längst keine wählbare Alternative mehr. Und er muss sich weiter um seine Zukunft Sorgen machen. Drei Verfahren belasten seinen Müßiggang. In Neapel wird ihm vorgeworfen, als Ministerpräsident 2006 mindestens einen Senator der Opposition bestochen und so die Regierung von Romano Prodi zum Sturz gebracht zu haben. Die Vorwürfe verjähren im Herbst. In Bari werfen Ermittler ihm vor, einen Zeugen bestochen zu haben, um Orgien mit Prostituierten wie Patrizia D'Addario vor der Öffentlichkeit zu verheimlichen. Schließlich wird auch in Mailand wegen Zeugenbestechung gegen Berlusconi ermittelt. Er soll knapp zwei Dutzend leichte Mädchen seiner Bunga-Bunga-Feste mit viel Geld zum Schweigen gebracht haben. Ein entspannter Ruhestand sieht anders aus.

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